Josef Unterwerner aus Litzelstetten ist empört. Der SÜDKURIER-Leser ist viel unterwegs im Stadtgebiet und schrieb an die Redaktion: „Ich staune jedes Mal, wenn ich in Konstanz zu tun habe, über die stetig mehr werdenden verschandelten Objekte. Keine Wand, kein Bus- oder Bahnfahrplanaushang an Haltestellen, am Bahnhof, keine Anzeigetafel ist vor diesen Schmierern sicher, die es in großer Anzahl geben muss.“

Auch Fahrkartenautomaten wie dieser an der Bushaltestelle Sternenplatz stadteinwärts sowie Fahrplanaushänge sind vor den Schmierern ...
Auch Fahrkartenautomaten wie dieser an der Bushaltestelle Sternenplatz stadteinwärts sowie Fahrplanaushänge sind vor den Schmierern nicht sicher. | Bild: Kirsten Astor

Und er fügt hinzu: „Ich bin gespannt, wann die renovierte Haltestelle am Sternenplatz stadtauswärts wieder verschandelt ist. Konstanz ist ja eine Touristenstadt, viele Besucher sind erstaunt über diese mutwilligen Zerstörungen und nicht lesbare Fahrpläne.“

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Josef Unterwerner hat den Eindruck, dass auf Konstanzer Fassaden täglich neue Graffiti entstehen und das unerlaubte Besprühen von Wänden insgesamt zunimmt.

Polizei kennt die Anzahl der Graffiti genau

Doch Dieter Popp, Pressesprecher im Polizeipräsidium Konstanz, widerlegt diesen subjektiven Eindruck mit Zahlen. Zwar sei die Anzahl der erfassten Fälle von Sachbeschädigungen allgemein in Konstanz im Jahr 2020 mit 697 registrierten Delikten im Vergleich zu den Vorjahren leicht gestiegen. Doch betrachtet man nur die 2020 erfassten Sachbeschädigungen durch Graffiti, liegt die Fallzahl etwa auf Vorjahresniveau.

Im Vergleich zu 2017 und 2018 gingen diese Delikte sogar deutlich zurück. Von Januar bis April 2021 gab es laut Dieter Popp rund 40 bemerkte Graffiti-Schmierereien, ungefähr so viele wie in demselben Zeitraum der Vorjahre.

Kritzeleien außen an der Unterführung für Radfahrer und Fußgänger am Sternenplatz.
Kritzeleien außen an der Unterführung für Radfahrer und Fußgänger am Sternenplatz. | Bild: Kirsten Astor

Besprüht werden vor allem Gebäude im öffentlichen Raum, also Geschäftshäuser, Schulen, Brücken, Unterführungen und Bushaltestellen sowie private Wohngebäude. „Ansonsten sind eindeutige und über Jahre anhaltende Schwerpunkte nicht festzustellen“, so Popp. Die Polizei sei permanent mit diesem Phänomen beschäftigt und auch im Austausch mit anderen Dienststellen.

In der Regel hat jede Dienststelle, so auch Konstanz, einen oder mehrere Graffiti-Spezialisten. Kommt es im Einzelfall zu einer auffälligen Häufung von Farbschmierereien, kann auch befristet eine Art Ermittlungsgruppe gebildet werden. Wie aber erwischt man die Sprayer, ertappt sie vielleicht sogar auf frischer Tat? „Sicher ist nachvollziehbar, dass nicht jede Brücke, jedes Gebäude oder Bauwerk nachts überprüft werden kann, indem Polizisten sich auf die Lauer legen“, erläutert der Polizeisprecher.

Auch nicht besonders schön: Während auf der einen Seite dieser Unterführung in Richtung Seestraße (auf dem Bild links) künstlerisch ...
Auch nicht besonders schön: Während auf der einen Seite dieser Unterführung in Richtung Seestraße (auf dem Bild links) künstlerisch wertvolle Gemälde aufgesprüht sind, finden Passanten rechts nur Kritzeleien. | Bild: Kirsten Astor

Vielmehr kennen die Spezialisten irgendwann ihre Pappenheimer, die ihre eigene Handschrift in den Graffiti, sogenannte „Tags“, hinterlassen. „Das führt immer wieder zu Ermittlungserfolgen, die jedoch nach wie vor bezüglich der Aufklärungsquote mit unter 20 Prozent als relativ gering anzusehen sind“, so Popp. Und natürlich sei die Polizei für die Ermittlung von Tätern zu Farbschmierereien auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.

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Sprayern drohen Geld- oder sogar Haftstrafen

Wird tatsächlich ein Sprayer erwischt oder ermittelt, droht eine Strafe nach Paragraf 303 des Strafgesetzbuches zur Sachbeschädigung. Dort steht: „Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Auch der Versuch ist strafbar.“

Hier war wohl ein Anhänger des SC Freiburg am Werk, vielleicht gleichzeitig ein Österreich-Fan.
Hier war wohl ein Anhänger des SC Freiburg am Werk, vielleicht gleichzeitig ein Österreich-Fan. | Bild: Kirsten Astor

Ob der Täter seine Schmierereien selbst wieder entfernen oder für die Kosten dafür aufkommen muss, regelt das Zivilrecht. Über die Höhe der Strafe entscheidet die Staatsanwaltschaft – auch darüber, ob ein Fall zur Anklage vor Gericht kommt oder nicht. In der Regel werden Sprayer mit Geldbußen bestraft.

„Gerichtsverhandlungen kommen bei Sachbeschädigungen eigentlich nur in Frage, wenn ein sehr hoher Schaden angerichtet worden ist, eine Vielzahl von Einzeltaten begangen wurde oder der Strafbefehl vom ermittelten Täter nicht angenommen wird“, erklärt Dieter Popp.

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Ähnlich verhalte es sich mit der Höhe der Geldstrafe. Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Neben der Schadenshöhe und der Anzahl der nachgewiesenen Taten sind auch die finanziellen Mittel des Täters sowie sein soziales Umfeld von Belang. Eine Geldstrafe wird in der Regel mit Tagessätzen berechnet und kann von wenigen hundert bis in die Tausende von Euro reichen.

Es gibt aber auch diese Graffiti-Kunstwerke im Konstanzer Stadtbild: Diese sind völlig legal entstanden und zeugen von echtem Können.
Es gibt aber auch diese Graffiti-Kunstwerke im Konstanzer Stadtbild: Diese sind völlig legal entstanden und zeugen von echtem Können. | Bild: Hanser, Oliver

Auch die Stadt Konstanz beschäftigt sich notgedrungen immer wieder mit Graffiti im Stadtbild. „Die Meldungen bezüglich Vandalismus aufgrund illegaler Graffiti kommen entweder über Bürger, die dies via Mängelmelder im Internet eintragen, oder über die Nutzer und Mieter der betroffenen Gebäude oder Aufzüge und landen beim Hoch- oder Tiefbauamt“, erläutert Pressesprecher Walter Rügert.

Meldungen über besonders nervende Graffiti würden aufgenommen, es erfolge ein Reinigungsauftrag an die Technischen Betriebe Konstanz. Kann kein Täter ermittelt werden, gehen die Kosten zu Lasten der Stadtkasse (Bauunterhaltung). Wie oft und wo besonders viele Schmierereien entstehen, erhebt die Stadt Konstanz nicht.

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