„Lützerath schützen heißt auch das Klima zu schützen“, schreibt der Konstanzer Ortsverband von Fridays For Future (FFF) in der Ankündigung ihrer Mahnwache. Am Mittwoch, 11. Januar, um 18 Uhr luden die Klimaaktivisten auf die Marktstätte, um für den Erhalt des nordrhein-westfälischen Dorfes zu demonstrieren.

Theo Christen ist sowohl bei Fridays For Future, als auch bei den beiden im Rahmen des Lützerath-Protests gegründeten Organisationen „Lützerath lebt“ und „Lützerath bleibt“ aktiv und moderiert die Veranstaltung. Kostümiert ist sie in einem Klima-Koala. Im letzten Jahr war sie selbst bereits einen Monat in Lützerath und beschreibt die Zeit als enorm prägend. „Da wird einem bewusst: Man ist so klein, aber man kann so viel verändern“, berichtet sie kurz vor Beginn der Veranstaltung.

Rednerin Theo Christen: „In Lützerath wird einem bewusst: Man ist so klein, aber man kann so viel verändern.“
Rednerin Theo Christen: „In Lützerath wird einem bewusst: Man ist so klein, aber man kann so viel verändern.“ | Bild: Simon Conrads

Etwa eine Dreiviertelstunde dauert die Kundgebung, bei der mehrere Mitglieder von Fridays For Future und weitere Klimaaktivsten zu Wort kommen. Immer wieder wird dabei die Bedeutung von Lützerath für die Klimabewegung hervorgehoben und der Energiekonzern RWE, sowie die von Grünen-Politikern geführten Wirtschaftsministerien vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfalen kritisiert.

Brauchen wir die Kohle?

„Eigentlich ist die Faktenlage doch klar“, ruft eine Rednerin in das Mikrofon. „Wir brauchen die Kohle unter Lützerath nicht, um durch den Winter zu kommen.“ „Lützerath bleibt“ hat den Tag X ausgerufen, als die Polizei am 3. Januar 2023 mit der Abriegelung des Dorfes begann. Das „X“ wird seitdem zum Symbol der Proteste, einige der Demonstranten halten es auch in Konstanz in die Luft.

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Im Anschluss an die Kundgebung zeigt sich Fridays For Future-Mitglied Kiki Köffle mit der Veranstaltung zufrieden. Es seien sehr viele Leute erschienen und das Ziel sei, bundesweit zu zeigen, dass Menschen sich gegen den Abriss und weitere Braunkohleverstromung stellen. „Es ist wichtig, dass wir den Druck hochhalten“, sagt sie nach der Veranstaltung dem SÜDKURIER.

Fridays For Future-Aktivistin Kiki Köffle: „Es ist wichtig, dass wir den Druck hochhalten.“
Fridays For Future-Aktivistin Kiki Köffle: „Es ist wichtig, dass wir den Druck hochhalten.“ | Bild: Simon Conrads

Titus Zahn aus Konstanz hat die Mahnwache ebenfalls besucht. Für ihn sei es wichtig, sich auf erneuerbare Energien zu fokussieren und sich von den fossilen Brennstoffen endgültig abzuwenden. „Lützerath ist ein Mahnmal, wie Wackersdorf damals“, sagt Zahn und zieht damit einen Vergleich zu den Protesten gegen eine Wiederaufbereitungsanlage für Brennstäbe aus Kernreaktoren in den 80er Jahren.

Titus Zahn aus Konstanz hat die Mahnwache besucht: „Lützerath ist ein Mahnmal, wie Wackersdorf damals.“
Titus Zahn aus Konstanz hat die Mahnwache besucht: „Lützerath ist ein Mahnmal, wie Wackersdorf damals.“ | Bild: Simon Conrads

Tobias Lingg steht ebenfalls in der Menge, er hat erst am Nachmittag von der Veranstaltung erfahren. Da er sich im Studium mit erneuerbaren Energien beschäftige, habe das Thema für ihn eine besondere Bedeutung. Er habe zwar kein Verständnis für Angriffe auf die Polizei, hält den friedlichen Protest aber für ausgesprochen unterstützenswert.

