Seit Tagen warnen die Wetterdienste vor einer Hitzewelle – nur wann und in welchem Ausmaß sie tatsächlich kommt, weiß niemand so genau. Nachfrage beim Deutschen Wetterdienst (DWD): Am Donnerstag dürften die Temperaturen am Bodenseeufer etwa 31 Grad erreichen, dann werde es voraussichtlich ein paar Grad kühler: Freitag und Samstag bei 26 Grad, am Sonntag 28 Grad, sagt Andreas Pfaffenzeller vom DWD.

Aber auch: „Ab Montag steigen die Temperaturen wieder, zuerst auf 31 Grad, dann können in den Folgetagen aber höhere Temperaturen erreicht werden.“ Ganz sicher sei diese Prognose noch nicht, schränkt Pfaffenzeller ein. Man müsse sehen, wie sich die Hitzefahne entwickle. Sicher ist nur, dass es „gut heißer als 30 Grad wird“.

Am Mauerwerk an der Seestraße ist gut zu erkennen, wie niedrig der Wasserstand ist: Man kann den Seegrund über eine weite Strecke sehen.
Am Mauerwerk an der Seestraße ist gut zu erkennen, wie niedrig der Wasserstand ist: Man kann den Seegrund über eine weite Strecke sehen. | Bild: Wagner, Claudia

Wie viel oder wenig hat es geregnet?

Mit der Hitze geht die Trockenheit einher. Und die begleitet die Region bereits seit dem frühen Frühjahr – obwohl es im Frühsommer auch immer wieder geregnet hat. Im Juli hat es bisher kaum geregnet und in den kommenden Wochen wird es so bleiben. Aber wie steht es mit der Bilanz im ersten Halbjahr?

Von Januar bis Juni wurden in Konstanz 365,1 Millimeter Niederschlag gemessen. Das Mittel im Messzeitraum von 1990 bis 2020 liegt bei 330 Millimeter. So lagen die Niederschläge im Mai 2022 bei 97,2 Millimeter (Durchschnitt: 89,2), im Juni sogar bei 122,4 Millimeter (Durchschnitt: 99,7). Seit dem 5. Juli hat es in Konstanz nicht mehr geregnet.

Das könnte Sie auch interessieren

Der Dürremonitor des Helmholtz-Instituts zeigt für die Bodenseeregion an, dass im Oberboden (bis 25 Zentimeter unter der Oberfläche) moderate bis schwere Dürre herrscht, beim Gesamtboden teilweise bereits extreme Trockenheit. Andreas Pfaffenzeller präzisiert: „Im östlichen Teil des Bodenseeraums rund um Friedrichshafen ist die Wasserversorgung noch ausreichend – am westlichen Bodensee bekommt die Vegetation aber bereits Trockenstress.“ Wie kann das sein? Einerseits hat es im ersten Halbjahr leicht überdurchschnittlich geregnet, andererseits sind Anzeichen von Dürre unverkennbar.

Jahrelange Trockenheit bewirkt Dürre

Pfaffenzeller hat eine Erklärung: Zum einen ist es im Juli bislang sehr trocken gewesen, es ist erst zehn Prozent der üblichen Niederschlagsmenge gefallen bei gleichzeitig hoher Verdunstung. „Die Hälfte der durchschnittlichen Sonnenscheindauer wurde bereits erreicht“, sagt er.

Vor allem aber erkläre sich die Trockenheit durch den Mangel an Niederschlag über die vergangenen Jahre. „Der Gesamtboden ist zu stark ausgetrocknet, dadurch wird die Oberflächenfeuchtigkeit zu schnell abgeführt“, erläutert Pfaffenzeller. Derart trockene Böden können die Feuchtigkeit gar nicht mehr speichern.

(Archivbild) Das satte Grün ist weg: Die Wiese des Konstanzer Hörnles gleicht im Anfang August 2018 auf weiten Strecken einer trockenen ...
(Archivbild) Das satte Grün ist weg: Die Wiese des Konstanzer Hörnles gleicht im Anfang August 2018 auf weiten Strecken einer trockenen Steppe. | Bild: Nikolaj Schutzbach | SK-Archiv

Welche Szenarien sind in den Sommerwochen zu erwarten? Das ist im Moment nicht vorherzusagen. Laut Pfaffenzeller ist jegliche Wetterprognose, die weiter als eine Woche reicht, unseriös. Dennoch: Auf Trockenheit und einen niedrigen Wasserstand des Sees müssen sich die Menschen einstellen.

