„Wir wollen gewissermaßen der Obi für Cannabis werden“, sagt Elias Imberi und lacht. Er steht in seinem Laden namens „Hanfnah“ an der Turnierstraße. Das Geschäft im Konstanzer Stadtteil Paradies hat er gemeinsam mit seinem Mit-Geschäftsführer Moritz Trosin und zwei weiteren Freunden kürzlich eröffnet.

Die jungen Unternehmer sind zwischen 22 und 24 Jahre alt und kennen sich bereits seit der gemeinsamen Schulzeit in Freiburg. Mittlerweile wohnen alle am Bodensee, Imberi studiert an der Universität, Trosin hat eine Ausbildung im Sport- und Ernährungsbereich in Stuttgart abgeschlossen.

Doch jetzt arbeiten beide mit Hanf – und allem, was sich daraus herstellen lässt. Denn das Franchise-Geschäft ist kein klassischer „Head-Shop“, wie man ihn aus Zeiten vor der Legalisierung kannte und wo es beispielsweise Utensilien zum Konsum zu kaufen gab. Zwar gibt es diese dort ebenfalls, doch eben auch verschiedene Kosmetika aus Hanf, Snacks und Brotaufstriche sowie Kleidung.

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Eigenanbau steht im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt steht aber der (Eigen-)Anbau der Cannabis-Pflanze, der seit dem 1. April 2024 legal ist. „Beim Eigenanbau gibt es aktuell eine Lücke, die muss geschlossen werden“, sagt Elias Imberi. Denn seit gut einem halben Jahr ist Cannabis zwar legal, doch viele greifen laut den Geschäftsführern beim Kauf von entsprechender Ware auf Online-Angebote zurück.

Das birgt aus der Sicht von Trosin und Imberi aber auch Risiken, darüber hinaus profitiere im Moment der Schwarzmarkt von der aktuellen Situation. Schließlich sei „legalisiert worden, ohne dass Konsumenten dran kommen“, so Moritz Trosin. Er fügt hinzu: „Sicherer Konsum, dafür wollen wir stehen.“

Verschiedene Sorten Erde, im Hintergrund sogenannte „Growboxen“ (engl.: Anbauboxen), in denen die Pflanzen gezogen werden können.
Verschiedene Sorten Erde, im Hintergrund sogenannte „Growboxen“ (engl.: Anbauboxen), in denen die Pflanzen gezogen werden können. | Bild: Timm Lechler

„Safer use“, also sicherer Umgang, nennt er dabei als Stichwort. Nicht zuletzt deshalb verfügt der Laden auch über eine Testmaschine, mit der das eigene Cannabis beispielsweise auf Verunreinigungen, Streckmittel oder die Wirkstoffkonzentration geprüft werden kann. Damit waren sie mit einem Stand auch auf dem diesjährigen Gute-Zeit-Festival.

Sicherer Konsum und gesellschaftlicher Wandel

„Wir wollen auch den gesellschaftlichen Wandel mit anstoßen“, so Elias Imberi. „Es gibt noch viele Vorurteile, wir wollen den Dialog suchen und dass Cannabis kein Tabuthema mehr ist.“ Zur Aufklärung plant man Vorträge zur Drogenprävention und Workshops für den verantwortungsvollen Anbau, man wolle zum Begegnungsort der „Cannabis-Community“ werden.

Dass die Bevölkerung durchaus verunsichert ist und die aktuelle Lage oft nicht kennt oder versteht, darum wissen die Verantwortlichen. Schließlich kämen sehr viele Leute in den Laden und würden fragen, ob sie dort Marihuana kaufen können. Das funktioniert nach aktueller Gesetzeslage aber so nicht. „Die Legalisierung ist ein Fortschritt“, meint Imberi. „Aber es ist noch sehr viel Arbeit da, um einen Weg zu finden, wie beispielsweise auch der Staat profitieren kann.“ Als Beispiel nennt er eine entsprechende Steuer.

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Das Kämpfen mit bürokratischen Hürden

Viel Arbeit kommt auch noch auf Julius Auffermann zu. Er ist einer der Gründer und Vorstand des Social-Clubs „Pureleaf“ aus Konstanz. Er stehe mit den Beteiligten bei „Hanfnah“ im Austausch, schließlich habe man dasselbe Ziel: „Die Entstigmatisierung von Cannabis.“ Nebenher kämpfen er und sein Verein allerdings noch mit bürokratischen Hürden, was den Anbau und die kontrollierte Abgabe von Cannabis angehe.

Mittlerweile besitze der eingetragene Verein 100 Mitglieder. Den Antrag zu einer Anbaugenehmigung habe man am 1. Juli, dem Tag, an dem dies zum ersten Mal möglich war, um kurz nach 0 Uhr rausgeschickt, so Auffermann auf SÜDKURIER-Nachfrage. Vermutlich als einer der ersten in Baden-Württemberg.

„Es ist wichtig, dass niemand einen Verein leitet, der schlechte Absichten hat, also der sich beispielsweise bereichern will“, sagt ...
„Es ist wichtig, dass niemand einen Verein leitet, der schlechte Absichten hat, also der sich beispielsweise bereichern will“, sagt Julius Auffermann. | Bild: Wagner, Claudia | SK-Archiv

Und das war wohl auch gut so, würden die Anträge doch in der Reihenfolge des Eingangs von der Genehmigungsbehörde, dem Regierungspräsidium Freiburg (RP), bearbeitet. Am 1. August habe man dann die erste Rückmeldung erhalten, die unter anderem einige Änderungen an der Satzung vorsah, denen man inzwischen nachgekommen sei.

„Die Antwort des Regierungspräsidiums umfasste zehn Seiten und war sehr ausführlich“, so Auffermann. Das sei zwar aufwendig gewesen, allerdings „begrüßen wir, dass das RP das ganz genau prüft. Es ist wichtig, dass niemand einen Verein leitet, der schlechte Absichten hat, also der sich beispielsweise bereichern will.“

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Das RP sähe außerdem noch weitere Vorgaben vor, unter anderem ein (Jugendschutz-)Präventionskonzept, die jeweiligen Einträge im Bundeszentralregister der Vorstände, die Mietverträge für die entsprechende Fläche und vieles mehr. Laut Auffermann unterliegen die Anbau- und Abgabestellen hohen bürokratischen Hürden, die auch mit entsprechenden Kosten zu Buche schlagen.

Dennoch ist der Mitgründer von „Pureleaf“ optimistisch, dass es mit dem Anbau bald losgehen kann. Der Mietvertrag für die Liegenschaft für den Anbau und die Abgabe in der Umgebung von Konstanz – auch hier sind die Anforderungen für die entsprechende Immobilie hoch – sei unterzeichnet. „Wir rechnen Ende des Monats mit der ‚Betriebsgenehmigung für eine Anbauvereinigung‘“, so Auffermann. Wenn alles klappt, könne die erste Cannabis-Pflanze dann Anfang 2025 geerntet werden.