Herr Laux, worum geht es bei dem Energieeinsparungsprojekt Fifty-Fifty, das die Stadt Konstanz jetzt initiiert?

Der Name ist Programm. Schulen haben gegenüber allen anderen öffentlichen Gebäuden überdurchschnittlich hohe Verbrauchswerte. Im Rahmen unseres Pilotprojekts rufen wir jetzt die Schulen und insbesondere die Schüler dazu auf, auf kreative, ideenreiche Weise aktiv in ihrer Schule Energie einzusparen. Die Hälfte des somit eingesparten Geldes bekommt die Schule, die damit machen kann, was sie will; die andere Hälfte spart die Stadt als Schulträgerin – und beide profitieren. Es geht bei diesem Projekt nicht um Investitionen, sondern allein darum, dass die Kinder und Jugendlichen selbst aktiv werden und ihren eigenen Energieverbrauch senken.

Zur Person: Benjamin Laux (24) stammt aus Weilburg an der Lahn, hat an der Universität Konstanz Politik und Verwaltungswissenschaften ...
Zur Person: Benjamin Laux (24) stammt aus Weilburg an der Lahn, hat an der Universität Konstanz Politik und Verwaltungswissenschaften studiert und mit dem Bachelor abgeschlossen. Als Trainee bei der Stadtverwaltung Konstanz hat er das von Hochbauamtsleiter Thomas Stegmann initiierte Projekt Fifty-Fifty ausgearbeitet und setzt es jetzt um. | Bild: Scherrer, Aurelia

Sie sprechen von einem Pilotprojekt. Wer hat es erfunden?

In anderen Städten, wie beispielsweise Hamburg oder Freiburg, gibt es solche Projekte schon lange. Thomas Stegmann, Leiter des Hochbauamtes, hat die Idee aufgegriffen, um noch mehr Leute bezüglich der Klima- und Umweltthemen an Bord zu holen. Die Schüler sollen sich mit dem Thema auseinandersetzen und durch aktives Handeln Energie einsparen. Sie bekommen auf Wunsch fachlichen Input, beispielsweise von unseren Kooperationspartnern von Fridays for Future und Scientists for Future, die wir mit in das Projekt einbinden, und natürlich von uns. Jede teilnehmende Schule wollen wir ganz nach ihrem Bedarf maßgeschneidert unterstützen. Ich freue mich schon darauf.

Sie haben Spaß daran, selbst Energie einzusparen?

Ganz klar. Bevor ich nach Konstanz kam, habe ich ein Praktikum bei der Micha-Initiative in Berlin gemacht. Per se geht es um soziale Themen, aber damals standen gerade Umwelt, Naturschutz und Konsum im Fokus. Thema war auch, dass man nicht auf die Bundesregierung warten, sondern schauen soll, was man als Bürger selbst rasch umsetzen kann. Und genau da setzt unser Programm an. Die Erfahrungswerte anderer Städte und Kommunen zeigen, dass der Energieverbrauch im Durchschnitt um zehn Prozent gesenkt werden kann. Und etwas darf man nicht unterschätzen: Die Kinder und Jugendlichen sind Multiplikatoren, die das Thema mit nach Hause nehmen und dort zumeist auch zu Energiespar-Füchsen werden.

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Zehnprozentige Einsparung ohne Investitionen? Wie schafft man das?

Heizung ist ein ganz großes Thema. Pro Grad Zimmertemperatur spart man etwa sechs Prozent Heizenergie. Das wäre schon ein erster Ansatz. Gleichzeitig ist das Thema Lüften zu bedenken, wobei gilt: Stoßlüften statt Fenster kippen. Bei gekippten Fenstern ist die Luftzirkulation nicht wirklich gegeben und gleichzeitig kühlen die Wände aus. Die Schüler können auch einmal die Heizkörper kontrollieren. Sie sind eigentlich so positioniert, dass die warme Luft gut zirkuliert. In Klassenzimmern stehen oft kleine Schränke vor den Heizkörpern, zu Hause oftmals das Sofa, was hinderlich ist. Und beim Thema Strom kann man sich jederzeit fragen: Brauchen wir jetzt tatsächlich elektrisches Licht oder reicht das Tageslicht?

