In der Schweiz treten am Montag verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Kraft. Dazu gehört auch die Schließung von Läden „mit Waren des nicht-täglichen Bedarfs“, wie die Schweizer Regierung, der Bundesrat, vergangene Woche beschlossen hat.

Doch dieser eidgenössische Lockdown sieht eine lange Liste von Ausnahmen vor. So dürfen neben Lebensmittelläden, Apotheken und Drogerien unter anderem auch Baumärkte und Blumenläden offen bleiben. Und Dienstleistungsanbieter wie Friseure, Solarien oder Kosmetikstudios sind von Schließungen größtenteils nicht betroffen.

Die neuen Schweizer Regeln. Eine Auswahl.

Was sagen die Kreuzlinger zu diesen neuen Regeln? Der SÜDKURIER hat sich am Samstag, dem letzten Verkaufstag vor dem Lockdown, in einigen Läden der Konstanzer Nachbarstadt umgehört – sowohl bei denen, die jetzt schließen müssen, als auch jenen, die geöffnet bleiben dürfen.

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Im Kleiderladen: „Man hätte im November alles komplett schließen müssen, für einen Monat“

„Ich finde es himmeltraurig, dass wir bis Ende Februar schließen müssen“, sagt Maria Jonasch, Inhaberin des Modehauses Rudolf, das seit 150 Jahren in Familienbesitz ist. Dass etwa Friseure, die einen viel näheren Kundenkontakt hätten, offen bleiben, finde sie ungerecht, sagt Jonasch, als der SÜDKURIER sie am Samstag in ihrem Laden an der Kreuzlinger Hauptstraße besucht.

Maria Jonasch, Inhaberin des Modehauses Rudolf, muss schließen und empfindet die neuen Regelungen als ungerecht. Fürs Foto hat sie ihren ...
Maria Jonasch, Inhaberin des Modehauses Rudolf, muss schließen und empfindet die neuen Regelungen als ungerecht. Fürs Foto hat sie ihren Mund-Nasen-Schutz kurz abgesetzt. | Bild: Marcel Jud

„Wir haben so ein großes Geschäft, da kommt man sich nicht in den Weg und kann genügend Abstand zueinander einhalten.“ Die neuen Schweizer Maßnahmen kann Jonasch nicht nachvollziehen, auch mit Blick über die Grenze: „In Deutschland hat das bis jetzt ja nicht viel genutzt, obwohl die Geschäfte schon so lange geschlossen sind.“

Sie selbst habe zwar keine Existenzängste, aber bei vielen anderen sei das der Fall, betont Jonasch. Für die Modehaus-Inhaberin steht fest, dass man in der Schweiz früher hätte reagieren sollen, um die Pandemie einzudämmen: „Man hätte im November alles komplett schließen müssen, als die Infektionszahlen so hoch waren. Für einen Monat, das hätte mehr gebracht.“

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Beim Friseur: „Für uns ist es sehr wichtig, dass wir offen bleiben dürfen“

Wenige Meter vom Modehaus Rudolf entfernt, am Ende einer Abzweigung von der Hauptstraße, befindet sich der Friseursalon Giger Coiffure. Dass er offen bleiben darf, freut Mitarbeiterin Swenja Staub, die gerade auf eine Kundin wartet: „Als der Bundesrat am Mittwoch die neuen Maßnahmen beschlossen hat, haben wir regelmäßig nachgeschaut, ob schon was raus ist.“

Swenja Staub vom Friseursalon Giger Coiffure ist erleichtert: Sie darf ihren Kunden weiterhin die Haare schneiden, trotz Lockdown.
Swenja Staub vom Friseursalon Giger Coiffure ist erleichtert: Sie darf ihren Kunden weiterhin die Haare schneiden, trotz Lockdown. | Bild: Marcel Jud

Auch viele Kunden hätten im Friseursalon angerufen und sich erkundigt, was denn jetzt gelte. „Und dann waren wir erleichtert, als die Maßnahmen feststanden. Für uns ist es sehr wichtig, dass wir offen bleiben dürfen.“ Ihr Berufsverband habe sich aber auch stark für sie eingesetzt, betont die Friseurin.

