Ein symbolträchtiges Haus, das vermutlich wie kein zweites stellvertretend für die angespannte Situation auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt steht, kommt unter den Hammer. Das ehemals besetzte Haus in der Markgrafenstraße 10 im Stadtteil Petershausen wird laut dem Portal versteigerungspool.de veräußert.
Die Immobilie war im Juli 2020 von bis zu 40 Personen über rund drei Tage besetzt worden, der Fall hatte über Konstanz hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Am 22. Juli 2020 hatte die Polizei die Liegenschaft dann in den frühen Morgenstunden geräumt.
Das Haus war zuvor in der Folge einer Demonstration gegen Wohnungsnot von den Protestierenden eingenommen worden. Die Verantwortlichen wollten mit ihrem Vorgehen auf die prekäre Situation auf dem Konstanzer Wohnungsmarktes und insbesondere Leerstand aufmerksam machen. Ihre neue Heimat und ihre Gruppe nannten sie gleichermaßen „Grafi 10“.

Nun – rund vier Jahre später – sollen „alle Einheiten in einem Wohn- und Geschäftshaus“ in der Markgrafenstraße 10 versteigert werden, heißt es im Versteigerungs-Portal. Der Verkehrswert der Immobilie liege bei 700.000 Euro, veräußert wird das Objekt am Donnerstag, 15. August, ab 8.30 Uhr im Unteren Saal des Konstanzer Konzils. Der Grund sei eine entsprechende Zwangsvollstreckung.
„Insgesamt vermittelt sich ein desolater Gebäudezustand, der durch die vernachlässigte Instandhaltung der rückwärtigen Fassade, des Dachgesimses und den Zustand des Gartenbereichs verstärkt wird“, heißt es zur Immobilie.
Das überrascht kaum, denn das Gebäude steht bereits seit über zehn Jahren leer. Ein entsprechender Gutachter habe die Liegenschaft nur von außen besichtigen können, eine Innenbesichtigung sei nicht ermöglicht worden.
Mehrere Gläubiger stellen Antrag
Wie Franz Klaiber, Sprecher des Amtsgerichts Konstanz, bei dem die gerichtliche Zuständigkeit liegt, mitteilt, läuft die Veräußerung unter dem Zwangsversteigerungsgesetz. Es gebe mehrere Gläubiger, die Antrag auf Zwangsversteigerung gestellt haben. „Das ist ein alltäglicher Vorgang“, so Klaiber gegenüber dem SÜDKURIER. Unter den Gläubigern befinden sich laut dem Sprecher unter anderem mehrere Privatpersonen sowie eine Bank.
Eine Zwangsversteigerung kann beispielsweise erfolgen, wenn beim Schuldner kein Grundvermögen in entsprechender Höhe vorliegt. Dann kann die Immobilie veräußert werden, um die Schulden zu tilgen. In diesem Fall seien dem Eigentümer die entsprechenden Gutachten und Unterlagen zugestellt worden, heißt es von Klaiber. Kontakt habe man mit dem Eigentümer nicht gehabt. Das hatte sich bereits in der Vergangenheit rund um die Causa „Grafi 10“ immer wieder auch seitens der Verwaltung als schwierig erwiesen.

Verwaltung unter den Gläubigern
Wie die Stadtverwaltung auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt, ist sie nicht dafür verantwortlich, dass die Markgrafenstraße 10 nun zwangsversteigert wird – beispielsweise über das Zweckentfremdungsverbot, das seit 2015 gilt. Es soll verhindern, dass vorhandene Wohnräume ohne Genehmigung dem Wohnungsmarkt entzogen werden.
Die Stadt Konstanz hat seit 2015 über die Satzung laut eigenen Angaben dutzende ursprünglich zweckentfremdete oder leerstehende Wohnungen dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt. Ausnahmen bilden angemeldete Zweitwohnungen. So oder so ist die Stadt allerdings ebenfalls unter den Gläubigern des Verfahrens.
„Die Zwangsversteigerung wird von Gläubigern des Eigentümers betrieben, unter anderem auch von der Stadt Konstanz. Dies hat aber nichts mit einer etwaigen Zweckentfremdung zu tun“, so Elena Oliveira aus der Pressestelle der Verwaltung. Laut Franz Klaiber vom Amtsgericht geht es hierbei im Fall der Stadt um nicht bezahlte Grundsteuer seitens des Eigentümers.
Verwaltung möchte nicht selbst zuschlagen
Die Verwaltung begrüße grundsätzlich jede rechtsstaatliche Maßnahme, die am Ende dazu führe, dass der Leerstand beendet und die Immobilie wieder einer Nutzung, insbesondere für Wohnraum, zugeführt wird. „Die Zwangsversteigerung kann hierfür ein geeignetes Instrument sein, zumal alle freihändigen Versuche bislang gescheitert sind“, so Oliveira. „Ein Erwerber – egal auf welchem Wege – wird sicherlich kein Interesse an einem weiteren Leerstand haben.“
In der Diskussion war auch zuletzt, ob nicht die Stadt selbst eben jener Käufer werden soll. Das wurde auch nochmals im vergangenen Jahr im Gemeinderat diskutiert, die Freie Grüne Liste (FGL) hatte einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dem erteilt die Verwaltung allerdings eine Absage. Eine aktive Beteiligung der Stadt im Bietverfahren sei nicht vorgesehen, heißt es auf Nachfrage.
Der Gemeinderat habe sich zuletzt im Oktober 2023 mit dem Thema befasst und entschieden, vom Kauf der Liegenschaft abzusehen. Jedoch: „Wir werden das Verfahren und dessen Entwicklung aber weiter aufmerksam beobachten“, heißt es noch abschließend aus dem Rathaus.