Die kurze Antwort darauf ist schlicht und ergreifend: Nein, im Landkreis Konstanz gibt es keine Bunker mehr. „Es werden weder im Stadtgebiet Konstanz noch im Landkreis Bunker betrieben“, gibt Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamtes Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage an. „Ehemalige Schutzbauten sind entsprechend aufgegeben worden oder sind zurückgebaut worden. Es bestehen keine Schutzraumbauten mehr.“ Doch wie kam es dazu?
Dass es in der Konzilstadt heute keine einsatzbereiten Bunker mehr gibt, hat laut Stadtarchivar Jürgen Klöckler mehrere Gründe. „Das hängt selbstverständlich auch mit der sogenannten Luftkriegslage zusammen“, erklärt Klöckler erst einmal grundsätzlich. „Der Landkreis Konstanz blieb bis Dezember 1944 vom Luftkrieg verschont, dann wurde Singen und im April 1945 Radolfzell bombardiert. In beiden Städten galt der Angriff jeweils dem Bahnhof.“
In Konstanz selbst blieb die Lage aber bis zu französischen Besetzung am 26. April 1945 laut Jürgen Klöckler weitestgehend ruhig. Natürlich seien allerdings trotzdem Vorkehrungen hinsichtlich einer möglichen Bombardierung getroffen worden seien – immerhin herrschte Krieg.
Wo lagen damals die Luftschutzräume von Konstanz?
So wurden ab Anfang des Jahres 1940 Sirenen installiert, öffentliche Schutzräume geplant und die Bevölkerung über den Bau eigener, privater Schutzräume informiert. Aus einer Liste im Bestand des Hauptamts geht hervor, dass in Konstanz in der ersten Kriegshälfte 18 größere Luftschutzräume bestanden.
Diese waren: Regierungsgebäude an der Rheingasse, Lanzenhof, Domänenamt in der Torgasse, Wessenbergstraße 1, Döbelestraße 2, Finanzamt, Robert-Wagnerstraße 47, Wessenberghaus, Konradihaus, Römerstraße 39, Sigismunderstraße 16, Wilhelmstraße 8, Hindenburgplatz 2, Spanierstraße 14, Mainaustraße 9, Reichenaustraße 14b, Zähringerstraße 16 und Fischerstraße 15.
„Erst ab Frühsommer 1944 verschärfte sich die Lage spürbar“, so Jürgen Klöckler. „Jetzt wurden im gesamten Stadtgebiet weitere Luftschutzräume ausgewiesen.“ Luftschutzgräben bestanden am 18. Juli 1944 wohl am Döbele, am Hussenstein, in der Gottlieberstraße, an der Grießeckstraße, in der Sigismundstraße und im Pfalzgarten. Bei den Luftschutzräumen handelte es sich damals um kleine Luftschutzanlagen mit weniger als 150 Kubikmeter.
Im Stadtgebiet wurde lediglich ein größerer Luftschutzstollen gebaut, der rund 1000 Kubikmeter umfasste: Der Stollen unter dem Fürstenberg. „Ab November 1944 stellte das Grenadier-Ersatz und Ausbildungsregiment 515 unweit der Chérisy-Kaserne einen derartigen Stollen her, der über 600 Meter lang war und über vier Eingänge verfügte“, weiß Klöckler. Die Eingänge des Stollens seien jedoch ab 1945 nach und nach eingestürzt, heißt es in den Aufzeichnungen des Stadtarchivs.
Kein richtiger Luftschutzbunker im gesamten Stadtgebiet
Eines ist jedoch laut einer Akte der Stadtverwaltung aus dem Jahr 1944 auch klar: Einen richtigen Luftschutzbunker, also eine „bombensichere Luftschutz-Raumanlage, deren Schutzwirkung durch Beton mit Schutzbewehrung erzielt wird“, wie etwa bei den heute noch bestehenden, aber weitestgehend ungenutzten, Hochbunkeranlagen in Großstädten, gab es in Konstanz nicht. Die übrigen Luftschutzräume seien bald nach 1945 rückgebaut worden.
Das Fazit ist also: In Konstanz hat es selbst während des Zweiten Weltkrieges keine großen Bunkeranlagen gegeben – wie sie bis heute in der Schweiz existieren. Es wurden lediglich kleinere Luftschutzstollen und einige Luftschutzräume, meist in bereits vorhandenen Kellern, angelegt und ausgewiesen. Die allermeisten dürften heute nicht mehr existieren.
In Kreuzlingen stellt sich die Situation derweil vollkommen anders da. Der dortige Festungsgürtel ist über 11,5 Kilometer lang und zählt über 80 Bunkeranlagen. Manche davon sind riesige, in den Berg gebaute Kommendozentralen, andere sind als normale Häuser getarnte Betonklötze.
Der Kommandobunker in Weinfelden bietet beispielsweise Platz für bis zu 80 Menschen und Energie sowie Wasser für einen Monat Autonomie. In einem Hausbunker in Kreuzlingen können bis zu 23 Menschen unterkommen – und das bis heute.
Anmerkung der Redaktion:
Dieser Inhalt erschien erstmals im Februar 2022 auf SÜDKURIER Online.