Der Miethai kommt mit. Das aufgeblasene Schwimmtier zeigt an, wo Winfried Kropp steht. Der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee und Kandidat auf der SPD-Liste für die Gemeinderatswahl leitet die Miethai-Tour, bei der er die Methoden derjenigen erläutert, die Mieter auspressen – auch in Konstanz. Kropp betont, es gehe nicht darum, einzelne Personen an den Pranger zu stellen, sondern, zu zeigen, durch welches Vorgehen für Mieter Schlimmes in Konstanz passiert ist.

Viele Privatpersonen seien sehr gute Vermieter, und auch die Vermieterorganisation Haus und Grund würde er nicht zu den Miethaien zählen. Manche Immobiliengesellschaften aber nutzten jede Gesetzeslücke, um die Preise für eine Wohnung in die Höhe zu treiben. Er verrät, wie der Mieterbund, neben den juristischen Mitteln, in solchen Fällen vorgeht: „Wir arbeiten mit der Macht der Schande.“

In der Eisenbahnstraße zeigt Kropp Häuser von verschiedenen Gesellschaften, die schicke Balkone und neue Haustüren haben. Doch hinter der schönen Fassade hätten sich Dramen abgespielt, sagt Kropp. Denn hier sei die Modernisierung missbraucht worden, um die bisherigen Mieter loszuwerden.

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An der Haustüre habe man versucht, den Mietern neue Verträge aufzuschwatzen. Die Miete sollte um über die Hälfte steigen. Auch wenn alles nach Recht und Gesetz zugeht, der Mieter sitzt bei Modernisierungen am kurzen Hebel. Die Crux: Der Vermieter kann sich, ganz legal, Investitionen dauerhaft bezahlen lassen und noch zusätzlich die Miete anheben.

Klimaschutz mit sozialem Ausgleich

In der Eisenbahnstraße konnten Vermieter so teuer sanieren wie sie wollten und einen Teil der Kosten auf die Jahresmiete umlegen. Heute gibt es einen Deckel pro Quadratmeter. Dennoch würden auch heute noch Modernisierungen genutzt, um Altmieter zu verdrängen. Winfried Kropp ist sich sicher: Die Umweltziele werden nur durchsetzbar sein, wenn es auch einen sozialen Ausgleich gibt. „Die Menschen mit weniger Geld sollen keine Angst vor dem Klimaschutz haben.“

Der Mieterbund fordert deshalb eine weitere Absenkung der Modernisierungsumlage und mehr Übersicht und Verlässlichkeit bei den Förderprogrammen. Hat der Vermieter davon profitiert, müsse er diese bei der Mietanpassung berücksichtigen.

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Winfried Kropp führt die Gruppe zum Areal Klosterkaserne rund um den Treffpunkt Petershausen. Das erstaunt, denn das Gebiet gilt als vorbildlich bei der Sanierung. Hier wohnen viele Menschen günstig. Das Gemeinwohl hat in solchen Fällen mehr Gewicht als private Gewinne. Hier haben zum Beispiel die Wohnungsbaugesellschaft Konstanz (Wobak) und der Spar- und Bauverein Wohnungen. Und hier hatte eine Landesgesellschaft Wohnungen, bis diese verkauft wurden.

Mieterbund gegen Vonovia

Seit 2015 führt die Vonovia dort Regie, eines der führenden Immobilienunternehmen in Deutschland. Seitdem steige der Ertragsdruck aus den Wohnungen, sagt Winfried Kropp. Es würden alle Spielräume ausgenutzt, die Miete zu erhöhen und den Service einzudampfen. Das Unternehmen wolle vor allem die Aktionäre zufriedenstellen. Dabei wäre es möglich, die Dividende zu beschränken und Gesetzeslücken so zu schließen, dass es nicht mehr möglich ist, sich die Grunderwerbssteuer zu sparen, wie das bei Vonovia der Fall war.

