„Ab Juni wird es acht Wochen stressig“, freut sich Insa Pijanka, Intendantin der Südwestdeutschen Philharmonie. Das sonst negativ behaftete Wort Stress bedeutet für sie und die Orchestermusikerinnen und -musiker schlichtweg positive Energie.

Urlaubstage wurden extra verschoben

Nach monatelanger Zwangspause können sie es kaum erwarten, Freiluftkonzerte zu geben und lassen hierfür keine Gelegenheit aus, um diese Momente auskosten zu können. „Wir haben extra unseren Urlaub eine Woche nach hinten geschoben“, meint Pijanka.

Alle wollen nur eines: spielen, spielen und nochmals spielen. Und das wird die Südwestdeutsche Philharmonie unter anderem auf der Insel Mainau, im Rosgartenmuseum, beim Kultursommer im Neuwerk und der Sommerwiese im Bodenseestadion.

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Konkretes kann die Intendantin aber noch nicht preisgeben, den vieles ist noch aufgrund der Corona-Auflagen im Fluss. „Wir können noch nicht disponieren, da wir noch nicht wissen, wie viele Musiker auftreten dürfen“, sagt sie.

Die Unwägbarkeiten sind an der Tagesordnung. Trotzdem hat sie jetzt einen Teil des Programms für die Saison 2021/22 veröffentlicht. Das eigentliche Spielzeitheft wird erst im Juli erscheinen, „um noch reagieren zu können“, erläutert Insa Pijanka und fügt an: „Es ist der spannendste Spielplan.“

Wahl des neuen Chefdirigenten steht an

Spannend nicht nur, weil sie nach wie vor die Unwägbarkeiten taxieren und in unterschiedlichen Varianten – was Zuschauer- und Musikerzahl anbelangt – planen muss, sondern weil es gilt, einen neuen Chefdirigenten zu wählen. Im vergangenen November hatte die erste Runde intern stattgefunden, aus der acht Kandidaten, darunter eine Frau, hervorgegangen sind. Das Interessante und Spannende formuliert Pijanka so: „Es bewerben sich zwei Seiten umeinander.“

Damit das Orchester und die Dirigenten sich kennenlernen und ausloten können, ob sie harmonieren, hat Insa Pijanka ein interessantes, abwechslungsreiches Programm mit dem Titel „Fokus“ zusammengestellt, welches zehn philharmonische Konzerte beinhaltet und die Dirigenten ihr Können unter Beweis stellen können. Wichtig war ihr, ein einheitliches Format zu finden, um eine Vergleichbarkeit zu erwirken.

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Im Fokus stehen mitnichten lediglich die Dirigenten. Vielmehr will Pijanka das Orchester in den Mittelpunkt rücken. „Das Orchester ist der zentrale Faktor. Wir wollen der Stadt zeigen, was für einen Schatz sie hat“, sagt Insa Pijanka. Bezüglich des Programms macht sie neugierig: „Es ist ein Mix aus bekannten und beliebten Werken und einer Reihe von Entdeckungen. Jedes Konzert steht unter einem Motto und hat eine inhaltliche Klammer.“

Pijanka: „Es ist eines der absurdesten Stücke“

Wie viele Gedanken sie sich bei der Auswahl der Stücke gemacht hat – normalerweise geschieht dies im gemeinsamen Dialog mit dem Chefdirigenten – wird deutlich, wenn sie die zehn Konzerte vorstellt. Das wird bereits bei ihrer Schilderung der Saisoneröffnung deutlich. „Es ist eine Hommage an die Musikliteratur und an die großen Bühnenwerke“, so Pijanka.

Neben der Ouvertüre von Mozarts Zauberflöte stellt sie bewusst Richard Strauss Suite „Die Frau ohne Schatten“ und erläutert, Richard Strauss und Hugo von Hoffmannsthal hätten immer ihre moderne Zauberflöte erschaffen wollen, was sie mit der Frau ohne Schatten letztlich umgesetzt hatten.

„Es ist eines der absurdesten Stücke“, schmunzelt Insa Pijanka und fährt genussvoll fort: „Da ist die Phantasie mit den beiden durch die Decke gegangen. Ein dramaturgischer Albtraum. Es gibt viele Parallelen zu Mozarts Zauberflöte, allerdings in einer abgedrehten Handlung.“ Dazu noch zwei Werke aus dem Bereich des Tanzes und das Auftaktkonzert unter dem Motto „Magisch“ ist komplett.

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Neben „All-Time Favorites“, den bekannten Gassenhauern der Klassik, hat Insa Pijanka beinahe in Vergessenheit geratene Komponisten und Werke gewählt, um für Publikum und Orchester ein gleichsam interessantes und abwechslungsreiches Erlebnis zu bieten. Mehr noch: Sie achtete auch auf die Instrumentierung.

„Selten ist im klassischen Rahmen das Saxophon zu hören“, stellt sie fest. Eine solche Seltenheit können die Zuhörer zum Beispiel beim neunten philharmonischen Konzert unter dem Titel „Tanz auf dem Vulkan“ erleben. Zehn philharmonische Konzerte stehen also ab Herbst im Fokus.

Aber das ist bei weitem noch nicht alles...

„Natürlich spielen wir noch viel drumherum“, bemerkt die Intendantin. Das Programm in der Eduart-Reihe wird sie noch gesondert vorstellen. Doch da heißt es noch abwarten, denn diese Konzerte sollten auch an Schulen gegeben werden und keiner weiß, ab wann dies aufgrund der Corona-Verordnungen möglich sein wird. „Auch die Crossover-Reihe sind wir am Planen“, sagt Insa Pijanka.

Dann kommt Insa Pijanka auf die „umfangreiche Kammermusikreihe“ zu sprechen und schwärmt von ihrem Orchester. Die Musikerinnen und Musiker formieren sich hierbei ganz nach Gusto zu Ensembles. „Sie selbst entscheiden, mit wem und was sie spielen“, erklärt die Intendantin.

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„Es haben sich so viele unterschiedliche Ensembles gebildet und beworben, dass wir am Ende losen mussten. Es ist ein fantastisches Zeichen für ein Orchester, ein Ausdruck von Initiative“, stellt sie glücklich fest, schließlich sei die Arbeit in Ensembles sehr probenintensiv und würde außerhalb des Dienstes zusätzlich geleistet. Dass die Profimusiker-Schar sich auch privat derart engagiere, sei absolut bemerkenswert.