Donnerstag, 25. Juli, 1.22 Uhr, Feuer in der Zollernstraße: Die Feuerwehr Konstanz ist bei dem verheerenden Altstadt-Brand in wenigen Minuten vor Ort. 1.25 Uhr: Gerade einmal drei Minuten später werden auch die Helfer des Malteser-Hilfsdienstes und die anderen Rettungsdienstorganisationen angefordert.

Wenig später sind die ersten Ehrenamtlichen schon vor Ort, die Stunden davor waren sie beim Konstanzer Weinfest auf dem nahegelegenen Stephansplatz im Einsatz. Verständigt werden die Module Erstversorgung, Transport und Betreuung zur Unterstützung.

Die Malteser übernehmen in der Folge gemeinsam mit den Kräften des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) die Betreuung der Bewohner des betroffenen Gebäudes und der Nachbarn, die Versorgung der rund 250 Einsatzkräfte sowie die Erstversorgung und Transporte ins Krankenhaus. Schnell ist klar: Dieser Einsatz wird Stunden, wenn nicht Tage, andauern.

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Deshalb wird um 4.30 Uhr am Donnerstagmorgen die Einheit Verpflegung nachalarmiert, insgesamt sind 24 Ehrenamtliche der Malteser in der Nacht und auch am Folgetag vor Ort – abgesehen von den vielen Menschen, die im Hintergrund organisieren und koordinieren. Auch dutzende Rettungskräfte des DRK sind dabei.

Um 6 Uhr werden die knapp 250 Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, Polizei und Rettungsdienst mit 600 belegten Brötchen sowie Kaffee und Kaltgetränken versorgt. Den ganzen Tag sind die Ehrenamtlichen vor Ort, richten eine Anlaufstelle zuerst auf der Marktstätte, später im Konzil an.

Am Konstanzer Konzil-Gebäude stehen am Donnerstagnachmittag die Einsatzfahrzeuge – unter anderem von Maltesern und Deutschem Roten ...
Am Konstanzer Konzil-Gebäude stehen am Donnerstagnachmittag die Einsatzfahrzeuge – unter anderem von Maltesern und Deutschem Roten Kreuz. Einige Helferinnen und Helfer tanken hier etwas Kraft für die kommenden Stunden. | Bild: Timm Lechler

Am Donnerstagabend wird dann eine Notunterkunft in der Petershauser Halle für die vom Brand Betroffenen aufgebaut. In der vorübergehenden Unterbringung kümmern sich Silvia Baumann, Leiterin des Integrationsdienstes bei den Maltesern, und ihr Team um Christian Clausner und Max Kremer um die Menschen. Denn wann die Bewohner der Zollernstraße 13, 15, 17, 19 und Hofhalde 5 und 7 sowie Vor der Halde 2 und 4 wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können, ist auch am Freitagnachmittag zunächst noch unklar.

Im Einsatzwagen vor der Peterhauser Halle befinden sich verschiedene, großen Boxen. Darin: Hygieneartikel, Nahrung, ...
Im Einsatzwagen vor der Peterhauser Halle befinden sich verschiedene, großen Boxen. Darin: Hygieneartikel, Nahrung, Kommunikationsartikel und vieles mehr. | Bild: Timm Lechler

Ein Gefühl der Sicherheit herstellen

Wie die Retter in einem solchen Fall vorgehen? „Zuerst wird der Bedarf ermittelt“, so Silvia Baumann gegenüber dem SÜDKURIER. „Also beispielsweise: wer braucht Unterkunft und Versorgung oder Medikamente, Hilfe bei der Versorgung von Haustieren, wer hat besondere Bedarfe wegen Kindern, Behinderungen und so weiter.“

Wichtig sei darüber hinaus, den Betroffenen in einem solchen Fall das Gefühl von Sicherheit zu geben. Auch eine entsprechende Infrastruktur sei wichtig für die minimale Versorgung, also eine Toilette, Wärme, Getränke, vielleicht ein Deo und Hygieneartikel. Schließlich gebe es auch Menschen, die selbst in einem solchen Katastrophenfall ihrem „Tagesgeschäft“ nachgehen müssten, so Baumann. Sprich: „Die ganz normal zur Arbeit gehen müssen.“

