„Mit ziemlicher Sicherheit“ ist eine dieser Phrasen, die häufig verwendet werden, aber selten wirklich zutreffen. In diesem Fall ist das anders. Der Prozess gegen die Hochstaplerin, die in unter anderem Konstanz, Augsburg und München und der Schweiz als vermeintlich erfolgreiche Geschäftsfrau in Luxushotels nächtigte, aber nicht dafür zahlte, ist am Landgericht Konstanz beendet worden. Und das Verfahren wird mit ziemlicher Sicherheit keiner der Beteiligten so schnell vergessen.
Sie redete und redete und redete...
Denn die Angeklagte Silke P., die für ihre Hotelübernachtungen in 18 Fällen nun zwei Jahre und drei Monate Kost und Logis in der Justizvollzugsanstalt erhält, schaffte es, ein Verfahren, das auf zwei Prozesstage terminiert war, auf ganze sieben zu strecken. Indem sie redete und redete und redete.
So auch am letzten Prozesstag. Allerdings trug sie mit ihren Ausführungen wenig zur Sache bei, da waren sich Staatsanwaltschaft und Prozessbeobachter einig. Stattdessen sorgte sie dafür, dass fast jedem im Gerichtssaal an irgendeinem dieser sieben Verhandlungstage die Augen zufielen, dass Justizvollzugsangestellte sagten: „Ich kann nicht mehr“ – und Schöffinnen ihre Urlaube verschieben mussten.
Alle sind unfähig, außer sie selbst
Stundenlang las sie aus den Akten vor, ließ dabei kein Aktenzeichen, keine Seitenzahl, keine Postleitzahl aus. Sie stellte Misstrauensanträge gegen Staatsanwalt, Richterin, ihren eigenen Anwalt und den psychologischen Gutachter.
Irgendwann zwischen „Beweisantrag“ 50 oder 60, so schätzte zumindest Staatsanwalt Simon Pschorr, begann sie sich zu wiederholen. Doch auch die von einer äußerst geduldigen Richterin Regina Weinacht in regelmäßigen Abständen vorgetragenen mahnenden Worte – „Sie wiederholen sich!“, „Das haben wir schon gehört!“, „Sie müssen das nicht alles vorlesen“ – hielten sie nicht davon ab.
Als das Urteil fiel, zählte die Gerichtsschreiberin über 260 Anträge. „Das war ein körperlich anstrengender Prozess“, sagte ein Prozessbeobachter später. Und als Silke P. nach sechs Stunden Vortrag am letzten Verhandlungstag tatsächlich zugab, nun erschöpft zu sein, konterte Regina Weinacht: „Sie machen hier extrem langatmige Ausführungen, daran liegt die Erschöpfung!“
Als Grund für das Verhalten von Silke P. darf wohl eine schwere paranoide querulatorische Persönlichkeitsstörung gelten, die ihr der psychologische Gutachter attestierte. „Sie ist uneinsichtig und behandlungsbedürftig“, sagte Regina Weinacht in der Urteilsbegründung. Warum wird sie dann nicht in einer Psychiatrie untergebracht? Auch dazu äußerte sich Weinacht. Der Schaden, den P. verursacht habe in Höhe von rund 17.000 Euro, sei nicht hoch genug.
Angeklagte könnte in Revision gehen
„Noch“, so die Richterin. Die Sozialprognose sei absolut ungünstig, es seien weitere Strafen zu erwarten. Das Problem: Eine Behandlung bringt erst etwas, wenn Silke P. einsieht, dass sie ein Problem hat. So hatte es der Gutachter erklärt. Danach sieht es nicht aus. Als die Richterin während der Urteilsbegründung erklärte, dass P. gegen das Urteil Revision einlegen könne, nickte diese heftig.