Die Stimmung wird langsam, aber sicher explosiv in der Konstanzer Gastronomie-Szene. „Die Politiker hatten vor vier Wochen eine große Klappe und haben sofortige Hilfe versprochen“, schimpft Achim Gretzmeier, Wirt der Gaststätte Ziegelhof am Gottmannplatz sowie der Steinernen Kugel und des Weinglöckle in der Innenstadt.

„Und jetzt? Seit drei Wochen haben wir den Lockdown, und es existiert nicht einmal ein Formular.“ Die Regierung versprach den Gastronomen, 75 Prozent des Umsatzes von November 2019 als Entschädigung auszuzahlen. Der Steuerberater bat Gretzmeier bereits, die wöchentlichen Zahlen des Vorjahres bereit zu halten, „denn die Abrechnung soll offenbar so erfolgen und nicht für den gesamten Monat auf einmal. Wie kompliziert wird das denn? Das ist doch ein Kasperletheater“.
Stefan Müller von der Hafenmeisterei ist ebenfalls geladen. „Ich empfinde es als Frechheit, dass wir so hingehalten werden“, sagt er. „Wir Gastronomen haben uns an alles gehalten: Abstand zwischen den Tischen, Trennwände, Masken, Desinfektionsmittel. Uns wurde versprochen, dass es schnell gehen würde mit der Finanzhilfe. Aber es fließt einfach nichts.“
Er könne sich ja noch glücklich schätzen, dass der Sommer in seinem Biergarten so gut lief, „aber was ist mit den Gaststätten, die keine Außenflächen haben“? Er verzichtet dieses Mal während des Lockdowns auf Gerichte zum Mitnehmen, „das hat sich im Frühjahr schon nicht gelohnt“.
Hoffen auf den Dezember...
Stefan Müller hofft nun auf Wiedereröffnung Mitte Dezember. „Die Weihnachtszeit würde dann bei uns allerdings nicht so gut laufen, da der Weihnachtsmarkt ja auch wegfällt“, erzählt er. Derzeit bauen seine Mitarbeiter Resturlaub und Überstunden ab – Kurzarbeit sei momentan nicht geplant. „Das hängt natürlich auch davon ab, wie es weitergeht.“
Nicole und Daniel Märkl feiern am 31. Dezember ihr 20-jähriges Jubiläum im Ziegelhofstüble in Dettingen-Wallhausen. „Das hatten wir uns etwas anders vorgestellt“, erzählt Daniel Märkl und blickt sowohl hoffnungsvoll als auch bange auf den Dezember: „Schön wäre es, wenn wir wieder öffnen dürften“, sagt der 47-Jährige. „Aber es fällt mir schwer, daran zu glauben.“
Im Frühjahr, während des ersten, großen Lockdowns, bot er zwei Monate lang Speisen zum Mitnehmen an. „Das ist primär Werbung für das Haus. Betriebswirtschaftlich bringt das nicht viel, da kommen wir ungefähr Null auf Null raus.“ Im Dezember möchte er den Außer-Haus-Service wieder anbieten, sollten Gastronomien für den Publikumsverkehr weiterhin geschlossen bleiben.
„Dann hätten wir wenigstens etwas Arbeit, und es gibt auch schon Nachfragen.“ Auch die Mitarbeiter des Ziegelhofstübles bauen derzeit Überstunden ab. „Der Sommer mit unserem großen Biergarten lief gut, da gibt es keinen Grund zum Jammern“, erklärt Daniel Märkl. „Trotzdem rennen auch wir noch dem Frühjahr hinterher.“

Der Gugelhan in der Salmannsweilergasse ist derzeit zu. „Abholservice lohnt sich nicht“, sagt Izet Begic, der auch Georg‘s Fischerhütte auf der Reichenau führt – auch das Fischrestaurant ist zu. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit„, erzählt er. „Wenn wir wüssten, wie lange der Lockdown wirklich geht, wäre uns schon geholfen. So aber geht es nur auf Sicht. Das zehrt an den Nerven.“
Die Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. „Wir Gastronomen wurden ja nicht gefragt, es wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden. Aber irgendwie ist ja jeder auf seine Art von Corona betroffen.“

Jochen Fecht, Chef des San Martino, bietet Sterneküche zum Mitnehmen an. Darüber hinaus hat er das Atrium seines Restaurants weihnachtlich geschmückt, hier verkauft er diverse Gerichte und Getränke. „Die Leute dürfen sich aber nicht aufhalten“, erklärt er. „Nächste Woche bauen wir einen Marktstand mit Produkten auf. Aber auch hier gilt, dass die Menschen Abstand halten und nach dem Einkauf gleich wieder gehen müssen.“
Thomas Kopp hat sich im April selbstständig gemacht. Er berät Gastronomen in den Bereichen Marketing und Soziale Medien. Er beobachtet derzeit, „dass viele das To-Go-Geschäft schon wieder einstellen, da sich der Aufwand nicht lohnt. Ich denke, es war ein großer Fehler, die Restaurants zu schließen. Hier wurde in Sachen Pandemie vorbildlich gearbeitet. Wenn du heute mit dem Bus fährst oder in einen Discounter gehst, stehen die Leute Schulter an Schulter. Das gab es in Restaurants nicht – aber die wurden dicht gemacht“.