Der Prototyp für die Urban Art Gallery ist bereits seit Ende Februar Blickfang in der Marktstätten-Unterführung. Neben der notwendigen Sanierung dieses hoch frequentierten Bereichs, die noch in diesem Jahr abgeschlossen werden soll, ist vorgesehen, eine Attraktivitätssteigerung mit Graffiti- und Streetart-Kunst zu erzielen.
Das Kulturamt Konstanz hat bereits einen Förderantrag bei der Baden-Württemberg-Stiftung eingereicht, um das Projekt zu finanzieren. Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, ist fraglich, wann die Galerie als permanente Installation realisiert werden kann, denn im städtischen Haushalt steht hierfür kein Geld zur Verfügung.
Zwölf große Holzrahmen sollen die Unterführung zieren
Die Idee hat Charme, finden die Mitglieder des Kulturausschusses mit Ausnahme von Holger Reile (Linke Liste), der den Standort infrage stellte. Die Bodenbeläge der längst in die Jahre gekommenen, unansehnlich gewordenen Unterführung, wurden im Jahr 2020 erneuert. In diesem Jahr sollen neue Fliesen an den Wänden angebracht, eine neue Beleuchtung sowie die Grundlage für das Kunstprojekt „Urban Art Gallery“ umgesetzt werden.

Diese Grundlage sind zwölf große Holzrahmen. Der Clou: Sie bringen nicht nur die zeitgenössischen Kunstwerke zur Geltung, vielmehr wird hier auch die Beleuchtung für die Unterführung integriert, erläuterte Künstler und Designer Emin Hasirci, der der interdisziplinären Projektgruppe angehört, welche das Galerie-Konzept ausgearbeitet hat. Zudem solle das aktuelle „Schilder-Chaos“ einem „sauberen Leitsystem“ weichen, wie Hasirci sagte.
Projekt soll Attraktivität steigern und Künstler unterstützen
Das größte Kunstwerk, dessen Prototyp unter dem Titel „act now“ zu sehen ist, misst etwa elf auf zwei Meter. Geplant ist, dass die Konstanzer Kunstkommission letztlich zwölf regionale und internationale Urban-Art-Künstler auswählt, welche vor Ort die Bilder großformatig umsetzen. Damit die Freiluft-Galerie attraktiv bleibt, sollen in einem gewissen Turnus, der noch nicht feststeht, die „Rahmen als Träger der Kunst“ neu bespielt werden.
Emin Hasirci erinnert an den großen Erfolg der Graffiti-Ausstellung im Jahr 2016 in der Unterführung, die eigentlich nur für ein Jahr geplant war, dann aber wesentlich länger die Wände zierte. „Das ist regional gut angekommen und auch überregional wurde darüber berichtet“, so Hasirci, schließlich handle es sich bei der Unterführung um einen hochfrequentierten Bereich mit jährlich „bis zu einer Million Passanten“.
Auf diese Weise könne die zeitgenössische Kunst einer breiten Bevölkerungsschicht nähergebracht und die Künstler unterstützt werden, während gleichzeitig eine Attraktivitätssteigerung der Unterführung erzielt werde.
Ob die Finanzierung genehmigt wird ist noch unklar
Die Kosten für die Erstinstallation beziffert Kulturamtsleiterin Sarah Müssig auf rund 34.000 Euro. Hierin sind unter anderem die Honorare, Reise- und Unterbringungskosten für die Künstler, die Finanzierung der Eröffnungsfeier sowie die Kosten für Werbemittel enthalten. Das Kulturamt habe fristgerecht einen Antrag für das Projekt bei der Baden-Württemberg-Stiftung eingereicht.
Mit einer Entscheidung werde im August gerechnet. Falls der Antrag positiv beschieden werde, könnte mit der Projektumsetzung im September begonnen werden so Müssig, die anfügte: „Wenn nicht, dann können wir es nicht tun. Das ist der Finanzlage geschuldet“, bemerkte sie in Anbetracht der angespannten städtischen Haushaltslage. Dann müsste das Projekt verschoben werden, bis die entsprechenden Mittel zur Verfügung stünden.
Gisela Kusche (FGL) kritisierte die Farbwahl der Fliesen in hellgrau. Sie befürchtet, dass die Unterführung „grau und gesichtslos“ wirken könne. Bewusst habe man sich für eine zurückhaltende Farbgestaltung entschieden, denn die Kunst solle zur Geltung kommen, erläuterte Wolfgang-Christian Konerth, stellvertretender Hochbauamtsleiter.

Einige Kulturausschuss-Mitglieder befürchten – falls die Baden-Württemberg-Stiftung das Projekt nicht fördere – dass sich die Galerie auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben könne, und regten, wie beispielsweise Daniel Groß (CDU) und Zahide Sarikas, an, dass lokal ansässige Künstler interimsweise die Rahmen ausgestalten könnten.
Gisela Kusche hatte noch eine weitere Idee: „Die Akustik ist super. Eine Kombination mit etwas Musikalischem wäre gut.“ Diese Anregung wurde sofort aufgenommen. Nach der Sitzung trat Insa Pijanka, Intendantin der Südwestdeutschen Philharmonie, zu Emin Hasirci und bot ihre Unterstützung an.
Könnte Vandalismus das Projekt gefährden?
„Das Projekt ist super“, befand Susanne Heiß (Freie Wähler). „Ich habe den Eindruck, dass Sprayer die Werke respektieren. Aber was ist, wenn jemand doch über die Bilder sprüht?“ Sarah Müssig gab Entwarnung: Die Kunstwerke würden mit einem Speziallack versehen, damit sie geschützt seien. Überdies seien die Werke über das Kulturamt versichert.
„Ich muss dem Chor der Begeisterten widersprechen“, opponierte Holger Reile. Es gebe einen eklatanten Mangel an Kunst im öffentlichen Raum, „aber für mich ist das der falsche Platz“. Für ihn vorstellbar seien hingegen „die Brachfläche an der Oberen Laube“ und der Benediktinerplatz mit etwa „2000 Quadratmeter völlig öder Fläche“.
Dass die Unterführung zum „Hotspot für Kultur wird, da habe ich meine Zweifel“, so Reile, der auf die Obdachlosen, die in der Unterführung „sitzen, liegen und nächtigen“, hinwies und wissen wollte: „Wie gehen Sie damit um?“ Sarah Müssig bemerkte: „Obdachlose waren und sind kein Problem. Es gibt keinen Vandalismus.“ Die Unterführung – auch mit Galerie – solle nicht steril werden; das passe nicht zu Urban Art.