Wolfgang Rüdiger und Rene Ebert sind aufgebracht. Sie stehen auf dem Zoll-Vorstauraum im Konstanzer Industriegebiet und haben viele Fragen: Wo sollen künftig die Lkw-Fahrer parken, die täglich in Konstanz Halt machen? Warum bietet ihnen niemand Lösungen für das Problem?

Und warum ist vor der Einplanung des Vorstauraums für einen anderen Zweck niemand mit den Betroffenen ins Gespräch gekommen? Zumindest auf die letzte Frage hat Wolfgang Rüdiger, als Fahrlehrer von Berufswegen mit den Konstanzer Straßen sehr vertraut, eine Antwort: Er glaubt, dass die Stadt den Konflikt mit den Betroffenen im Vorfeld vermeiden wollte.

Rene Ebert und Wolfgang Rüdiger auf dem Zoll-Vorstauraum im Industriegebiet. Sie fragen sich, warum niemand eine Lösung für die ...
Rene Ebert und Wolfgang Rüdiger auf dem Zoll-Vorstauraum im Industriegebiet. Sie fragen sich, warum niemand eine Lösung für die Lkw-Fahrer hat. | Bild: Simon Conrads

Im September 2022 bringt Kultur- und Sozialbürgermeister Andreas Osner das Gelände an der Claude-Dornier-Straße für den Bau einer Leichtbauhalle für Geflüchtete ins Gespräch. Es stellt sich die Frage, was das für die Lkw-Fahrer bedeutet, die auf dem Gelände ihre verpflichtenden Ruhepausen machen.

Antworten bleiben aus. Am 13. Januar werden Parkverbotsschilder um das Gelände aufgestellt, erzählt Wolfgang Rüdiger. Die Fahrer seien so vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

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Hier entsteht nun eine Unterkunft für Geflüchtete

Am gleichen Tag kommt eine Pressemeldung des Landkreises: Die Planung einer Unterbringung für Geflüchtete auf dem Vorstauraum sei weitgehend abgeschlossen. Bis Ende April soll die Leichtbauhalle bezugsfertig sein. In der Woche vom 16. Januar werden etwa Zweidrittel des Vorstauraums eingezäunt.

Eine Alternative für die Lkw-Fahrer in Konstanz gibt es nicht, sagen Wolfgang Rüdiger und Rene Ebert. Der Frust richtet sich nicht gegen den Bau der Unterbringung für Geflüchtete, das betont Rüdiger mehrfach. Das Problem sei, dass niemand Lösungen aufzeigt.

Als Rastplatz ist die Fläche im Industriegebiet ursprünglich nicht gedacht. Aus Mangel an Alternativen wird sie aber dennoch für ...
Als Rastplatz ist die Fläche im Industriegebiet ursprünglich nicht gedacht. Aus Mangel an Alternativen wird sie aber dennoch für Ruhepausen genutzt. Betroffene fragen sich nun, wohin sie ausweichen sollen. | Bild: Simon Conrads

Fahrlehrer Rüdiger hat das Gelände im Rahmen seiner Fahrstunden für den Lkw-Führerschein genutzt. Rene Ebert arbeitet beim Unternehmen Baustoff Sauter, das seine Anlieferer für die Ruhepausen an den Vorstauraum verwies.

Dabei war das Gelände immer schon eine Notlösung für Übernachtungen: Dem Namen nach ist die Fläche zur Vermeidung von Stau vor dem Grenzübergang gedacht. Weil es keine anderen Parkplätze für die tonnenschweren Fahrzeuge in der Stadt gibt, habe sich die Nutzung als Rastplatz ergeben, sagt Rüdiger.

Wolfgang Rüdiger nutzt die Fläche in Konstanz für Rangierübungen: „Wir sind die größte Stadt am Bodensee. Und da gibt es keinen ...
Wolfgang Rüdiger nutzt die Fläche in Konstanz für Rangierübungen: „Wir sind die größte Stadt am Bodensee. Und da gibt es keinen Platz für die Lkw-Fahrer?“ | Bild: Simon Conrads

Die Aussage passt der Stadt ganz gut. „Das Thema ‚Pausen‘ greift in diesem Kontext nicht, da es sich um einen Zollvorstauraum handelt, keinen Rastplatz“, so Walter Rügert, Pressereferent der Stadt Konstanz. Die Zuständigkeit für Abstellräume für den Lkw-Fernverkehr liege in der Hoheit des Landes.

