Direkt neben der Eisdiele Nicoletti auf der Marktstätte hat jetzt in einem Gebäude der Sparkasse Bodensee ein Lokal eröffnet, das Pizza und Kebap verkauft. Seitdem klagen Anwohner über Geruchsbelästigung. Doch noch schärfer ist die Kritik am Vorgehen der Sparkasse Bodensee als Vermieter.
In den Geschäften riecht es nach Döner
Die Anwohner beklagen sich nicht über den Betreiber des neuen Gastronomie-Betriebs, mit dem es ein gutes Miteinander gebe. Was aber gar nicht gehe, sei die Geruchsbelästigung. „Je nach Wind und Wetter riecht es bei uns im Geschäft nach Döner. Das ist unangenehm“, stellt Michael Hepp von Optik Hepp fest. „Manche Kunden haben sich schon beklagt“, berichtet er und stellt fest, dass er auch Verantwortung für die Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter trage.

Beschwerden seitens der Kundschaft kommen auch bei Alfredo Nicoletti von der Eisdiele Nicoletti als direktem Nachbarn an. Ein Gast habe sich lustig gemacht und gefragt, ob es jetzt auch Döner-Eis gebe. „Menschlich sind unsere Nachbarn voll in Ordnung. Sie geben sich viel Mühe“, stellt Nicoletti fest. Aber Eis und Döner passten so eng aufeinander nicht zusammen.
Auch Rechtsanwalt Helmut Maier klagt über die Geruchsbelästigung und meint, ein Dönerladen „passt nicht so recht hierher“, findet er. Aber es scheint eine Lösung in Sicht zu sein: „Das Gewerbeaufsichtsamt war schon da und hat festgestellt, dass die Lüftungsanlage nicht den Auflagen entspricht und gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz verstößt“ berichtet Maier. Das bestätigt Oberbürgermeister Uli Burchardt im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
An der Problemlösung wird gearbeitet
Anwohner hatten sich bereits schriftlich beim Oberbürgermeister beschwert. In mehreren Antwortschreiben, die dem SÜDKURIER vorliegen, steht: „Das Bürgeramt hat am 6. Juli 2022 die beantragte Gaststättenerlaubnis für den Imbissbetrieb ausgestellt.“
Im Rahmen des Antragsverfahrens sei geklärt worden, dass eine Imbissnutzung baurechtlich genehmigungsfähig ist. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens seien auch die immissionsschutzrechtlichen und technischen Aspekte der baulichen Nutzung beurteilt worden.

Aufgrund der gehäuften Beschwerden wegen des Geruchs nach der Inbetriebnahme habe des Baurechts- und Denkmalamt mehrfach vor Ort geprüft. Mittlerweile sei das zuständige Landratsamt, Abteilung Gewerbeaufsicht, eingeschaltet.
„Es wurde festgelegt, dass die Lüftungsanlage des Imbissbetriebs mit einer UV-Behandlungsanlage erweitert wird“, so Uli Burchardt in einem Schreiben an einen betroffenen Anwohner. „Außerdem soll der Kundenbereich noch stärker in die Lüftungsanlage eingebunden werden.“

