Nein, es war nicht so, dass in Konstanz plötzlich Erdöl gefördert wurde – obwohl es wie eine Pipeline aussah, was sich in über Kopfhöhe am Seerhein entlang zog. Statt Energie floss Dreck durch die Rohrleitung, denn sie war ein vorübergehender Ersatz für den Kanal unter der Reichenaustraße. Viele Konstanzer erinnern sich noch an das Bild – und sind froh, dass die blaue Konstruktion in bester Lage wieder verschwunden ist. Froh sein dürfen sie aber auch über etwas anderes: Die Sanierung der eigentlichen Abwasserleitung ist am Ende deutlich billiger gewesen als erwartet.
Von 2,5 Millionen Euro waren die Entsorgungsbetriebe (EBK) im Jahr 2023 ausgegangen, gekostet hat die Sanierung am Ende 2,175 Millionen Euro. Das sind 13 Prozent weniger als veranschlagt, was immerhin 325.000 Euro ausmacht. Und die zweite gute Nachricht ist: Der Bund hat sich, weil der Kanal unter einer Bundesstraße verläuft, mit 195.000 Euro beteiligt. Während sonst oft über hohe Baukosten gestöhnt wird, hat Konstanz hier einmal ein unerwartet günstiges Angebot erhalten.
Der Gemeinderat muss die Baustelle in der Sitzung am Donnerstag, 20. März (ab 16 Uhr, Ratssaal, öffentlich), formal beschließen, und dieses Mal wird es nicht um Mehrkosten und Terminprobleme gehen. Stattdessen dürfte Zufriedenheit herrschen, dass eine Baustelle unter einer der meistbefahrenen Straßen der Stadt gut über die Bühne gegangen ist. Immerhin war die Sanierung der Betonröhren mit einem markanten eiförmigen Querschnitt technisch nicht ganz einfach. Seit 1955 hatte der 850 Meter lange Abschnitt seinen Dienst getan, nun ist er für weitere Jahrzehnte fit.
Besonderes Verfahren
Auch das verwendete technische Verfahren ist bemerkenswert, wie aus einer Vorlage an den Gemeinderat hervorgeht: Die EBK haben die Straße nicht aufbuddeln, die alten Rohre aus- und neue einbauen lassen, sondern die vorhandene Leitung von innen mit einer neuen Schicht abgedichtet. Dazu, so die EBK, hat eine Fachfirma einen harzgetränkten Schlauch innen in die alte Leitung gelegt und diesen dann mit Druckluft so aufgeblasen, dass er eng an den Wänden des Betonrohrs anliegt. Mit ultraviolettem Licht wurde das Harz dann ausgehärtet – ein bisschen wie der Kleber beim Zahnarzt.

Seit Mai 2024 sind die Sanierungsarbeiten abgeschlossen – dass im Winter gebaut wurde, ist dabei kein Zufall. Man habe bewusst die kalte Jahreszeit ausgewählt, wenn im angrenzenden Herosé-Park und an der Seerhein-Promenade weniger los ist, heißt es in der Vorlage an die Stadträte weiter. Und damit alles rechtzeitig fertig wurde, haben die Fachleute den Angaben zufolge mehrfach bis spät in die Nacht gearbeitet. Auch die Beeinträchtigungen für Fußgänger und Radfahrer waren vergleichsweise gering. Und die auffällige blaue Rohleitung am Seerheinufer ist auch längst wieder Geschichte.