„Das ist in einem solchen Fall besonders wichtig: das Informationsbedürfnis“, sagt Silvia Baumann, Leiterin des Integrationsdienstes und ...
„Das ist in einem solchen Fall besonders wichtig: das Informationsbedürfnis“, sagt Silvia Baumann, Leiterin des Integrationsdienstes und Sprecherin der Malteser. | Bild: Rindt Claudia

Darüber hinaus befinde man sich stets im engen Austausch mit der Stadt Konstanz und dem Landratsamt Konstanz, auch um die Anwohner entsprechend mit Informationen zu versorgen. „Das ist in einem solchen Fall besonders wichtig: das Informationsbedürfnis“, so Baumann. Schließlich bangen auch die Anwohner: Wann darf ich in mein Haus zurück, wie groß sind die Folgen des Feuers und vor allem der Rauchentwicklung, wie geht es für mich weiter?

Untergebracht werden am Donnerstagabend knapp 20 Personen aus einem Kreis von rund 100 potenziell Betroffenen in der Petershauser Halle. Rund 80 Menschen seien bei Freunden oder Verwandten untergekommen, so die Malteser. Zuerst sei wohl vom Landratsamt eine Unterbringung in Hotels geprüft worden. Schnell war klar: Am ersten Ferientag in Baden-Württemberg sind in Konstanz nicht im Ansatz genügend Zimmer verfügbar – im Gegenteil.

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„Man bekommt auch sehr viel zurück“

Max Kremer und Christian Clausner von den Maltesern sind seit Stunden im Einsatz für die Menschen. Natürlich sei das Ehrenamt in solch einem Fall eine große Herausforderung, so Kremer. Schließlich machen die Freiwilligen das alles nebenher, neben Familie, Freunden – und oft neben dem eigentlichen Beruf.

Dennoch: „Es macht auch Spaß“, sagt Max Kremer. Und mehr noch: „Man bekommt auch sehr viel zurück, wir kriegen viel Dankbarkeit. Und wir sind eine coole Gemeinschaft, wo man was bewegen kann.“

„Man bekommt auch sehr viel zurück, wir kriegen viel Dankbarkeit“, sagt Max Kremer.
„Man bekommt auch sehr viel zurück, wir kriegen viel Dankbarkeit“, sagt Max Kremer. | Bild: Timm Lechler

Er zeigt in der Folge noch den Inhalt des Malteser-Fahrzeugs, das vor der Halle steht. In großen Kisten sind allerlei Güter verstaut, die es in einem solchen Katastrophenfall eben braucht – und vielleicht sogar darüber hinaus. Kochgeschirr, Hygiene- und Babyartikel, Kleidung, Nahrungsmittel oder Gegenstände für Unterhaltung, auch eine Bibel befindet sich in einer der Kisten.

In den Kisten auf dem Malteser-Fahrzeug sind allerlei Güter verstaut.
In den Kisten auf dem Malteser-Fahrzeug sind allerlei Güter verstaut. | Bild: Timm Lechler

Während Christian Clausner mit dem Mittagessen für die Betroffenen zurückkehrt (eine der Personen hat sich Tomaten gewünscht, die der junge Mann extra noch im Supermarkt besorgt hat), betont Silvia Baumann noch, dass die „Zusammenarbeit der Hilfsorganisationen großartig funktioniert“ habe.

Neben den Maltesern war beispielsweise auch das Deutsche Rote Kreuz mit mehreren Kräften im Einsatz, wie Jan Welsch vom DRK angibt. „Dieser Einsatz mit der engen Zusammenarbeit mit den Maltesern hat erneut gezeigt, wie gut das funktioniert“, so Welsch. Allein vom DRK in Konstanz seien elf Rettungskräfte mit drei Fahrzeugen im Einsatz gewesen, auch ein leitender Notarzt war vor Ort. Das DRK habe sich dabei vor allem auf die Absicherung der Feuerwehr konzentriert.

„Wir üben zwar regelmäßig zwischen den Organisationen, man kann aber nicht planen, wie sich so etwas abspielt“, so Jan Welsch. „Kein Einsatz ist wie der nächste.“ Im Verbund mit den anderen Blaulichtorganisationen habe man die Versorgung und Betreuung der Verletzten und Betroffenen sicherstellen können, so das DRK. Man wünsche den Betroffenen alles Gute und den Verletzten gute Besserung, hieß es auf dem Instagram-Account des DRK-Konstanz.