Parallel lasse der Mieter – respektive die von ihm beauftragte Firma – prüfen, ob eine Leitungsführung über das Dach umsetzbar wäre. Als Frist für die Umsetzung sei der 22. August vereinbart worden, so Burchardt.
Auch dem Gastro-Betreiber stinkt die Situation
„Ich habe alle Maßnahmen gemäß der Baugenehmigung durchgeführt“, sagt Selol Sahin, der das M 29 betreibt. Wichtig ist ihm: „Wir haben keinen Imbiss, sondern ein hochwertiges Restaurant, in das wir sehr viel Geld investiert haben.“ Auch ihm stinkt die Situation.
„Es gibt Leute, die sich über alles beschweren, über den Geruch, über die Bestuhlung“, sagt er. Normalerweise bereite er gleichzeitig drei Dönerspieße zu. Um die Gerüche zu mindern, nehme er aktuell nur einen Spieß. Dies führe zu Wartezeiten für seine Kunden, die er um Verständnis bittet.
Gemeinsam mit seinem Lüftungsbauer sowie Vertretern der Sparkasse und der Gewerbeaufsicht des Landratsamts habe es eine Begehung gegeben. „Dabei wurde festgestellt, dass es einen nicht genutzten Kamin gibt, den wir nutzen können“, so Selol Sahin.
Auf eigene Kosten werde er hier eine entsprechende Lüftung einrichten lassen; aufgrund von Engpässen käme die Lieferung erst im September, dann erst könne der Einbau erfolgen. „Wegen des öffentlichen Drucks machen wir jetzt was und für die gute Nachbarschaft“, so Sahin gegenüber dem SÜDKURIER.
Kritik an der Sparkasse Bodensee wird laut
Was viele Konstanzer aber wirklich ärgert, ist das Vorgehen der Sparkasse. Michael Hepp findet, ein solches Angebot hebe nicht das Niveau der Marktstätte, welche der Baubürgermeister einst zu einem „Festsaal“ umgestalten wollte. „Es ist schade, dass sich die Sparkasse Bodensee so weit von Konstanz entfernt hat, dass es ihnen anscheinend egal ist, was hier geschieht. Das ist eine verpasste Chance, etwas für die Stadt zu tun“, findet Hepp.
„Die Art und Weise der Sparkasse“ ärgert auch Rechtsanwalt Helmut Maier. „Zwei Jahre Umbau für Zalando haben wir ertragen“, sagt er und fügt an, die Sparkasse habe nie etwas verlauten lassen, dass ihnen die Unannehmlichkeiten für ihre Mieter leidtäte. Er kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nur Mieter genommen würden, die am meisten zahlten. Mit Blick auf die Marktstätte insgesamt meint er: „Hier fühlt man sich nicht mehr wohl.“
Der Blick auf das Gesamtbild fehlt
Auch der Treffpunkt Konstanz, Werbegemeinschaft und Sprachrohr des Handels, sieht die Entwicklung kritisch. „Der Treffpunkt hat die Leerstände in der Stadt mit Sorge betrachtet, da es ein Zeichen für die schwierige Situation des Handels ist“, stellt Treffpunkt-Vorsitzender Daniel Hölzle auf SÜDKURIER-Anfrage fest.
„Gleichzeitig sehen wir bei Leerständen auch immer die Chance, durch innovative, individuelle neue Angebote die Attraktivität der Stadt zu verbessern. Diese Chance sehen wir in diesem Fall als vertan an. Hier würden wir uns von den Vermietern mehr den Blick auf das Gesamtbild der Stadt wünschen.“

Von massivem Qualitätsverlust ist die Rede
Noch deutlicher wird Manfred Hölzl, als zweiter Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Bereits bei der Ansiedlung von Zalando im Sparkassen-Gebäude hätten Gemeinderäte kritische Worte gefunden. Und jetzt das.
„Die Marktstätte ist das Aushängeschild der Stadt, was Handel und Wirtschaft betrifft. Es tut weh, dass das Richten des maroden Bodenbelags nicht vorangeht. Dann die Drogeriemärkte, die sich breit gemacht haben. Jetzt geht es weiter mit Döner-Kebap mit Fensterverkauf. Das zeigt einen massiven Qualitätsverlust“, stellt Hölzl fest und er prognostiziert: „Wenn das hier Schule macht, dann werden wir das Thema Oberzentrum in ein paar Jahren schlichtweg vergessen können“.

Dann kommt Manfred Hölzl auf den Vermieter zu sprechen: „Auch eine Sparkasse ist in der Pflicht, auf einen gewissen Stil zu achten. Wenn nicht einmal ein öffentlich-rechtliches Unternehmen mit gutem Beispiel vorangeht, kann man das von anderen nicht erwarten.“ Diesbezüglich sieht er noch andere in der Pflicht, denn „die Stadt hat einen Vertreter im Verwaltungsrat“, der den Qualitätsgedanken dort einbringen sollte.
Oberbürgermeister Uli Burchardt ist dieser Vertreter im Verwaltungsrat der Sparkasse Bodensee. Warum hat er sich nicht gekümmert und ein Machtwort gesprochen? „Ich vermiete keine Ladenlokale“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Für das operative Geschäft sei der Vorstand der Sparkasse als unabhängiges Organ zuständig, nicht aber der Verwaltungsrat. Wer was an wen vermiete, sei Sache des Marktes, so Burchardt.
Wer hat die Karten in der Hand?
Wenn es um Leerstand gehe, dann sei das der Job der Wirtschaftsförderung und der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK), spielt der Oberbürgermeister die Zuständigkeitskarte weiter. Dann gebe es noch den Arbeitskreis zukunftsfitte Innenstadt, der ein größeres Ziel verfolge. Er überlege sich, was die Stadt brauche, um einen hochqualitativen Mix unterschiedlicher Angebote zu bekommen. Allerdings hält Burchardt auch fest, dass bei privater Vermietung praktisch keine Einflussmöglichkeiten bestünden.