Was kann und soll sich die Stadt Konstanz noch leisten? Die Antwort darauf gibt es erst im März. Gemeinderat und Verwaltung haben sich vom Ziel verabschiedet, den Doppelhaushalt 2025/2026 noch vor der Fasnacht zu verabschieden. Und nach einer neunstündigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses ist deutlich: So weit lagen die Vorstellungen von Verwaltung und Politik wohl noch nie auseinander.

Auch deshalb fielen entgegen allen bisherigen Planungen keinerlei Beschlüsse – das soll nun am 13. März in einer neuerlichen ganztägigen Beratung erfolgen. Damit ist weiterhin unklar, wo die Stadt investiert und ob sie zusätzliches Personal an Bord nehmen kann. Klar ist seit Donnerstag, 13. Februar, hingegen, dass es eine Mehrheit im Gemeinderat sehr ernst meint mit dem Sparen.

Dabei geht es um viel: Die Stadtverwaltung ist mit rund 1300 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Konstanz. Sie bewegt pro Jahr einen Umsatz von mehr als 350 Millionen Euro und ist ein wichtiger Auftraggeber für die heimische Wirtschaft. Und sie gestaltet, im Auftrag von und gemeinsam mit dem Gemeinderat, die Stadt und das Zusammenleben in Konstanz.

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Um all diese Fragen geht es auch beim Haushalt. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem Thema, das sich auf alle Menschen in Konstanz auswirken wird. Nicht umsonst wird schon das Wort „Zeitenwende“ bemüht, wenn es um die Finanzplanung für die beiden kommenden Jahre geht.

1. Warum läuft es mit dem Haushalt bisher so mühsam?

Konstanz gibt seit Jahren mehr Geld aus, als die Stadt einnimmt. Selbst dringendste Investitionen kann sie nur noch über Kredite finanzieren. An der Steuerschraube hat der Gemeinderat schon kräftig gedreht, sodass hier nicht mehr viel Spielraum ist.

Der Entwurf des Haushaltsplans, den die Verwaltung im Dezember vorgelegt hat, war für viele Politiker schockierend – zum Beispiel sah er vor, dass selbst für die laufenden Gehälter Kredite aufgenommen werden müssen. Die Schulden wären demnach innerhalb von fünf Jahren von rund 20 auf bis zu 120 Millionen Euro gestiegen. Eine Firma wäre in einer solchen Lage insolvent – was einer Stadt freilich nicht passieren kann.

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2. Warum kommt aus dem Rat die Kritik, die Verwaltung arbeite mit Tricks?

Die Finanzpolitiker sind auch aufgebracht, weil sich manche von ihnen hinters Licht geführt fühlen. Sie haben den Eindruck, dass die Stadtverwaltung die Zahlen halt so passend gemacht hat. Sie geht etwa davon aus, dass die Kreisumlage 2026 nicht steigt, dass am Personal durch Vakanzen pauschal eine Million Euro im Jahr und im laufenden Geschäft nochmals zwei Millionen Euro pro Jahr gespart werden können. Selbst Führungskräfte im Rathaus zweifeln an, dass das überhaupt möglich ist.

Jan Welsch von der SPD spricht wörtlich von „haushalterischen Tricks“. Achim Schächtle (FDP) argwöhnt, „dass wir uns da ein bisschen reich rechnen“, Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL&Grüne) nennt die Grundannahmen „blauäugig“, und Heike Rawitzer (CDU) klagt die Kämmerei an, sie habe den Gemeinderat bisher „allein gelassen“ mit der Aufgabe, die städtischen Finanzen zu richten. Vielen stößt auch sauer auf, dass immer wieder mit dem Verlust von Zuschüssen argumentiert wird, wenn die Verwaltung vermeintliche Lieblingsprojekte wie Stephansplatz oder Smart Green City durchsetzen will.

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3. Wie steht der Gemeinderat zum weiteren Stellenaufbau in der Verwaltung?

Die wohl größte Überraschung in der jüngsten Sitzung zum Haushalt war das klare Signal einer Gemeinderatsmehrheit, dass sie einen weiteren Stellenaufbau bei der Stadt nicht mittragen wird. 32 neue Stellen hatte die Verwaltung vorgeschlagen – von der Feuerwehr über die Planung am Hafner, beim Bauhof Dettingen und dem Bürgerbüro bis zum Kulturamt.

