Am 2. Mai 2019 hat Konstanz öffentlichkeitswirksam den Klimanotstand ausgerufen. Eines der Teilziele hierbei ist ein neues Mobilitätsmanagement, weg von der autozentrierten Verkehrsplanung. Aber wie soll die Verkehrswende gelingen?
Es gibt bereits Ansätze und Projekte, die sich bewährt haben und die auf Konstanz zugeschnitten übernommen werden könnten. Vor allem die fahrradfreundliche Stadt Freiburg tut sich in Sachen Verkehrswende positiv hervor. Hierbei gilt es, innovative Ideen umzusetzen und auch lokale Besonderheiten wie die spezielle Lage am See sowie die Grenznähe zu berücksichtigen.
Um hier Impulse zu liefern, hat Hendrik Auhagen, Kreisvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) des Kreises Konstanz, den Geschäftsführer des VCD-Regionalverbandes Südbaden, Fabian Kern, an den Bodensee eingeladen. Kern berichtete vor etwa 30 Interessierten im Treffpunkt Petershausen, welche Maßnahmen in Freiburg, einer der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands, bereits umgesetzt wurden, wie man dabei vorging, welche Erfahrungen man damit machte und welche Projekte noch anstehen.
Wie es nicht funktioniert
Im Mittelpunkt standen dabei Maßnahmen wie die Parkraumbewirtschaftung, eng damit verknüpft der Ausbau von Car-Sharing-Angeboten, die Belegung von Parkhäusern, die Nutzung von Verkehrsfläche für Fußgänger und Radfahrer sowie der Ausbau von Straßenbahn- und Busverbindungen. Zunächst nannte Auhagen in seiner Begrüßung ein plakatives Beispiel, wie es in eine komplett falsche Richtung gehen könne.
Für die Anbindung der Bodenseeregion an Stuttgart 21 würden nicht nur viele Tonnen Kohlendioxid in der Bauphase produziert. Es drohe, so der VCD-Kreisvorsitzende, durch die Jahre dauernde Baumaßnahme mit erschwerten Bahnverbindungen gar ein Umstieg von der Bahn auf das Auto. Interessant sei, so Auhagen, für Konstanz das Beispiel Freiburg, da in der südbadischen Metropole die rechtlichen Rahmenbedingungen ja annähernd gleich seien wie in Konstanz – gleiches Bundesland, gleicher Rechtsrahmen. Und in Freiburg sei eine Reihe von juristischen, finanziellen und formalen Hürden schon gemeistert worden, sodass man hier das ein oder andere übernehmen könne.
Bis 480 Euro für das Anwohnerparken
Fabian Kern stellte zunächst die im Breisgau heftig diskutierte Parkraumbewirtschaftung vor, die eine deutliche Anhebung der Kosten für Anwohnerparkscheine bedeutet, der Preis ist hier auch abhängig von der Länge des Fahrzeugs. War der Tarif früher auf 30,70 Euro pro Jahr gedeckelt, so startet der Tarif nun bei 120 Euro für Motorräder und geht bis 480 Euro pro Jahr bei Fahrzeugen, die länger als 4,70 Meter sind. Die Anträge auf Anwohnerparkscheine seien, so Kern, stark zurückgegangen, Garagen würden nun wieder besser genutzt und diejenigen, die einen Anwohnerparkschein hätten, würden nun auch einen Parkplatz finden, was früher bei einem Verhältnis von einem Parkplatz auf 2,5 Anwohnerparkscheinen oft nicht geklappt habe.

Zu wenig bekannt sei allerdings, dass in Freiburg die Parkhäuser günstiger sind als der Parkraum auf öffentlichen Verkehrsräumen. Eine weitere Maßnahme war die Bewirtschaftung von Park&Ride-Parkplätzen. In Verbindung mit dem Öffentlichen Nahverkehr sind diese weiter kostenlos, ansonsten aber werden 7,50 Euro pro Tag fällig.
Über Unterschriftenaktionen habe man einen Bürgerentscheid in Sachen Rad- und Fußwege erreichen wollen, sei damit zwar nicht durchgekommen, dennoch wurden einige Aspekte vom Freiburger Gemeinderat aufgenommen, so Kern weiter. Allerdings werde der politische Wille viel zu oft durch eine autofreundliche und auf dem Bestehenden verharrende Verwaltung ausgebremst, so Kern. Es gehe aber letztlich darum, in Sachen Nutzung der Verkehrsfläche eine Flächengerechtigkeit für alle Verkehrsteilnehmer zu erreichen.
Ein Beispiel sei der Schlossburgring in Freiburg, der von bisher vier Autospuren und nur schmalen Radwegen auf zwei Autospuren und zwei breite Radspuren umgewandelt werden sollte, ohne dass daraus eine größere Staugefahr entsteht. Eine Parallele hierzu sah ein Zuhörer in Konstanz in der Alten Rheinbrücke, auf der fünf Autospuren, aber nur je ein schmaler Fußgänger- und Radweg bestehe. Das sei früher noch anders gewesen, als es zwei Radspuren auf der Rheinbrücke gab, dann aber die Rheinbrücke autofreundlicher gestaltet wurde.
Interessant als Beispiel für das Baugebiet Hafner könnte des Freiburger Projekt Kleineschholz sein. Hier werden nur 0,3 Stellplätze pro Wohnung vorgesehen, dafür ein breites Car-Sharing-Angebot sowie Stellplätze für Räder, Lastenräder und Motorroller.
Mehrwert für die ganze Gesellschaft
In der Diskussion räumte Kern ein, dass es natürlich viel Kritik, beispielsweise bei der Umwandlung von Parkplätzen gebe, man dürfe sich aber bei solchen Entscheidungen nicht von Bürgern bremsen lassen. Hier allerdings merkte die anwesende Gemeinderätin Gisela Kusche (FGL) an, dass das Beispiel Stadelhofen zeige, dass die Umwandlung von Parkraum nicht so einfach auf Konstanz übertragbar sei. Nina Röcklein (FGL) machte deutlich: „Es ist unsere politische Entscheidung, wie der öffentliche Raum genutzt wird!“
Fabian Kern appellierte, sich von Kritik nicht zu sehr bremsen zu lassen, denn die Erfahrungen in Freiburg hätten gezeigt, dass letztlich ein Mehrwert für die ganze Gesellschaft entstehe. Er zeigte auch auf, wie man mit dem Deutschland-Ticket und Car-Sharing überaus kostengünstig reisen könne. Dazu kam noch eine Ergänzung aus dem Publikum: In Freiburg gebe es ein Angebot, in dem beim Kauf eines Deutschlandtickets ein Rabatt von zehn Prozent auf Car-Sharing enthalten sei.