Überall sieht man grün und unzählige Pflanzen, der Duft nach frischer Erde liegt in der Luft und Bienen aus einem eigenen Stock summen umher. Sogar viele kleine Sitzecken sind zu entdecken, einen Kaffeeautomat mit Selbstbedienung, den kleinen Spielplatz für Kinder und einen Teich mit einem blauen Boot darin.

All das gibt es in der Gärtnerei Naturlieb am Rande von Wollmatingen. Die Gärtnerei von Konstantin Mauz und Sara Reichert liegt genau in dem Gebiet, auf dem künftig das größte Konstanzer Neubauprojekt, der Hafner, entwickelt werden soll. Für die kleine Ruheoase, die sich das Ehepaar geschaffen hat, ist dann kein Platz mehr: Sie muss weichen.

Das Naturlieb muss mit Sack und Pack umziehen, damit die Bagger rollen können.
Das Naturlieb muss mit Sack und Pack umziehen, damit die Bagger rollen können. | Bild: Timm Lechler

Ehepaar bittet mit Schildern um Hilfe

Deshalb haben Konstantin Mauz und Sara Reichert mehrere Schilder auf und an dem Gelände angebracht. Darauf ist zu lesen: „Hafner kommt. Unsere Gärtnerei muss leider weichen. Helfen Sie uns einen neuen Standort zu finden!“ Darin ist erst einmal keine Wertung zu erkennen, lediglich eine Tatsache und ein Aufruf an die Kunden, dabei mitzuhelfen, einen geeigneten Ort zu finden.

„Wir stellen klar: Wir sind nicht gegen den Hafner – sondern dafür. Das ist definitiv so“, so Konstantin Mauz gegenüber dem SÜDKURIER. Bei der Stadt und dem Leiter des Projekts Hafner, Lukas Esper, haben die Schilder wohl trotzdem Unmut ausgelöst. Zumindest soweit, dass Esper sich in einem Brief an das Ehepaar wendete und sich einigermaßen schockiert von dem Aufruf zeigte. Er habe zwar nicht darum gebeten, die Schilder zu entfernen, aber sie hätten ihm wohl „aufgestoßen“, meint Mauz.

Hafner kommt. Unsere Gärtnerei muss leider weichen. Helfen Sie uns einen neuen Standort zu finden!“ Das ist auf den Schildern zu ...
Hafner kommt. Unsere Gärtnerei muss leider weichen. Helfen Sie uns einen neuen Standort zu finden!“ Das ist auf den Schildern zu lesen. | Bild: Timm Lechler

Er selbst glaubt an ein Missverständnis und daran, dass die Plakate vom Hafner-Team falsch aufgefasst worden seien. Von bösem Blut zwischen dem Ehepaar und dem Projekt Hafner sowie den Verantwortlichen wollen die nämlich gar nichts wissen. „Wir wollen damit die Kunden ansprechen: Helft uns dabei Privatgrundstücke zu finden“, so Mauz. Stimmung gegen den Hafner zu machen, sei nicht die Intention gewesen.

Schließlich habe das Ehepaar auch wenig Grundlage dazu. So sei der Pachtvertrag, den man mit der Verwaltung ab dem Jahr 2021 für knapp über ein Hektar Fläche geschlossen hatte, bereits unter den Vorzeichen des Hafners vereinbart worden. Sprich: Mauz und Reichert wussten von Anfang an, worauf sie sich einlassen würden. Es ist vertraglich geregelt, dass der Pachtvertrag jederzeit seitens der Stadt aufgekündigt werden kann und die Gärtnerei in der Folge weichen muss. Angedacht war dafür ursprünglich als letzte Möglichkeit das Jahr 2031.

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Das Ende kommt schneller als gedacht

Doch jetzt geht alles sehr viel schneller: Die Pächter könnten bereits bis Ende kommenden Jahres das Feld räumen müssen. Spätestens aber 2026. Das hat die Stadt in diesem Jahr den Unternehmern mitgeteilt. „Es war natürlich ein Schock, dass das so rasant geht“, so Reichert. Mauz fügt hinzu: „Wir haben deshalb an die Bürger gewendet. Wir sind auf ihre Hilfe angewiesen.“ Schließlich muss – wenn bereits Ende 2024 Schluss sein sollte – schnell ein anderer Standort gefunden, Baugenehmigungen geklärt und der Umzug geregelt werden.

Nun sollte es zum Treffen mit Oberbürgermeister Uli Burchardt kommen. „Wir wollten mit dem OB sprechen, um gemeinsam voranzukommen. Wir sind offen mitzuwirken“, so Reichert. Doch daraus wurde nichts, denn der seit Monaten vereinbarte Termin sei nur kurz zuvor abgesagt worden. Wurde ein neuer Zeitpunkt vereinbart? Die Verwaltung wolle sich im Frühjahr erneut melden, hieß es dazu aus dem Rathaus.

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Für Mauz und Reichert, die vielleicht dann nur einige Monate später bereits mit ihrem Betrieb gehen müssen, ein Schlag ins Gesicht. „Für uns war es eine Herzensangelegenheit, dass er sich das hier anschaut“, sagt Sara Reichert. „Der Plan war eine Ortsbegehung zu machen, dass er sieht was wir hier machen.“ Nun hänge man in der Luft, so Mauz.

Das sagt die Stadt dazu

Wieso wurde der Termin abgesagt? Dazu teilt Elena Oliveira, Pressesprecherin der Stadt Konstanz, mit: „Angefragte Termine übersteigen die zeitlichen Ressourcen des OB um ein Vielfaches. Angesichts des vollen Terminkalenders des OB kommt es zuweilen vor, dass Terminverschiebungen bedauerlicherweise nicht vermeidbar sind.“ Für Mauz und Reichert wohl nur ein schwacher Trost, zumal Burchardt immer wieder betont, dass der Hafner für ihn eines der wichtigsten Projekte in der Stadt darstelle.

Zur Situation mit den Gewerbetreibenden vor Ort erklärt die Sprecherin: „Die Projektgruppe ist mit den wenigen Gewerbetreibenden im Gebiet im Gespräch, um Lösungen für die sich stark unterscheidenden Bedürfnisse der Betriebe zu finden. Hier ist zu unterscheiden zwischen Betrieben, die schon lange im Gebiet gewerblich tätig sind, und einem einzelnen Betrieb, der seine Flächen nur im Rahmen einer Übergangslösung nutzt.“ Bei Letzterem handelt es sich um Naturlieb.

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Die Gespräche mit den im Gebiet alteingesessenen Betrieben seien konstruktiv und nach aktuellen Stand könnten diesen Betrieben auch Ersatzstandorte angeboten werden, so die Verwaltung außerdem. Sara Reichert und Konstantin Mauz hoffen dennoch, dass der Oberbürgermeister Zeit für ein Gespräch mit ihnen hat. Das Ehepaar wird weiterhin versuchen, eine neue Fläche für ihre Gärtnerei zu finden – auch mit Plakaten.