Jürgen Faden (Freie Wähler) erklärt dazu, einen Stellenaufbau in solchen Größenordnungen werde sich Konstanz „auf lange Zeit“ nicht mehr leisten können. Heike Rawitzer (CDU) erklärt unmissverständlich: „Wir werden keinen weiteren Personalaufbau mehr mittragen“. Achim Schächtle (FDP) warnt vor „Dauerkosten“, die „uns erwürgen“.

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Auch die SPD sieht keinen Spielraum für großen Personalaufbau: „Was Sie uns vorlegen, ist nicht verantwortbar vor dem Gesamthaushalt“, so Stadtrat Jan Welsch. Für FGL&Grüne fordert Niklas Becker ähnlich wie Moritz Schneider (Junges Forum), dass bisherige Aufgaben geprüft werden.

Das bedeutet, dass die Stadtverwaltung nun überlegen muss, wo sie bestehende Stellen abbauen kann, wenn die Besetzung der neuen Stellen, wie es teils zur Begründung heißt, gesetzlich gefordert ist. Dabei ist von 20 bis 30 zu streichenden Stellen auszugehen. Er nehme den Auftrag an, sagt dazu Oberbürgermeister Uli Burchardt, er werde darauf achten, „möglichst wenig kaputtzumachen.“

„Wenn wir dauerhaft beim Klinikum draufzahlen müssen, werden wir unsere freiwilligen Leistungen von ÖPNV bis Kultur nicht mehr erbringen ...
„Wenn wir dauerhaft beim Klinikum draufzahlen müssen, werden wir unsere freiwilligen Leistungen von ÖPNV bis Kultur nicht mehr erbringen können.“ Oberbürgermeister Uli Burchardt fordert mehr Geld vom Land und den Krankenkassen und kündigt harten Widerstand gegen Pläne des Kreises an, sich unter anderem fürs Klinikum mehr Geld von den Städten und Gemeinden zu holen. | Bild: Rau, Jörg-Peter

4. Wo könnten Bauvorhaben geschoben oder gestrichen werden?

Auch bei den Investitionen steht der Gemeinderat auf der Bremse. Das liegt zum einen an einer Bugwelle von fast 50 Millionen Euro. Für so viel Geld sind Projekte geplant, aber bisher gar nicht oder nicht vollständig umgesetzt. Grund dafür ist, dass gerade Baumaßnahmen oft länger dauern – und dass vor allem das Baudezernat gar nicht alles umsetzen kann, was es dem Gemeinderat über die Jahre vorgelegt und sich dafür Beschlüsse organisiert hat.

Nun soll es einen Investitions-Deckel von 35 Millionen Euro im Jahr geben. Zugleich, so der klare Auftrag des Gemeinderats, soll die Bugwelle Stück für Stück abgebaut werden – auch wenn alle wissen, dass das etliche Jahre dauern wird. Damit werden die Chancen für neue Projekte schlechter. Dazu könnten der Stephansplatz und die neue Turnhalle am Suso-Gymnasium gehören. Es dürften aber auch viele weitere Vorhaben „auf Nimmerwiedersehen im Reißwolf verschwinden“, wie es aus der Verwaltung heißt.

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5. Wie soll das jetzt weitergehen?

Was jetzt klar ist: Der Gemeinderat geht finanzpolitisch den Weg der Stadtverwaltung nicht mit, und das Vertrauen vor allem in Stadtkämmerer Ulrich Schwarz ist schwer beschädigt, denn er hat den krachend gescheiterten Haushaltsentwurf zu verantworten. Die Fraktionen haben angekündigt, zahlreiche Anträge zur Streichung von Ausgaben einzubringen.

Über das gesamte Paket wird dann am 13. März nochmals beraten, wenige Tage später soll der Gemeinderat den Haushalt beschließen. Klar ist dabei schon jetzt: Auch das neue Zahlenwerk wird auf neue Schulden setzen und somit die Situation nicht verbessern, sondern allenfalls nicht mehr ganz so tiefgreifend verschlechtern.