Das Regierungspräsidium Freiburg sieht sich als Mittelbehörde zwischen Gemeinden und Land aber ebenfalls nicht in der Verantwortung: Der ruhende Verkehr obliege den Gemeinden. Das Land sei nicht verpflichtet an einer Bundesstraße Parkplätze zur Verfügung zu stellen, schreibt Pressesprecherin Heike Spannagel.

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Immer wieder die Frage: Wohin mit den Lastwagen?

„Wir sind die größte Stadt am Bodensee. Und da gibt es keinen Platz für die Lkw-Fahrer?“, fragt Rüdiger. Er sorgt sich um die Situation der Fahrschulen. Wenn es keinen Platz für Rangierübungen gebe, könne Konstanz als Standort für den Lkw-Führerschein der Klasse CE nicht erhalten bleiben.

Rene Ebert fordert das Aufheben von Parkverboten in Konstanz: „Für mich ist die Alternative: Sie müssen im Industriegebiet Lkw-Stellplätze schaffen.“ Würden Lieferanten etwa kurzzeitig auf oder an der Max-Stromeyer-Straße halten, sei schnell die Polizei vor Ort und fordere die Laster-Fahrer zum Weiterfahren auf.

Rene Ebert arbeitet bei Baustoff Sauter: „Für mich ist die Alternative: Sie müssen im Industriegebiet Lkw-Stellplätze schaffen.“
Rene Ebert arbeitet bei Baustoff Sauter: „Für mich ist die Alternative: Sie müssen im Industriegebiet Lkw-Stellplätze schaffen.“ | Bild: Simon Conrads

Doch wo sollen sie hinfahren? Die Frage fällt wieder und wieder.

Ein Drittel des Vorstauraums bleibt zwar voraussichtlich als Fläche für das Zollamt Konstanz Autobahn bestehen. Die Lkw-Stellplätze darauf genügen aber bei Weitem nicht, sagen Ebert und Rüdiger. Um 22 Uhr schließt das Zollamt.

Lastwagen, die in der Nacht in Konstanz ankommen und über die Grenze wollen, müssen während der Nacht einen Parkplatz finden. Ohne die Fläche des Vorstauraums müssen die Fahrer nun entweder Strafzettel riskieren oder bis nach Radolfzell zurück fahren, wo es etwa den Rastplatz Brandbühl gibt.

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Verbesserungsvorschläge liegen schon auf dem Tisch

Im Mai 2022 stellte das Regierungspräsidium die Verkehrsstudie Hochrhein-Bodensee vor. Darin wurden zwei Maßnahmen zur Verbesserung der Stausituation der Lastkraftwagen vor der Schweizer Grenze in Konstanz beschrieben.

  • Maßnahme 13.1. beschreibt den Bau einer „Pufferfläche“ an der B33.
  • Maßnahme 13.2. sieht den Ausbau der Parkfläche direkt am Zoll Konstanz/Kreuzlingen vor, auf der dann auch die geregelten Ruhepausen für Lkw-Fahrer verbracht werden könnten. Sanitäranlagen seien vorzusehen.

Die Vorschläge wirken vernünftig, nur wann können sie umgesetzt werden?

Das Regierungspräsidium Freiburg gibt hierzu nur sehr vage Angaben. Heike Spannagel erklärt auf Anfrage, dass zu der Verkehrsstudie derzeit „der Folgeprozess gemeinsam mit der Region initiiert“ werde. Sie verweist ferner darauf, dass die beiden Maßnahmen bislang nur erste Ideen seien.

Prognosen stimmen zudem nicht gerade optimistisch: Bis 2040 wird eine Zunahme des Lkw-Verkehrs in Konstanz um 50 Prozent erwartet, heißt es in der Verkehrsstudie. Dem Regierungspräsidium Freiburg lägen über Parkprobleme der Lkw in Konstanz keine Kenntnisse vor.

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„Solange die B33 nicht fertig ist, fahren die Lkw kaum über Konstanz“, so Heike Spannagel. Das verwundert: Bereits 2019 und 2021 berichtete der SÜDKURIER über die schlechten Zustände und die mangelnde Parkfläche auf dem Vorstauraum – es gab sogar ein Treffen zwischen Stadt, Regierungspräsidium und Betroffenen. Gebessert habe sich aber nichts, sagen Rüdiger und Ebert.