Unvergessen ist der Großbrand in der Zollernstraße, als Ende Juli 2024 das Feuer tagelang wütete. Das Hinterhaus mitsamt dem Verbindungsbau fiel den Flammen komplett zum Opfer, das markante, denkmalgeschützte Vorderhaus steht noch.

Bauherrschaft und Architekt haben rasch mit den Planungen für die Sanierung des Vorderhauses und einem Ersatzneubau im Hof begonnen. Die Pläne haben sie jetzt dem Gestaltungsbeirat der Stadt Konstanz vorgelegt.

Eine innere Brandwand hat das Vorderhaus, welches von 1903 bis 1905 erbaut wurde, vor größerem Schaden bewahrt. Der westliche Teil des Hauses blieb verschont. Im östlichen Teil des Gebäudes hat das Feuer großen Schaden verursacht; mit Ausnahme des Treppenhauses ist dieser Gebäudeabschnitt nur noch als Rohbau erhalten.

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Altbau wird bewahrt und Neues kommt hinzu

Das dreistöckige Hinterhaus und der dreigeschossige Verbindungsbau waren nicht mehr zu retten. Diese Gebäude mussten abgetragen werden. Das Konstanzer Architekturbüro Raumwerk hat bereits ab August zügig an der Zukunft des Areals gearbeitet und jetzt dem Gestaltungsbeirat der Stadt Konstanz eine Entwurfsplanung für die Ersatzbauwerke im Hofbereich vorgelegt.

Der vormalige dreigeschossige Verbindungsbau ist als eingeschossiger Baukörper mit etwas größerer Grundfläche geplant. Das Hinterhaus, das direkt an einer Feuergasse stand, soll an gleicher Stelle in moderner Anmutung mit viel Glas errichtet werden. Dieser Ersatzneubau ist in ähnlicher Kubatur vorgesehen, rückt aber etwas von der Gasse Vor der Halde zurück, sodass sich ein Platzcharakter ergeben soll. „Das Quartier lebt von kleinen Plätzen und Öffnungen“, nimmt Architekt Christoph Bauer mit Bezug auf die historische Innenstadt.

Hier parallel zur Feuergasse (links) soll ein Ersatzneubau für das abgebrannte Hinterhaus entstehen.
Hier parallel zur Feuergasse (links) soll ein Ersatzneubau für das abgebrannte Hinterhaus entstehen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Clevere Überlegungen

Die Bodenplatte des abgebrannten Hinterhauses sei noch vorhanden; auf dieser solle der Ersatzbau vorwiegend in Sichtbeton und Holz sowie mit großzügigen Verglasungen zum Innenhof errichtet werden. „Wir beschränken uns auf das, was da war – in neuer Form“, so Bauer.

„Wir brauchen einen zweiten Fluchtweg“, stellt Christoph Bauer zum Hinterhaus-Neubau fest. Eine Stahlkonstruktion zur Feuergasse hin wolle das Architektenteam nicht bauen. Ihre Idee: In die Wand der Gebäuderückseite zur Gasse solle der Treppenlauf eingeschnitten werden. „Die Idee ist, die breite Feuergasse zugänglich zu machen, damit sie betretbar ist. Schließlich befinden sich dort auch Eingänge in die Bebauung Hofhalde“, erklärt Bauer.

Das Dach empfindet der Gestaltungsbeirat zu schwer. Nach Ansicht der Experten solle sich der Glasbau leicht an die Mauer zur Feuergasse ...
Das Dach empfindet der Gestaltungsbeirat zu schwer. Nach Ansicht der Experten solle sich der Glasbau leicht an die Mauer zur Feuergasse lehnen. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Das ist eine clevere Überlegung, die Fluchttreppe in die Mauer zu integrieren. Ein schönes Motiv“, lobt Martin Haas, Vorsitzender des Gestaltungsbeirats. „Ich tue mich aber mit dem Dach schwer“, kommt er auf das Gebäude selbst zu sprechen. Haas rät dazu, „den Glasbau von jeder Art der Schwere zu befreien“. Was er sich hingegen gut vorstellen könnte: Eine ein bis zwei Meter dicke Mauer – wie eine Stadtmauer – zur Feuergasse hin; an dieser „lehnt der Glasbau leicht dran“, so Haas.

Individuelle Bauweise im Mittelalter

Martin Haas zieht eine Parallele zum Mittelalter, als allen Gebäuden eine Selbstverständlichkeit innewohnte und sich die Häuser lediglich am Maßstab orientierten. „Lauter kleine Individuen stehen rum“, so Haas, der wertet: „Das Prinzip der mittelalterlichen Dichte und des Individuellen ist gut, besser als ein fragmentarischer Nachbau.“ An den Architekten gewandt, sagt er: „Sie können mutiger sein und ein eigenes Werk machen.“

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Insgesamt wünscht sich Martin Haas eine Leichtigkeit hinter dem schweren Haupthaus. So ist er mit dem einstöckigen, eingehausten Verbindungsbau nicht zufrieden. Eine Art Orangeriebau könnte er sich an dieser Stelle vorstellen. „Der Anbau sollte ein Hauch von nichts sein“, findet Haas. Dieser Zwischenbau könnte auch komplett offen sein, regt er an.

Im Hinterhof, so rät Haas, „würde ich maximal aufräumen“, und nur das realisieren, was unbedingt gebraucht werde. „Es kann ein toller Ort in Konstanz werden, wenn die Rückseite ein Gesicht und nicht nur gebaute Nebenfunktionen bekommt“, ist der Gestaltungsbeirats-Vorsitzende überzeugt.

Der Hinterhof könnte ein Schmuckkästchen werden

Der Gestaltungsbeirat beglückwünscht die Bauherrschaft und das Architekturbüro „zu dem tollen Haus und dem damaligen Architekten“, wobei Martin Haas den Architekten August Knäble posthum laudiert, der das Vorderhaus konzipiert hatte, das von 1903 bis 1905 erbaut wurde. „Wir sind alle ganz neidisch“, meint Haas im Namen des gesamten Gestaltungsbeirats.

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Wenn er das Gesamtprojekt betrachtet, ist Martin Haas überzeugt: „Es ist eine einmalige Chance in einer mittelalterlichen Stadt“, die leichte Architektur der Modernde an die schwere mittelalterliche Substanz zu fügen. „Es ist ein Schatz, den Sie haben“, stellt er fest.

Dieser Schatz müsse wieder eine Selbstverständlichkeit erfahren. „Machen Sie aus dem Hinterhof ein Schmuckkästchen! Das dürfen sie“, spricht Haas dem Architekten Mut zu. Dann spricht er noch ein Kompliment aus: „Wir freuen uns auf das Projekt.“