Die Technischen Betriebe in Konstanz bewässern aktuell die in diesem Jahr gepflanzten Bäume und die Schmuckpflanzungen im Stadtgebiet, schreibt Mandy Krüger, Sprecherin der Stadtverwaltung Konstanz.

Der Rasen am Hörnle wird allerdings nicht vor Dürre geschützt werden: Rasenflächen würden mit Ausnahme der Sportplätze nicht bewässert. „Für das Freibad Horn ist keine Bewässerung vorgesehen, in der Regel erholen sich diese Rasenflächen nach sommerlichen Hitzewellen im Herbst wieder.“

Das könnte Sie auch interessieren

Wie verkraftet die Natur diese Wetterextreme?

Das Landratsamt Konstanz weist in einer Pressemitteilung bereits darauf hin, dass die Wasserstände in Bächen und Flüssen in der Region im kritischen Bereich lägen. Tiere und Pflanzen seien auch durch die hohen Wassertemperaturen stark belastet. Personen, denen die Wasserentnahme erlaubt sei, werden daher aufgerufen, ihre Rechte im Moment nicht auszuüben. Weil viele Gewässer im Bodenseekreis kritische Pegelstände erreichen, hat hier das Landratsamt bereits ein generelles Verbot der Wasserentnahme verhängt.

Ähnliches gilt für die Tierwelt: „Vor allem die Trockenheit wirkt sich aus“, berichtet Lisa Maier, Ornithologin und für die Betreuung des Schutzgebiets beim Nabu Naturschutzzentrum mitverantwortlich. So seien Blässhühner und Haubentaucher von dem niedrigen Wasserstand betroffen: Es habe lang gedauert, bis der Pegel von 3,40 Meter erreicht war, erst dann aber steht das Schilf unter Wasser. Für diese Arten die Voraussetzung, dass sie brüten können.

Arten wie die Stockente profitieren eher vom niedrigen Wasserstand in diesem Jahr. Es bestand keine Gefahr, dass ihre Nester überflutet ...
Arten wie die Stockente profitieren eher vom niedrigen Wasserstand in diesem Jahr. Es bestand keine Gefahr, dass ihre Nester überflutet wurden. | Bild: Wallisch, Roland

„Andere Arten profitieren „, sagt Maier, etwa der Neuntöter, eine Vogelart, die sich von Großinsekten ernährt und vor allem in Südosteuropa verbreitet ist. Der Bestand nehme nun auch am See zu. Auch dem Höckerschwan gehe es eher gut, weil die Nester nicht überschwemmt würden.

Sehr kritisch sei die Trockenheit wiederum für Amphibien aller Art, die auf stehende Gewässer, auch Tümpel und Teiche angewiesen seien. „Sogar bei den häufigen Arten wie Grasfrosch und Erdkröte beobachten wir einen Rückgang von bis zu 80 Prozent an ihren Wanderstrecken.“

Das könnte Sie auch interessieren

Wie hoch ist das Risiko, dass es in der Region zu Hitzerekorden kommen wird? Nicht allzu groß. Zum einen sei noch nicht klar, welche Temperaturen bei der kommenden Hitzewelle in Deutschland erreicht werden, sagt Pfaffenzeller. Ein weiterer Grund sei der Bodensee selbst, der im Sommer für Kühlung und damit für einigermaßen gemäßigte Temperaturen sorgt.

„Zudem liegt der See auf fast 400 Höhenmetern, das ist schon ein großer Unterschied zum Oberrheingraben“, sagt Pfaffenzeller. Das könne einen Temperaturunterschied von 1,2 Grad ausmachen. In der Regel kämen die Warmluftvorstöße aus Spanien und Frankreich nicht unmittelbar in der Seeregion an, sondern eher im Bereich des Oberrheingrabens. All diese Gründe sorgen dafür, dass in den kommenden Wochen zwar heiße Zeiten zu erwarten sind, mit etwas Glück die Spitzenwerte die 36 Grad aber nicht überschreiten.