Auf den Tag nach den Sommerferien freuen sich Hunderte Konstanzer, Allensbacher und Reichenauer Schüler vielleicht so sehr wie noch in keinem der Vorjahre: Nach der langen Corona-bedingten Pause soll am Montag wieder Schule stattfinden, richtige Schule. Mit Unterricht für alle im Klassenzimmer, Sport- und Musikstunden sowie Pause auf dem Hof.

Das alles mit Abstand und viel frischer Luft: Die neue Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg, die am Montag in Kraft tritt, schreibt das Lüften von Unterrichtsräumen mindestens alle 45 Minuten vor. Auch im Winter? „Natürlich, dann wird es halt mal kalt“, sagt Frank Raddatz, Leiter der Theodor-Heuss-Realschule und Geschäftsführender Schulleiter der Grund- und weiterführenden Schulen in Konstanz (außer Gymnasium).
Hausmeister hatte zu schleppen
Die Schulen haben sich gut auf den Start vorbereitet. Sie haben Hygienekonzepte verfasst, Desinfektionsspender und teilweise Kunststoff-Trennwände aufgestellt, Stundenpläne mit versetztem Schulbeginn erarbeitet und definiert, wer sich wann wo aufhalten und das Schulhaus betreten darf.
Auch die Hausmeister waren fleißig. So berichtet Tom Schönert vom Suso-Gymnasium: „Ich musste für die Zeit vor den Sommerferien etwa ein Drittel aller Tische und Stühle allein in den Keller tragen, denn da galt ein Abstandsgebot von 1,50 Metern. Jetzt musste ich die Möbel wieder in die Zimmer stellen, das war anstrengend.“

Dennoch ist ungewiss, wie lange wirklich alle Schüler in den Klassenzimmern sitzen. Sobald ein Corona-Fall auftaucht, muss das Gesundheitsamt entscheiden: Nur die betroffene Klasse nach Hause schicken oder doch die ganze Schule schließen?
„Durch den Lockdown haben alle gelernt, dass die Zahl derjenigen, die zu Hause bleiben müssen, möglichst gering gehalten werden sollte“, sagt Jürgen Kaz, Leiter des Humboldt-Gymnasiums und Geschäftsführender Schulleiter der Konstanzer Gymnasien. Die Corona-Verordnung des Landes verbietet deshalb Jahrgangs-gemischte Gruppen so weit wie möglich.
Warten auf Kameras und Mikrofone
Die Maske bleibt ein ständiger Begleiter. Im Schulhaus ist sie ab Klasse 5 vorgeschrieben, nicht aber im Unterricht. Johanna Vogt und Petra Rietzler, Vorsitzende des Konstanzer Gesamtelternbeirats (GEB), fänden das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes auch im Unterricht sinnvoll, doch die Landesverordnung sieht das nicht vor.
„Eine Schule kann dies nicht eigenständig anordnen, denn das Tragen einer Maske greift in die Grundrechte ein“, erklärt Jürgen Kaz. Er findet es daher wichtig, auf den Schutz der Lehrer hinzuweisen. „Wir haben am Humboldt vereinbart, dass Schüler und Lehrer immer dann eine Maske tragen, wenn der Abstand gering ist, zum Beispiel beim Mikroskopieren.“

Und wenn doch ein Lehrer ausfällt? „Wir stimmen die Stoffverteilungspläne von Parallelklassen aufeinander ab, sodass Frau Meier beide Klassen übernehmen kann, wenn Herr Müller krank ist“, erklärt Frank Raddatz. „Wir übertragen dann den Unterricht vom einen ins andere Klassenzimmer.“ Dafür benötigen die Schulen Webcams, Mikrofone mit Stativen, Funkmikrofone sowie Dokumentenkameras.
Die Geräte sind bestellt, aber noch nicht angekommen. Laut Uwe Schurer vom Konstanzer Amt für Bildung und Sport sind die Lieferzeiten mit Mitte September bis Mitte Oktober angegeben. Auch die über 1000 Tablets, die die Stadt für alle Schulen bestellt hat, werden erst Ende September erwartet.
Immerhin dürften die Lehrer nun mit dem Fernunterricht besser zurechtkommen als bei den Schulschließungen ab März. Das Kultusministerium hat dazugelernt und Standards definiert. So müssen Lehrer ihren Schülern nun zuverlässig Rückmeldungen zu bearbeiteten Aufgaben geben, ihre Arbeit dokumentieren und eine regelmäßige Kommunikation mit den Schülern sicherstellen.

Die Kollegien selbst haben ebenfalls inhaltliche Konzepte erarbeitet, denn auch der GEB meint: „Digitaler Unterricht heißt ja nicht nur, den Präsenzunterricht in die Videokonferenz zu verlegen oder PDFs zu verschicken, sondern fordert auch andere Didaktik.“In diesem Punkt hat sich aus Sicht der Rektoren einiges getan, außerdem beginnen mit dem neuen Schuljahr wieder die Lehrerfortbildungen.
Angst vor Schließungen bleibt
Dennoch fürchten sich Eltern vor Schulschließungen, die Familien erneut an die Belastungsgrenze führen. Dann bestünde auch wieder die Gefahr, dass Kinder den Anschluss verlieren oder sich isoliert fühlen, meint der GEB.
Jürgen Kaz würde es deshalb begrüßen, wenn sich im Fall von Klassenquarantäne oder Schulschließung zwei bis drei Schüler treffen könnten, um gemeinsam dem Unterricht zu folgen, den der Lehrer aus dem Klassenzimmer sendet. Der GEB ist überzeugt, „dass Schulleitungen und Lehrer ihr Bestes geben werden, um die Schüler auch in diesen Phasen so gut wie möglich zu unterstützen.“
Kaz versichert: „Durch die intensiven Vorbereitungen können wir verantwortungsvoll ins neue Schuljahr starten.“ Damit meint er, dass alle Schüler die nötigen Kompetenzen erwerben können, auf welchem Weg auch immer. Suso-Leiter Patrick Hartleitner ergänzt: „Es muss uns aber klar sein, dass auch der beste Onlineunterricht die für das Lernen wichtige Beziehung zwischen Lehrkraft und Lernenden nicht ersetzen kann.“