Die Geschichte an der Marktstätte wiederholt sich: Ein Dienstleister will seine Angebote erweitern und braucht mehr Platz. Räume werden gebaut oder aufwändig saniert. Doch wenig später sorgen äußere Umstände dafür, dass die Umsätze sinken und das Platzangebot plötzlich wieder eingedampft werden muss. Das Haus wird an den nächsten Dienstleister verkauft. Das passiert gleich zweimal.
So kommt es, dass das prominente Reichspost- und Telegrafengebäude aus rotem Sandstein mehrfach umgebaut wird. Errichtet wurde es ab dem Jahr 1888 – an der Stelle, an dem das 1816 aufgelöste Kapuzinerkloster stand. Die feierliche Eröffnung fand am 25. April 1891 statt.

Die Reichspostverwaltung hatte 1885 das knapp 3200 Quadratmeter große Gelände zwischen Marktstätte, Bahnhofplatz und Dammgasse gekauft, weil der Platz am ehemaligen Sitz der Reichspost zu eng geworden war. Sie befand sich zuvor am Fischmarkt, wo heute die Philharmonie untergebracht ist.
Das Gebäude wurde im Stil der italienischen Renaissance errichtet und ging in seiner Gestaltung über gewöhnliche Dienstgebäude hinaus. Verantwortlich dafür war ein Planer aus Berlin. Er sparte auch nicht mit postalischen Symbolen. So hängen über den Fenstern auch heute noch fünf Köpfe aus Sandstein, die die fünf Kontinente darstellen.


Die Reichspost sollte als völker- und weltverbindende Institution präsentiert werden. In einem dreieckigen Fries am Hauptportal thront Neptun als Meeresgott, der hier wohl eher als Herr über die elektromagnetischen Wellen zu verstehen ist. Auch eine Postgöttin mit Horn ist im Fries zu sehen. In den Ecken sitzen zwei wohl telefonierende Engel.
Im Lauf der Zeit änderte sich die Technik, das Postgebäude wurde schon wieder zu klein und verwandelte sich knapp 100 Jahre nach seiner Errichtung zur größten Baustelle Baden-Württembergs. Zwischen 1985 und 1989 fanden Umbau und Erweiterung für 44,6 Millionen D-Mark statt.

Offenbar war diese Investition im Nachhinein betrachtet der falsche Schritt, denn nur acht Jahre später führten erneute Umwälzungen im Postwesen sowie neue Technik dazu, dass das Gebäude an der Marktstätte plötzlich zu groß war. So musste die Post ihren Sitz 1997 verkaufen. Neue Eigentümerin wurde die Sparkasse Bodensee, die aus den Sparkassen Konstanz, Friedrichshafen und Überlingen hervorgegangenen war.
Das Geldinstitut nahm ebenfalls viel Geld in die Hand, um den Prachtbau an seine Bedürfnisse anzupassen. Für rund 67 Millionen Mark kamen ein vierter Flügel sowie der Glaskubus im Innenhof dazu. Im Jahr 2001 beendeten die zwölf Fachingenieurbüros und mehr als 100 Handwerksbetriebe ihre Arbeit.

Doch auch dieser Zustand hielt nicht lange an. 17 Jahre später investierte die Sparkasse rund 20 Millionen Euro in den dritten Umbau des Gebäudes und vermietete große Flächen an Einzelhandel und Gastronomie sowie an einen Hotelier. Denn erneut war das Haus für seinen Nutzer zu groß geworden, nachdem es erst kurz zuvor erweitert worden war.
Einmal mehr rücken die Handwerker an
Das war die Chance für Jamal Faouzi, Geschäftsführer und Besitzer des benachbarten Hotels Halm, sowie für seinen Mitbesitzer Wolfgang Scheidtweiler. Als sie erfuhren, dass im Sparkassengebäude viel Platz frei wird und dort ein Hotel einziehen soll, bewarben sie sich und erhielten den Zuschlag. „Bevor in direkter Nachbarschaft zum Hotel Halm Konkurrenz einzieht, wollten sie es lieber selbst machen“, erzählt Jamals Sohn Nabil Faouzi.

Das neue Haus erhält, passend zur Historie des Gebäudes, den Namen „Alte Post“. Es hat 65 Zimmer, die sich auf alle Flügel und mehrere Stockwerke rund um den Sparkassen-Innenhof verteilen. „Immer, wenn ich durch die Gänge gehe, sehe ich die aufwändigen Umbaumaßnahmen vor mir“, sagt der 36-Jährige, Direktor der Hotels Post und Halm.

„Vorher waren hier Sparkassenbüros, es gab keine Teppiche und keine Farben, aber viel Staub.“ Beim Rundgang zeigt er gemütliche Sitzecken, goldene Lampen, rote Teppiche und bunte Bilder an der Wand. Doch bei allem Neuen wird auch an das Alte erinnert: Andrea Scheidtweiler suchte historische Fotos vom Gebäude und aus Konstanz heraus und ließ sie in großen Rahmen an die Wände hängen.
Auch das Haus selbst hat sich Reste prunkvoller Zeiten bewahrt: Das auslandende Treppenhaus mit Mosaiksteinen auf dem Boden ist genauso erhalten wie ein denkmalgeschützter Raum mit Stuckdecke im Hauptflügel des alten Postgebäudes. Ursprünglich war geplant, dass dort eine Bibliothek für Hotelgäste eingerichtet wird, doch der Raum steht leer.
„Ab und zu finden darin Tagungen statt und beim Seenachtfest dürfen die Gäste von hier aus das Feuerwerk bestaunen“, sagt Nabil Faouzi. Doch dauerhaft genutzt werden könne der Raum nicht. „Er liegt direkt neben einem Gästezimmer und ist nur durch eine dünne Holztür davon getrennt.“

Beim Umbau sei überlegt worden, die Wand so zu dämmen, dass die Nutzung des historischen Raums möglich ist. „Aber es wäre schade um die schöne Tür gewesen, die man dann nicht mehr gesehen hätte“, sagt der 36-Jährige. Bei all den Hinweisen auf vergangene Zeiten scheint eines doch sicher: Briefe werden vom alten Postgebäude aus nie mehr verteilt.