Klaus-Dieter Kreutz bezeichnet den Vorgang vor seiner Haustür als „bürokratische Nebelwolke“, denn aus seiner Sicht hagelt es Widersprüche, außerdem sieht er die beabsichtigte Mobilitätswende in seiner Wohngegend als gescheitert an.
Was ist passiert? Kreutz zog vor über einem Jahr mit seiner Frau in einen Neubau an der Radolfzeller Straße, ein Mehrfamilienhaus mit Wärmepumpen. Doch obwohl die Geräte im Vorgarten der benachbarten Hausnummer 91 stehen, sind sie immer noch nicht in Betrieb.
Denn in der Radolfzeller Straße gibt es nicht genug Strom, das räumen die Stadtwerke ein. Die Trafostation, die Abhilfe schaffen soll, steht schon lange auf der gegenüberliegenden Straßenseite. In Betrieb genommen werden kann sie aber nach wie vor nicht.
„So heizen wir jetzt schon in der zweiten Wintersaison mit dem teuren und umweltschädlicheren Gas“, moniert Kreutz. „Für die Installation von Wallboxen in der Tiefgarage reicht der Strom auch nicht aus. Ich würde sonst gern ein E-Auto fahren.“
Grundstückskauf noch nicht abgeschlossen
Ende Oktober 2024 sah es so aus, als würde sich demnächst alles zum Guten wenden. Die Stadtwerke sagten damals, ein geeignetes Grundstück für die Trafostation sei endlich gefunden, es müssten nur Absprachen mit der privaten Eignergemeinschaft getätigt werden. Die Trafostation könne „in Kürze“ ein paar Meter weiter westlich aufgestellt und angeschlossen werden.
Das ist nun zweieinhalb Monate her. Getan hat sich nichts. Auf Nachfrage sagt Stadtwerke-Pressesprecher Josef Siebler: „Leider konnten wir den Grundstückskauf überraschend doch noch nicht abschließen, wie vorgesehen. Wir können erst aktiv werden, wenn das Grundstück in unserem Eigentum ist.“

Die Nachricht, die das Unternehmen kürzlich an Klaus-Dieter Kreutz sandte, ist aufschlussreicher. Sie sieht die Ursache des Dilemmas in „gewissen Bauauflagen, welche in der Baugenehmigung der betreffenden Neubauten in der Radolfzeller Straße vermerkt sind, durch die Bauherren aber nicht ausreichend berücksichtigt wurden“, so die Stadtwerke.
Deshalb hätten die Stadtwerke den Netzanschluss in der Radolfzeller Straße 91 „nur unter der Bedingung genehmigt und erstellt, dass dieser in seiner Leistungsfähigkeit so beschränkt ist, dass die übrigen Netzkunden nicht beeinträchtigt werden“.
Dazu komme, dass die neue Trafostation immer noch keine Baugenehmigung bekommen habe. In dem Schreiben von Anfang Januar 2025 versichern die Stadtwerke Klaus-Dieter Kreutz, „dass wir die sich täglich verschärfende Situation an die beteiligten Behörden weitergeben werden“.
Den Stadtwerken sei klar, heißt es in der E-Mail weiter, „dass wir, bedingt durch die gestiegenen Anforderungen der Wärme-/Mobilitätswende, in naher Zukunft noch öfter vor solche Probleme gestellt werden, oft zum Leidwesen einzelner Netzkunden.“ Die Aufgabe der Stadtwerke sei es aber, „die Allgemeinheit vor schädlichen Rückwirkungen zusätzlicher Netzlasten zu schützen.“
Leidtragende sollen nicht die Leidtragenden sein
Trotz aller Bemühungen könne weiterhin kein Termin genannt werden, wann in der Radolfzeller Straße genug Strom für Wärmepumpen und Elektroautos zur Verfügung steht. „Für uns steht außer Frage, dass unsere Netznutzer trotz aller Bemühungen nicht die Leidtragenden sein dürfen“, schreiben die Stadtwerke.
Dies alles stellt den Kunden nicht zufrieden. Zum einen versteht er die Aussagen inhaltlich nicht. „Zwar sollen wir als Netznutzer nicht die Leidtragenden sein, sind es aber doch“, sagt Klaus-Dieter Kreutz. Von „gewissen Bauauflagen“ sei den Anwohnern der 21 Wohnungen des Neubaugebiets nichts bekannt. Und er fragt sich: Welche Behörden sollen noch beteiligt werden und warum erst jetzt, wo das Problem schon so lange bekannt ist?

Zum anderen äußert Klaus-Dieter Kreutz auch politische Kritik. „In Konstanz haben wir Klimanotstand und Wohnungsnotstand. Unter beiden Gesichtspunkten sind Neubauten und der Einsatz von Wärmepumpen zielführend“, sagt er und ergänzt: „Ich möchte betonen, dass ich vor den Leistungen der Stadtwerke und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern großen Respekt habe. Dennoch habe ich den Eindruck, dass das, was vom Rathaus sowie der Landes- und Bundespolitik medienwirksam verkündet wird, sich nicht in den Prioritäten des Unternehmens widerspiegelt.“ An der Basis trete „das wirkliche Leben der offensichtlichen Überforderung“ zutage.
Schließlich stellt der Anwohner sich noch eine Frage, die über Wollmatingen hinausgeht: „Die zu wenigen Neubauwohnungen können nicht ausreichend mit Strom versorgt werden, aber andererseits sehe ich wachsende Bettenburgen im Gewerbegebiet. Welche Prioritäten werden da gesetzt?“