Geimpft, geboostert, getestet, Abstand, Anstand, FFP2-Masken, Desinfektion, Lüften… Alle Regeln werden vom Hygienebeauftragten des SWR im Konzil geprüft. Kann unter solchen Rahmenbedingungen überhaupt Fasnachtsstimmung aufkommen?
Ja! Denn kaum im Konzil, wo gerade die Generalprobe für die Aufzeichnung der Sendung „Konstanzer Fasnacht aus dem Konzil“ stattfindet, schlägt das Narrenherz auch schon höher und es prickelt im Narrenblut. Die Radolfzeller Froschenkapelle spielt gerade.

„Mein Herz hat höher geschlagen, als ich die ersten Takte von den Froschen gehört habe“, strahlt Marianne Schätzle, die später in die Rolle der Ex-Kanzlerin Merkel schlüpfen wird. „Das gibt Schwung. Und man merkt, der Kick ist auch nach zwei Pandemie-Jahren noch da. Ein beruhigendes Gefühl, dass man sich nicht verändert hat“, stellt sie rundheraus fest. „Es ist wichtig, dass die Sendung stattfindet, damit die Leute Fasnacht nicht verlernen und ins normale Leben zurückfinden“, findet sie.

Im Foyer macht sich Jürgen Greis (Neckes) einen Latte Macchiato. Die Tasse ist nur halb voll. Er bedenkt die Maschine mit einem vernichtenden Blick. Halber Kaffee? Geht gar nicht! Mario Böhler, Präsident der Narrengesellschaft Niederburg und seit diesem Jahr Programmchef der Fernsehsendung, rettet die Situation, denn bei ihm ist die Maschine willig. Er drückt dem dankbar strahlenden Neckes die volle Tasse in die Hand und meint: „Des isch de beschte Kaffee, wo du je trunke hosch.“

Kaffee oder Beruhigungstee brauchen die Akteure, denn alle sind nervös vor ihrem Auftritt. Lampenfieber gehört dazu; gerade der Adrenalin-Kick sorgt für den Leistungs-Push. Was alle eint: Sie sind auf (Fasnachts-)Entzug. „Man macht es nicht, dass man ins Fernsehen kommt, sondern weil es einfach Spaß macht“, sagt Neckes.

Was macht Spaß? „Die Atmosphäre, die Proberei, der Zusammenhalt untereinander“, schildert er und fügt nach einer kurzen Pause an: „Und du bist froh, wenn du wieder nette Menschen siehst. Wegen Corona bist du ja die meiste Zeit daheim.“
Wie? Kein Bürgertröpfle?!
Justament schlendert Norbert Heizmann heran, geht zum Kühlschrank und greift sich ein Mineralwasser. Kein Bürgertröpfle? Die Pandemie scheint dem Sittenverfall Vorschub zu leisten. Da muss man Heizmann doch ein wenig auf den Arm nehmen und um ein Verslein bitten.

Schließlich ist Heizmanns zweifelhafte Laudatio auf den spitälischen Wein Tradition. Norbert Heizmann stellt seine Qualitäten sofort unter Beweis und reimt spontan und in Anlehnung zu seiner Rolle: „Das Wasser ist, was das betrifft, für einen Prinzen reinstes Gift.“

Am Abend ist es soweit: Die 50 geladenen Zuschauer schlendern aus allen Richtungen verkleidet zum Konzil und sorgen bei den Passanten für Staunen und Verwunderung. „Was? Wo gibt‘s Fasnacht?“, fragt eine Frau mehr als interessiert. „Heute ist die Aufzeichnung der Konzilfasnacht. Wird am Dienstag um 20.15 Uhr im SWR gesendet“, bekommt sie sofort kompetente Auskunft. Dass die Damen gerne mitgegangen wäre, ist nicht zu übersehen.
Ob Rot, ob Grün, ob Blau: Maskenball 2022
Im Konzil dürfen die Mäschgerle ihre weißen FFP2-Masken gegen farbige, die der SWR zur Verfügung stellt, eintauschen. „Maskenball mal anders“, frotzelt ein Mäschgerle. Das gibt ein bunteres Bild und sieht nicht so steril aus. Das Problem: Sie sitzen eng und sind noch weniger luftdurchlässig. Aber egal. Viel wichtiger ist allen Anwesenden: Es gibt Fasnacht, es gibt Bühnenprogramm und endlich mal wieder etwas zum Lachen!

Kaum haben die Zuschauer ihre Plätze an den runden Tischen, die dem Saal eine gewisse Bar-Atmosphäre verleihen und Konstanzer irgendwie an das frühere Roxy-Kino erinnern, Platz genommen, begrüßen Mario Böhler und Alexander Riedmann, Präsident der Narrengesellschaft Kamelia Paradies das Publikum. „50 geladene, handverlesene Gäste: Es ist wunderbar, dass ihr da seid“, meint Böhler.
„Für die Akteure ist es eine Herausforderung. Seid ihnen wohlgesonnen“, formuliert Mario Böhler. Die Herausforderung ist: Sie spielen statt vor normalerweise 650 vor gerade einmal 50 Leuten („besser als wie gar nint“) und deren Mimik wird den gesamten Abend hinter den FFP2-Masken verborgen bleiben. Mit einem Augenzwinkern Richtung Alt-Landrat Frank Hämmerle benennt Mario Böhler dessen Funktion: „Er ist Vorklatscher.“
Wenn Rainer Vollmer mal den Mund halten muss...
Moderator Rainer Vollmer ergänzt die wichtigen Hinweise und bemerkt bezüglich der Masken: „Man kann auch unfassbar mit den Augen lachen.“ Dann wird der Applaus in unterschiedlichen Stärken und Längen geprobt. Vollmer gibt den Animateur.

Dann meldet sich eine Stimme aus dem Off: „Bitte noch einen supertollen Applaus, wo du nicht reinquatschst, Rainer. Du musch mal kurz die Schnorre halte.“ Die Zuschauer amüsieren sich, sind in bester Stimmung und los geht‘s.
Voller Einsatz auf der Bühne
Die Akteure sind kaum zu bremsen. Die Lust am Spiel nach langer Entbehrung ist spürbar. Den Zuschauern geht es ebenso. Wohlwissend, dass sie nur wenige sind, versuchen sie, die Bühnenkünstler nach Kräften zu unterstützen, Kraft und Rückhalt zu geben.
Das kam übrigens auf der Bühne an, wie Akteurin Michaela Bauer nach der Aufzeichnung glücklich feststellt: „Man hat das Wohlwollen gespürt und sie waren die ganze Zeit voll dabei. Mal still und konzentriert, dann die volle Begeisterung. Es war einfach nur schön!“
Tränen zum Abschied
Was die Fernsehzuschauer wohl nicht erleben werden, ist der Abschied von SWR-Redakteurin Beatrix Jerg-Oslebo. Acht Sendungen hat sie gemacht und der Abschied fällt ihr nicht leicht, denn: „Ich hab Konstanz und die Konstanzer so lieb gewonnen. Sie haben mich wohlwollend aufgenommen und es war ein wirkliches schönes Zusammenarbeiten mit viel Respekt und Herzblut. Ich hab mich hier richtig daheim gefühlt.“ Nach der Aufzeichnung wird sie offiziell verabschiedet und nicht nur bei ihr, die ihr Herz an die Konstanzer Fasnacht verloren hat, kullert ein Tränchen über die Wange.
