Die Politik hält jetzt mal den Mund, das Wort hat die Zivilgesellschaft. Es spricht Stephan Düringer, und was er sagt, dürfte ganz nach dem Geschmack des Konstanzer Landrats sowie der versammelten Bürgermeisterschaft sein. Der Pächter der Spitalkellerei in der Brückengasse 16 in Konstanz berichtet, was er in Kooperation mit dem Küchenchef des Staader Fährhauses, Heinz-Josef Diestel, servieren wird. Klar, dass es Fisch gibt, denn nicht umsonst treffen sich die Bürgermeister des Landkreises auf Einladung des Konstanzer Oberbürgermeisters und des Landrats einmal im Jahr zum traditionellen „Konstanzer Felchen“.

Der Politik läuft das Wasser im Munde zusammen

Dazu gibt es Beilagen, Salat vorneweg, Eisbollen mit Früchten als Dessert, außerdem Wein, Bier, Wasser – alles aus der Region und so ausgewählt, dass zum Beispiel Lieferwege und Verpackung den Ansprüchen der Nachhaltigkeit entsprechen. Für Stephan Düringer lässt sich das zusammenfassen unter dem Label „Gutes vom See“. Es ist zugleich der Name des Vereins, deren Mitglieder eine regionale und umweltschonende Landwirtschaft unterstützen.

Der Politik läuft derweil zweifach das Wasser im Munde zusammen. Zunächst einmal, weil es zur Abwechslung mal andere Kost gibt als Butterbrezeln, Käse- oder Wurstbrötchen, in die üblicherweise bei den sich zumeist bis in den späten Abend hinziehenden Rats- und Ausschusssitzungen gebissen wird.

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Vor allem aber muss den Teilnehmern des kommunalpolitischen Gipfeltreffens gefallen, dass hier in der Spitalkellerei angekommen ist, wozu man sich seit Jahr und Tag mit Besprechungen und Planungen plagt. Es geht um Nachhaltigkeit und darum, wie sich trotz der erhöhten Taktzahl von Krisen Strukturen erhalten und aufbauen lassen, damit die Menschheit mitsamt ihren Systemen nicht komplett an die Wand fährt.

Konstanz – „Hauptstadt des Lastenrad-Tunings“

Die Rede des Konstanzer Oberbürgermeisters Uli Burchardt spiegelt dabei die Gratwanderung der politischen Verantwortungsträgern zwischen Krisenmanagement und Gestaltungswillen.

Uli Burchardt bei der Begrüßung seiner Bürgermeister-Kollegen: „Willkommen in der heimlichen Hauptstadt des Lastenrad-Tunings.“
Uli Burchardt bei der Begrüßung seiner Bürgermeister-Kollegen: „Willkommen in der heimlichen Hauptstadt des Lastenrad-Tunings.“ | Bild: Claudia Rindt

Im Schweinsgalopp jagt er durch die Herausforderungen durch Corona und die Flüchtlinge aus der Ukraine, erinnert nebenbei an den monatlichen Verlust von 1,5 Millionen Euro des Klinikverbunds und kommt schließlich auf seine hauseigene Strategie einer Finanzpolitik zu sprechen, mit der die Stadt aus einer eigentümlichen Mischung aus Sparkurs, Belastung der Bürger und Schulden in Form einer Sondervermögens-Variante zur Klimarettung beitragen möchte.

Dem Mann ist offensichtlich bewusst, dass der Ernsthaftigkeit der Lage am ehesten mit Witz beizukommen ist, und so verlegt er sich auf die selbstironische Einordnung von Konstanz als „heimlicher Hauptstadt des Lastenrad-Tunings“.

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Die gleiche Strategie verfolgt Landrat Zeno Danner, dem angesichts der thematischen Rundumschlags von Uli Burchard allerdings kaum noch etwas zu sagen bleibt. Um doch Gehör zu finden, kündigt er eine satte Erhöhung der Beiträge der Städte und Gemeinden für die Finanzierung des Kreishaushalts an.

Dies begründet er zum Beispiel mit dem allgemeinen Nutzen beim Bau einer zentralen Klinik und des Konstanzer Berufsschulzentrums, nur um schließlich die Luft aus dem Popanz einer weiteren finanziellen Bürde für die Kommunen zu lassen. Das Landratsamt, sagt Zeno Danner, plant so, dass bei der Umlage alles bleibt wie gehabt.

Landrat Zeno Danner kündigt eine satte Erhöhung der Beiträge der Städte und Gemeinden an.
Landrat Zeno Danner kündigt eine satte Erhöhung der Beiträge der Städte und Gemeinden an. | Bild: Claudia Rindt

Anreise von der Höri mit Bus und Bahn

Sonst noch was? Ach ja, kurz vor dem Käse-Buffet ergreift Andreas Schmid das Wort. Der berufliche Lebenslauf des Bürgermeisters aus Öhningen ist von drei Amtszeiten geprägt und gerade jetzt strebt er eine vierte an. Auf der hinteren Höri kann so was nicht ohne alltäglichen Bezug zur Zivilgesellschaft gelingen, weshalb sein Beitrag in Inhalt und Ton jenem des Spitalkeller-Pächters ähnelt.

Wenn die Bürger mitmachen, so die Botschaft des Schultes vom Lande, dann wird das alles. 60 Flüchtlinge aus der Ukraine beispielsweise seien im Dorf problemlos untergekommen, weil die Bevölkerung die Sache selbst in die Hand nimmt.

Andreas Schmid strebt derzeit eine weitere Amtszeit als Bürgermeister an.
Andreas Schmid strebt derzeit eine weitere Amtszeit als Bürgermeister an. | Bild: Marinovic, Laura

Auch beim Streit um den Standort eines Klinik-Neubaus rät Andreas Schmid zur Gelassenheit und Perspektive der Menschen vom hinteren Zipfel der Halbinsel. Der Ort spiele kaum eine Rolle, wichtig sei die Sicherheit und Qualität der Gesundheitsversorgung.

Und während Konstanz über die Stelle eines Klimabürgermeisters diskutiert, macht er als Klimabürger vor, was nötig ist. Zum Konstanzer Felchen kam er mit Bus und Bahn, was in einer Stunde und vier Minuten machbar war. Für die Rückfahrt zur mitternächtlichen Stunde hatte er allerdings keinen Plan, sondern nur die Hoffnung, dass ihn irgendjemand schon mitnehmen werde.