Apropos Strom: Die Zahl der Elektrofahrräder nimmt zu, für viele scheint der Strom einfach aus der Steckdose zu kommen. Was halten Sie persönlich von den Elektro-Fahrrädern?

Grundlegend für das Energiesparen ist immer die Frage: Brauche ich das wirklich? Für die ältere Generation finde ich E-Bikes gut, wenn sie stattdessen das Auto stehen lässt und trotzdem mobil bleibt. Die fitte Generation sollte das normale Fahrrad nutzen. Ich wohne in Egg und fahre bei jedem Wetter 20 Minuten mit dem Rad zur Arbeit, das bringt mich auch nicht um. Konstanz ist aufgrund der Topografie ideal zum Radfahren, im Gegensatz zu Mittelhessen, wo ich herkomme. Dort gibt es nur zwei Richtungen: Hoch und runter.

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Bei Fifty-Fifty geht es ja nicht nur um Energie-, sondern auch um Rohstoffeinsparung. Wo können Schulen denn Wasser sparen?

Mit den Rohstoffen – und gerade mit Wasser – geht man insgesamt viel zu locker um. Hier am Bodensee geht es uns noch richtig gut, während in Nordost-Deutschland Dürre herrscht. Bei dem Thema merkt man, dass jede neue Generation wieder schlechter damit umgeht, und beispielsweise zu Hause beim Zähneputzen das Wasser weiterlaufen lässt. In den Schulen ist bei Wasser das Einsparpotenzial eher gering. Das meiste Wasser wird für die Toilette benutzt. Und, das ist mir aktuell sehr wichtig: Bitte nicht weniger Hände waschen. Wasser für einen guten Zweck einsetzen: Ja. Aber beispielsweise im Kunstunterricht muss das Wasser, um Pinsel auszuwaschen, nicht eineinhalb Stunden ununterbrochen laufen. Ich bin mal gespannt auf die Lösungen unserer Schüler. Kinder und Jugendliche sind sehr neugierig und motiviert, gehen spielerisch an die Sache heran und haben oft viel raffiniertere Ideen zur Energieeinsparung als Erwachsene.

Mit welchen Aktionen haben Kinder und Jugendliche anderer Teilnehmer-Städte Sie beeindruckt?

Eine Klasse hat beispielsweise die alte, poröse Fensterabdichtung abgekratzt, die Klassenkasse geplündert, Material besorgt und die Abdichtung erneuert, denn über Fenster geht sehr viel Energie verloren. Gerade die jüngeren Schüler sind gerne als Energiedetektive unterwegs, erarbeiten sich Checklisten und überprüfen beispielsweise, ob das Licht aus ist und ob der Beamer auf Standby steht oder ausgeschaltet ist.

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Wann startet das Projekt in Konstanz und wie viele Schulen beteiligen sich?

Wir wollen im Oktober starten. 17 Schulen haben wir angeschrieben und von bislang neun eine Rückmeldung und ausnahmslos positive Rückmeldung bekommen. Alle finden das Projekt gut. Allerdings beteiligen sich bislang nur drei Schulen: die Gemeinschaftsschule Gebhard sowie die Grundschulen Wallgut und Allmannsdorf. Die anderen sechs haben wegen Corona für dieses Jahr abgesagt, was zwar schade, aber absolut verständlich ist. Sie wollen lieber intensiv dranbleiben, wenn sie schon an dem Projekt teilnehmen. Ich hoffe, dass wenigstens noch zwei weitere Schulen mitmachen. Mit fünf Einrichtungen das Pilotprojekt zu starten, wäre ideal.

Was erhoffen Sie sich noch?

Dass es den Kindern und Jugendlichen Spaß macht und sie viele tolle Ideen umsetzen. Ich wünsche mir auch, dass sie das Energiesparen auch zu Hause umsetzen und somit im Kleinen einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Durch eine persönliche Verhaltensänderung ändern sich letztlich Angebot und Nachfrage und es kommt ein Stein ins Rollen.