Zudem würden bei ihnen strikte Hygienevorgaben herrschen: „Wir und die Kunden tragen Masken, wir desinfizieren alles mehrmals täglich, auch die Türklinken, und lüften immer.“ Sie könne aber zugleich gut nachvollziehen, dass andere Geschäfte die neuen Maßnahmen ungerecht fänden, betont Staub.

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Im Schmuckladen: „Ich verstehe die Maßnahmen nicht. Das ist weder Fisch noch Vogel“

Dass nicht dieselben Regeln für alle gelten, kann etwa Sirun Tavli überhaupt nicht verstehen. Mit ihrem Bruder Armen Yildiz führt sie den Schmuck- und Uhrenladen Fantasy an der Kreuzlinger Hauptstraße. „Ich verstehe die Maßnahmen nicht. Das ist weder Fisch noch Vogel“, sagt Tavli, die in ihrem Laden jetzt nur noch Reparaturdienste anbieten kann.

Am Ende, so die Geschäftsinhaberin, seien es immer die Kleinen, die litten: „Mir geht es weniger ums Geld als um die Fairness. Ich frage mich auch: Was ist mit dem Baugewerbe und der Industrie? Warum dürfen sie weitermachen? Steckt sich dort niemand an?“

Sie fände das alles nur noch ermüdend, so Tavli weiter: „Wir haben jetzt Kurzarbeit für unsere Mitarbeiter angemeldet, und alles andere, ob wir Hilfen erhalten, ist noch gar nicht abgeklärt.“ Sie hoffe einfach, dass sie in gut sechs Wochen wieder öffnen werde. „Und dass, wenn die Leute geimpft sind, wir wieder normal weitermachen können.“

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Im Blumenladen: „Ich finde es sehr schön, dass nicht gleich alles wieder zumachen muss“

Anders als Sirun Tavlis Schmuck- und Uhrenladen darf der Blumenraum in der Nähe des Kreuzlinger Helvetiaplatzes weiter Kunden empfangen. „Ich finde es sehr schön, dass nicht gleich alles wieder zumachen muss“, sagt Inhaberin Franziska Bürgi Rey, die hier seit 25 Jahren Blumen und Gestecke verkauft.

Auch Blumenraum-Inhaber Franziska Bürgi Rey trägt sonst den ganz Tag über einen Mund-Nasen-Schutz. Nur fürs Foto hat sie ihn abgelegt.
Auch Blumenraum-Inhaber Franziska Bürgi Rey trägt sonst den ganz Tag über einen Mund-Nasen-Schutz. Nur fürs Foto hat sie ihn abgelegt. | Bild: Marcel Jud

Zudem hätten sie und ihre Mitarbeiter während des Lockdowns im Frühjahr gemerkt, wie stark Blumen mit Emotionen verbunden seien und dabei helfen, schwierige Zeiten wie jetzt etwas besser zu meistern: „Nach wie vor ist es den Leuten ein großes Bedürfnis, sich und andere mit Blumengeschenken zu verwöhnen.“

Bürgi Rey hebt noch einen anderen Aspekt hervor, der aus ihrer Sicht entscheidend ist: „Ich finde es gut, dass neben Blumenläden auch Bau- und Hobbygeschäfte offen bleiben dürfen, damit sich die Leute beschäftigen und ablenken können.“ Sie hoffe, dies bleibe so.

Dass in der Schweiz nach wie vor mehr auf Selbstverantwortung gesetzt werde als in Deutschland, begrüßt Bürgi Rey: „Ich bin dafür, dass man mit einbezogen wird. Und gleichzeitig die wirklich schützt, die gefährdet sind. Ich denke, dass die Leute da mitmachen.“