Tobias Lingg aus Konstanz: „Der friedliche Protest ist natürlich unterstütztenswert.“
Tobias Lingg aus Konstanz: „Der friedliche Protest ist natürlich unterstütztenswert.“ | Bild: Simon Conrads

Zwar bleibt es in Konstanz an dem Abend überwiegend friedlich, jedoch kommt es am Rand der Veranstaltung in der Sparkasse an der Marktstätte zu einem Vandalismus-Vorfall. Dort findet bereits um 17 Uhr vor und in der Sparkasse eine Aktion der Protestgruppe „Lützerath bleibt“ statt. Dabei kippt ein Demonstrant einen Sack Kohle im Foyer aus. Weitere Hintergründe blieben zunächst unklar.

Bei einer Aktion der Organisation „Lützerath bleibt“ kippte ein Aktivist Kohle im Foyer der Sparkasse aus.
Bei einer Aktion der Organisation „Lützerath bleibt“ kippte ein Aktivist Kohle im Foyer der Sparkasse aus. | Bild: Simon Conrads

Manuel Oestringer, ebenfalls bei Fridyas For Future aktiv, sagt bereits am Mittwochmittag: „Der Kohle-Deal, der ausgehandelt ist, ist ein fauler Deal“, meint er. Der ursprünglich erst für 2038 vereinbarte Ausstieg aus der Braunkohleverstromung wurde vergangenen Oktober neu ausgehandelt. Die Wirtschaftsministerien von Bund und Land Nordrhein-Westfalen einigten sich mit dem Energiekonzern RWE auf einen früheren Ausstieg bereits bis 2030. Fünf weitere Dörfer, die dem Abriss geweiht waren, wurden dadurch gerettet. Lediglich Lützerath sollte weiterhin für den Kohleabbau weichen.

Oestringer hält die Besetzung des Dorfes für legitim, selbst wenn das Gesetze bricht. Auch der Abriss von Lützerath stehe schließlich in Konflikt mit dem Gesetz. Das sei zwar juristisch weniger einfach festzuhalten, aber es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen dem Abriss und dem Einhalten des 1,5-Grad-Ziels, zu dem sich die Regierung bekannt hat.

Lützerath wird geräumt

Nichtsdestotrotz begann am Mittwoch die Räumung des Aktivistencamps in dem kleinen Dorf. Die Polizei forderte alle Menschen im Dorf auf, dieses zu verlassen und sicherte zu, gegen Kooperierende nicht weiter vorzugehen. Aktivisten, die weiter im Dorf bleiben, müssten mit einer Strafanzeige rechnen. Die Polizei Aachen berichtete im Folgenden, dass Demonstrierende Steine und Pyrotechnik in ihre Richtung warfen und forderten zur Einstellung der Gegenwehr auf.

„Letztendlich entscheidet sich an Lützerath, ob wir die Klimaziele ernst nehmen.“, so Oestringer. Es wäre deshalb angebracht, dass die Regierung den Schutz des Lebens über die Profitmaximierung einzelner Unternehmen hinten anstelle und den Abriss stoppe. Vor Gericht waren Klimaaktivsten mit Eilanträgen gescheitert: Das Verwaltungsgericht Aachen bestätigte die Rechtmäßigkeit der Räumung.

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Zu der von der Polizei berichteten heftigen Gegenwehr der Demonstrierenden wollte sich Oestringer gegenüber dem SÜDKURIER nicht äußern, „weil er den Kontext nicht kenne“. Grundsätzlich wäre es aber schön, wenn friedlicher Protest auch friedlich bleibe, so der Aktivist. Für Samstag, 14. Januar, hat Fridays For Future eine Sammelanreise aus Baden-Württemberg nach Lützerath organisiert. Dort soll an diesem Tag eine Großdemo stattfinden.