Das Lied der Hoffnung erklingt. Die „Ode an die Freude“ mit den Zeilen „Freude schöner Götterfunken“ und „Alle Menschen werden Brüder“. Jürgen Weber vom Bündnis „Konstanz für Demokratie – klare Kante gegen rechts in Stadt und Landkreis“ bedankt sich bei den Wiener Philharmonikern für diese Musik. Er steht neben einem Schild in der Wiesenstraße.
Dieses zeigt das Ende des Konstanzer und den Beginn des Schweizer Territoriums an. Dort versammeln sich 30 satirisch aufgelegte Kämpfer für offene Grenzen und Demokratie. Sie feiern, dass „der Hetzer gegen illegale Migration selbst zum illegalen Migranten“ mutierte. Er ist Österreicher. Es geht um Martin Sellner, den rechtsradikalen Aktivisten und früheren Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich.
Das Bündnis verleiht ihm in Abwesenheit den Schmähpreis „Goldener Grenzvollpfosten“. Das Gebilde zeigt absichtlich wenig Gold, dafür einige braune Flecken, so wie auch Sellner, wie das Bündnis mitteilt. Aktivistin Dani Kabelitz spießt für das Bündnis satirisch auf, was sich am 19. Oktober in Konstanz ereignete.

Schauspieler Patrick O. Beck trägt ihre Worte gekonnt vor. Sellner „brachte die Toblerone heim ins Reich, und vergaß über dieser Mission alles andere. Vor allem vergaß er den Verlauf der Grenzen, die zu schützen, er sich ja eigentlich auf die Fahnen geschrieben hatte. Ist hier schon die Schweiz?, hörte man ihn noch stammeln. Seine Verwirrung wirkte geradezu rührend.“ Man habe sich auf die Konfrontation mit einem Hassredner eingestellt, sei aber nur auf einen orientierungslosen Touristen gestoßen.
Hinter dem Lago über die Grenze
Dani Kabelitz spielt darauf an, dass Sellner hinter dem Einkaufszentrum Lago in Konstanz am Grenzübergang einen Vortrag halten wollte und dabei aus Versehen die Schweiz betreten haben will. Weil ihm die Eidgenossen vorübergehend die Einreise verboten hatten, wurde er von der Kantonspolizei festgenommen und über die Fähre nach Friedrichshafen abgeschoben.

Sellner hänge der „kruden Philosophie“ nach, jeder Mensch habe dort zu bleiben, wo er zufällig geboren wurde. Dass ausgerechnet dieser bei einem Grenzverstoß erwischt wurde, weidet das Bündnis genüsslich aus: „Wir müssen uns ihm gegenüber in Nachsicht und Verständnis üben: Es ist halt nicht so leicht, Durchblick zu entwickeln, wenn man mit Scheuklappen und zudem mit einem ordentlich dicken Brett vorm Kopf durchs Leben gehen muss.“
Zur Leistung, dass Sellner ausgerechnet eine Toblerone in die Schweiz bringt, stellt Dani Kabelitz fest: „Bring etwas, das dein Gegenüber schon kennt. Nicht etwas Neues, um Himmels willen nichts Unbekanntes.“ Jürgen Weber gab dem Geschmähten einen Gruß auf Österreichisch mit: „Geh‘ scheißen, und bleib‘ am besten auf dem Heiserl. Baba.“