Der Landkreis Konstanz hat den Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen in sieben Tagen am Samstag erstmals überschritten, und die Stadt Konstanz ist derzeit kreisweiter Corona-Schwerpunkt. Die Konzilstadt zählt 71 aktive Fälle.
Dies teilte Marlene Pellhammer, Sprecherin des Kreises, auf SÜDKURIER-Anfrage am Montag mit. Die Zahlen sind übers Wochenende stark angestiegen: Noch am Freitag sagte der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt in einem Video zur Corona-Lage, dass es derzeit 45 aktive Fälle in der Stadt gebe.
Höchster Zuwachs seit Beginn der Corona-Pandemie
69 Neuinfektionen zwischen 20. und 26. Oktober sind der größte Zuwachs in einem Siebentageszeitraum für Konstanz seit Beginn der Pandemie. Zum Vergleich: In der Hochphase im März und April gab es in der Spitze innerhalb einer Woche 55 Neuinfektionen, und zwar im Zeitraum 26. März bis 2. April.
Wäre die Stadt Konstanz ein Landkreis, wäre dieser auf den zahlreichen Corona-Grafiken, die man dieser Tage sieht, dunkelrot. Dunkelrot, weil der kritische, auch Inzidenzwert genannte Schwellenwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen, deutlich überschritten wäre.
Zahlen werden sehr wahrscheinlich steigen
Auch wenn der Landkreis Konstanz am Montag wieder einen Inzidenzwert von 49,6 hatte und damit unter der kritischen Schwelle lag – weil die 50 am Samstag bereits überschritten wurde und davon auszugehen ist, dass die Zahlen in den nächsten Tagen weiter steigen werden, hat der Landkreis laut Pellhammer die Maßnahmen verschärft.
In der seit Montagabend gültigen Allgemeinverfügung ist unter anderem eine Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr, eine Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung auf Beerdigungen sowie Maskenpflicht auf Wochenmärkten festgelegt.
Landkreis hat nun das Heft in der Hand
„Ab dem Wert von 50 Neuinfektionen hat der Landkreis das Heft in der Hand“, erklärt Thomas Traber. Der Leiter des städtischen Personalamts spricht am Montag in Vertretung des Oberbürgermeisters. Dieser sei nach dem anstrengenden Wahlkampf im Urlaub, auch die beiden Stellvertreter seien unterwegs.
„Wir gehen davon aus, dass wir bis Mitte der Woche eine valide 50 haben“, sagt Thomas Traber. Am heutigen Dienstagnachmittag findet ein virtuelles Krisentreffen statt: Landrat Zeno Danner spricht mit allen Bürgermeistern des Landkreises. Darüber, wie es weitergehen soll.
Lage ist ernst
Die Lage ist ernst, gerade weil die Zahlen so schnell ansteigen. Das Wort Lockdown möchte niemand in den Mund nehmen. „Auch Kita- und Schulschließungen kann ich mir momentan nicht vorstellen“, sagt Traber. In Bayern gebe es solche Fälle, aber die Schwellenwerte seien dort jenseits der 100. „In Baden-Württemberg hat der Alb-Donau-Kreis 134, Böblingen 112, nur um ein paar Beispiele zu nennen.“
Als ersten Schritt hat die Stadt Konstanz bereits am Montagabend kommuniziert, dass fortan auf allen Wochenmärkten eine Maskenpflicht gilt. In einer Pressemitteilung beruft sich die Stadt auf die Landesverordnung: Seit dem 19. Oktober gilt die Maskenpflicht in Fußgängerzonen und auf Marktplätzen, wo der Abstand von eineinhalb Metern nicht sicher eingehalten werden kann.
Noch keine Maskenpflicht in Fußgängerzone
Dies bedeutet allerdings nicht, dass es in der Konstanzer Fußgängerzone eine generelle Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gibt. Thomas Traber von der Stadt erklärt: „Der Bürger ist dann verpflichtet, eine Maske zu tragen, wenn es eng wird.“
Das heißt zum Beispiel, dass an einem Einkaufssamstag in der vollen Fußgängerzone die Alltagsmaske Pflicht sei. Bei Regen hingegen an einem Tag mit wenig Besuchern nicht. Der kommunale Ordnungsdienst kontrolliert die Einhaltung der Regel. „Allerdings erst mal präventiv, er spricht die Bürger an und weist sie auf die Maskenpflicht hin“, so Traber. Nur, wenn einer sich weigern würde, wäre es ein Bußgeldtatbestand.
Bürger wollen Lockdown verhindern
Am Montagnachmittag in der Konstanzer Fußgängerzone regnet es beinahe ununterbrochen. Es sind wenig Menschen unterwegs, der Mindestabstand von eineinhalb Metern kann bequem eingehalten werden. Trotzdem tragen weit mehr als die Hälfte derjenigen, die gegen 16 Uhr in der Kanzleistraße oder der Rosgartenstraße umherlaufen, eine Mund-Nasen-Bedeckung.

Darauf angesprochen, lautet die Antwort nicht nur bei Ingeborg Neher: „Um mich zu schützen und einen zweiten Lockdown zu verhindern.“ Die 83-Jährige deutet auf ihre FFP2-Maske und erklärt, dass sie deshalb ihr Hörgerät nicht mehr tragen könne, wegen des Gummizugs hinter den Ohren. „Ich hatte die Wahl Hörgerät oder Maske – und habe mich für die Maske entschieden.“ Die meisten am Montagnachmittag in der Fußgängerzone Angesprochenen wirken fest entschlossen, mit ihrem eigenen Verhalten zur Eindämmung des Virus beizutragen.
FFP2-Masken sehr gefragt
In der Apotheke von Daniel Hölzle in der Wessenbergstraße sind FFP2-Masken stark nachgefragt. Diese filtern mehr Partikel aus der Luft als einfache Stoffmasken. Lieferengpässe gebe es nicht, so Hölzle. Auch im nahe gelegenen Drogeriemarkt liegen einige FFP2-Masken in der Auslage. Keine Lücken in den Regalen mit Toilettenpapier und Hygienespray. Und im Edeka Baur an der Reichenaustraße schallt es per Durchsage durch die Verkaufshalle, dass man darum bitte, keine Hamsterkäufe zu tätigen.