Jeden Tag, wenn Marta Przyzycka ihr Haus verlässt, überkommt sie ein Schauder. Sie vermeidet den Blick nach links. Am Nachbarhaus befindet sich an der Ecke in einem Meter Höhe ein Fleck, auch auf dem Boden ist eine dunkle Stelle zu sehen. Es sind die Überreste von Blutflecken. „An dieser Stelle hat Zderzak gelegen“, sagt Przyzycka.

Zderzak ist der Name ihres Katers – oder besser gesagt, es war sein Name. Denn der schwarze Kater ist tot. Am Samstagmorgen, 17. Februar, ist das 16 Jahre alte Tier zwischen 7 und 8 Uhr zu seinem letzten Streifzug aufgebrochen. Nach Informationen der Polizei Konstanz traf Zderzak auf dem Gehweg an der Radolfzeller Straße in Wollmatingen wahrscheinlich auf einen noch unbekannten Täter. Dieser soll das Tier gepackt und es mit dem Kopf voraus mehrfach gegen die Ecke des Hauses mit der Nummer 49 geschlagen haben. Letztlich ließ er den Kater fallen. Das Tier verendete noch am Tatort. So rekonstruiert die Polizei den Vorfall.

Und so findet die 35-jährige Katzenbesitzerin gegen 8 Uhr morgens ihren Kater. Sie blickt aus dem Fenster ihres Schlafzimmers, und ihr ist sofort klar: Zderzak ist tot. „Er lag am Boden im Regen. Das tun Katzen eigentlich nicht, vor allem aber nicht Zderzak“, erzählt Przyzycka.

Kater Zderzak saß oft auf der Schulter von Marta Przyzycka
Kater Zderzak saß oft auf der Schulter von Marta Przyzycka | Bild: privat/Marta Przycycka

Der Kater hat ein Schädelhirntrauma

Dass der Kater mit dem ungewöhnlichen Namen, der übersetzt aus dem Polnischen Stoßstange heißt, von einem Auto auf der Radolfzeller Straße angefahren wurde und daran starb, daran glauben weder die ermittelnden Beamten noch die Katerbesitzerin.

Aufgrund der „Auffindesituation“ sei davon auszugehen, dass ein Unbekannter das Tier getötet habe, erklärt Polizeisprecherin Katrin Rosenthal. „Das Blut von Zderzak war in einem Meter Höhe verteilt, die Richtung der Blutspritzer passen laut der Polizei nicht zu einem Autounfall, und auf der Straße war nirgends Blut zu sehen. Ich habe auch kein Auto frühmorgens bremsen hören“, unterstützt Marta Przyzycka die Theorie der Polizei.

Deutlich sind noch die Überreste der Blutflecken an der Hauswand zu erkennen. Links auf dem Boden starb der Kater. Auch dort ist noch ...
Deutlich sind noch die Überreste der Blutflecken an der Hauswand zu erkennen. Links auf dem Boden starb der Kater. Auch dort ist noch ein dunkler Fleck zu sehen. | Bild: Steinert, Kerstin

Dass es vielleicht doch auch ein Autounfall gewesen sein könnte, gibt Tierärztin Anka Emonts zu bedenken, die den toten Kater untersucht hat. „Anhand der Verletzungen und der Untersuchungen kann man die Ursache für die Verletzungen nicht eindeutig bestimmen“, sagt Emonts. Sie erklärt, dass eine Katze, die auf ein fahrendes Auto zurennt, durch die Wucht des Aufpralls durchaus weit und hoch fliegen könne. So könnte das Blut des Katers auch an die Hauswand gekommen sein. Immerhin sei die Radolfzeller Straße durchaus gut befahren.

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Sicher ist nach der Untersuchung der Tierärztin nur: Das Tier hatte ein ausgeprägtes Schädelhirntrauma. Der Tod muss schnell eingetreten sein. Doch auch eine willentliche „Fremdverschuldung durch einen Menschen ist nicht auszuschließen“, heißt es abschließend in dem Bericht der Ärztin. Die Theorie der Polizei könnte also richtig sein. Um die Todesursache endgültig zu klären, bräuchte es laut der Ärztin eine Obduktion. Diese sei aber auf Wunsch der Besitzerin nicht vorgenommen worden. „Es ist gut, dass die Polizei diesen Vorfall untersucht. Denn wenn ein Mensch das Tier absichtlich getötet hat, geht das überhaupt nicht“, sagt Emonts.

Zeuge gesucht: Was weiß der Mann mit dem Hund?

Marta Przyzycka ist überzeugt, dass der Kater nicht bei einem Autounfall gestorben ist. „Ich habe oft beobachtet, wie sich Zderzak an der Straße verhalten hat. Er hat sich an den Straßenrand gesetzt, nach rechts und links geschaut und ist dann schnell losgerannt. Und wenn ihm zu viel Verkehr war, ist er umgedreht und in den Garten verschwunden“, erzählt sie.

Überhaupt sei der Kater sehr sicher unterwegs gewesen. Manchmal habe er sie auch zum Einkaufen begleitet. „Er hat sich dann vor dem Supermarkt ins Gebüsch gesetzt und gewartet, bis ich wieder rauskam“, erzählt sie. Dann sei Zderzak neben ihr auf dem Gehweg nach Hause gelaufen.

Kater Zderzak hat es sich oft im Hauseingang der Familie gemütlich gemacht.
Kater Zderzak hat es sich oft im Hauseingang der Familie gemütlich gemacht. | Bild: privat/Marta Przycycka

Deshalb ist sie überzeugt, dass der schwarze Kater keinen Verkehrsunfall hatte. Vielmehr hat sie einen konkreten Verdacht, wer ihrem Tier das angetan haben könnte. Ihren Verdacht hat sie der Polizei mitgeteilt. Diese ermittelt nun, kann aber aus „ermittlungstaktischen Gründen derzeit keine Angaben machen“, sagt Pressesprecherin Katrin Rosenthal auf Nachfrage. Die Beamten würden sämtlichen Hinweisen nachgehen.

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Deshalb sucht die Polizei weiterhin nach Zeugen. Zwei hätten sich bereits gemeldet, die „nach der Tat jeweils einen Mann mit dunklem Hund bei der toten Katze gesehen haben – dieser kommt aber nicht als Täter, sondern als Zeuge in Betracht“, sagt Rosenthal. Wer Angaben zu dem Vorfall machen kann, wird daher gebeten, sich beim Konstanzer Revier unter 07531 995-2222 zu melden.

An der Radolfzeller Straße 49 in Wollmatingen ist der Kater tot aufgefunden worden.
An der Radolfzeller Straße 49 in Wollmatingen ist der Kater tot aufgefunden worden. | Bild: Steinert, Kerstin

Es besteht also noch Aufklärungsbedarf. Denn die entscheidende Frage ist: War es ein Unfall oder ein Tötungsdelikt? Marta Przyzycka ist noch immer schockiert, dass ihr Kater nicht mehr lebt und wie brutal sein Lebensende war. „Er hat das nicht verdient“, sagt sie. Deshalb will sie der Wahrheit weiter auf den Grund gehen.