Aber der Gesetzgeber reagiere nicht. Für Winfried Kropp ist klar: „Keine Privatisierung an profitorientierte Unternehmen.“ Alle demokratischen Parteien sollten sich eingestehen, dass sie einen gravierenden Fehler machten, als sie in den 1990er- und 2000er-Jahren Wohnungen der öffentlichen Hand privatisierten. Kommunen sollten aber nun nicht Wohnungen teuer wieder zurückkaufen und etwa die Vonovia dafür belohnen, dass sie die Mieter ausgepresst haben. „Die öffentliche Hand muss da hart bleiben.“

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Der Mieterbund hatte mit Vonovia harte Auseinandersetzungen, als es um die Sanierung von Wohnungen in der Schwaketenstraße ging. In diesem Fall sei es gelungen, Druck von unten aufzubauen, auch dank vierer Mieterinnen, die keine Scheu zeigten, ihre Lage darzulegen, stellt Kropp fest. Man habe nicht nur Rückzahlungen erreicht – und eine nur moderate Kostensteigerung –, sondern auch Gesetzesänderungen zugunsten von Mietern.

Bürgerin Sabine Labus berichtet, wie ältere Personen litten und dem Druck nachgaben. Menschen, die 30 oder 40 Jahre in einer Vonovia-Wohnung in der Schwaketenstraße wohnten, seien gegen ihren Willen ausgezogen. „Da stehen Schicksale dahinter.“

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Bei der Tour zeigt Kropp auch, wie Mietwohnungen in der Markgrafenstraße und im Hindenburg-Block privatisiert und saniert und letztlich in Eigentumswohnungen verwandelt wurden. Städte und Gemeinden bräuchten das Recht, solche Umwandlungen zu genehmigen, stellt Kropp fest. Nach dem Bundesrecht wäre dies unter Umständen möglich, wenn etwa die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Quartier gefährdet erscheint (Milieuschutz). Doch die Landesregierung aus Grünen und CDU setze dies nicht um.

Zuhörern brennt ein weiteres Thema unter den Nägeln: Warum hat die Stadt das Gelände der Spitalstiftung an der Laube, auf dem einst das Vincentius-Klinikum stand, nicht selbst übernommen und entwickelt? Herbert Weber, der frühere Vorsitzende des Mieterbunds, der damals auch für die SPD im Gemeinderat saß, sagt, auch er habe dem Verkauf zugestimmt. Denn Konstanz habe einen Teil des Neubaus des Krankenhauses tragen müssen. Gelder dafür seien aus dem Immobiliengeschäft gekommen. Heute ist der Klinikneubau ein Argument dafür, dass es in Konstanz überhaupt noch ein Krankenhaus gibt.

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Manchmal fehlt das Interesse

In der Markgrafenstraße hält der Tross abermals vor einem Haus, das sichtlich verfällt. Es war schon kurzzeitig besetzt. Die Forderung der Aktivisten: Hier solle endlich wieder Wohnraum angeboten werden. Das Problem: Das Leerstandsverbot (Zweckentfremdung von Wohnraum) greift hier nicht. Denn das Haus stand schon leer, bevor die Satzung erlassen wurde. Auch andere Instrumente wirken nicht. Ein Angebot der Wobak, das Haus zu kaufen, ist nach Angaben von Winfried Kropp vom Eigner abgelehnt worden.

Claudia Büchelmaier, die sich im Vorstand des Mietervereins engagiert, weiß, dass es Menschen gibt, die nicht auf das Geld angewiesen sind. Manche seien auch einfach nur der Meinung, die Kinder sollten einen eventuellen Verkauf oder eine Sanierung vornehmen. Sie wollten sich nicht mehr darum kümmern und würden die Meinung vertreten: „Das sollen die Erben machen.“ Herbert Weber betont: „Eigentum verpflichtet.“

Auch Leerstand, wie hier bei einem Haus in der Markgrafenstraße, ist ein Problem.
Auch Leerstand, wie hier bei einem Haus in der Markgrafenstraße, ist ein Problem. | Bild: Rindt, Claudia