Die Fassade des Stadler-Hauses in der Zollernstraße wird noch immer abgestützt. Augenscheinlich hat sich nichts verändert. Manche stören sich an dem Bauzaun, der die Straße in diesem Teilbereich einengt. Aber er ist nach wie vor nötig; die Einschränkungen müssen alle Anwohner auch weiterhin hinnehmen. Christian Stadler, Vertreter der Bauherrschaft, ist daran gelegen, dass trotzdem vorweihnachtliche Stimmung in der Zollernstraße aufkommt.
Eine große, etwa 30 Kilogramm schwere Discokugel mit einem Durchmesser von rund 1,20 Metern hängt in den Lüften. Künstler Markus Brenner sorgt für eine Lichtinstallation in der Adventszeit; auch der Bauzaun soll noch künstlerisch bespielt werden, „damit das Interesse der Leute, in die Zollernstraße zu kommen, geweckt wird“, erklärt Christian Stadler, denn „das Haus war ein Magnet“. Er möchte, dass „die Baustelle positiv rüberkommt“.
Die Baustellenkunst wird von ihm und den beteiligten Handwerkern und Fachplanern finanziert. Die Stromkosten für die Weihnachtsbeleuchtung in der Zollernstraße übernimmt Christian Stadler. „Die Beleuchtung hängt bei uns am Verteilerkasten der Baustelle“, so Stadler.
Warum macht er das? „Das Gebäude steht seit 120 Jahren. Wir sind ein Teil von Konstanz und fühlen uns verbunden“, sagt er. „Es ist unser Schaden, der andere in Mitleidenschaft zieht.“ Und er spricht – vielleicht auch sich selbst – Mut zu, wenn er sagt: „Wir versuchen aus dem Unglück etwas Positives entstehen zu lassen.“
Dank Einsatzkräfte, aber schlaflose Nächte
Christian Stadler ist dankbar. „Wir haben viel Glück gehabt, Dank des Einsatzes aller Einsatzkräfte.“ Der Feuerwehr hat er bereits eine Spende für die Kameradschaftspflege zukommen lassen. Die Kosten für den Wiederaufbau des Inneren des Stadler-Hauses sowie des völlig abgebrannten Hinterhauses seien noch nicht absehbar.
Wie es ihm damit geht? „Ja, man hat schlaflose Nächte, wenn man nicht weiß, was auf einen zukommt“, sagt er offen und fügt nach einer kurzen Pause an: „Wir wollen es positiv sehen. Wenn es fertig ist, dann ist es ein topaktuelles, 120 Jahre altes Haus.“
Das dürfte nach Schätzung des Architekten Christoph Bauer wohl zwei Jahre dauern. „Der Bauantrag für die Rekonstruktion des Vorderhauses ist gestellt“, sagt er. Die Genehmigung ist noch nicht erteilt, aber im Haus wird trotzdem kräftig gearbeitet, denn die Bauarbeiter sind noch immer dabei, den ausgebrannten Dachstuhl zu entkernen.
Arbeiten sind nicht risikolos
„Das Tragwerk ist bereits komplett herausgeschnitten. Die Funktion übernimmt ein statisches Gerüst. Vom Dach selbst ist nur noch die Dachhaut übrig“, schildert Christoph Bauer. Trotzdem werden an den Seiten noch einige übriggebliebene verkohlte Balken und sonstiger Brandschutt entfernt.
Das ist nicht risikolos, wie die Arbeiter sagen. Aber kein Vergleich zu den anfänglichen Arbeiten, als sie sich meterhohem Schutt gegenübersahen. „Der Dachstuhl war komplett voll mit Müll und Schutt. Stück für Stück haben sie sich vorgearbeitet“, so Bauer. Über einen Schutttunnel durch ein Fenster Richtung Hinterhof wurde das Material hinausbefördert.

„Es waren drei Ebenen im Dachstuhl“, schildert Christoph Bauer. Er zeigt auf herabhängende Reste an der Außenwand. „Die Decke hier hing am Giebel, deswegen hat sich der Giebel nach Innen bewegt“, erklärt er, warum dieser instabil wurde und abgestützt werden musste.
„Abbruch und Entkernung sind annähernd abgeschlossen“, stellt Christoph Bauer fest und fügt mit Blick in die Zukunft an: „Der Dachstuhl wird komplett mit Holz rekonstruiert.“ Mit den Arbeiten für den neuen Dachstuhl werde voraussichtlich Ende Januar 2025 begonnen.

Brandwand hat ihren Zweck erfüllt
Der westliche Teil des Vorderhauses ist kaum betroffen. Die Brandwand hat ihren Dienst erfüllt. Trotzdem ist auch dieser Bereich nicht bewohnbar. Rauchschaden habe es hier nicht gegeben, dafür aber Wasserschaden, so Bauer.
Christian Stadler steht in einem holzgetäfelten Raum im ersten Obergeschoss und sagt leise: „Das war das Büro meines Großvaters.“ Daneben ist ein etwa 150 Quadratmeter großer Raum, der vor dem Brand dem Möbelhaus Bent Sörensen als weitere Ausstellungsfläche diente.

Der Brandschaden hier ist deutlich sichtbar. Christian Stadler schaut sich um, zeigt an die Decke, wo Stuck-Ornamente auf die Verlagshaus-Geschichte des Gebäudes verweisen. „Das Herz blutet noch immer“, sagt Christian Stadler bei dem Anblick leise.
Auch der westliche Bereich, in dem das Feuer nicht gewütet, aber Wasserschaden davongetragen hat, werde ebenfalls entkernt. „Das Gebäude wird unter Einhaltung der denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen energetisch saniert und mit modernster Haustechnik ausgestattet“, kündigt Christoph Bauer an. Die Grundrisse würden sich ebenfalls ändern.

Es soll ein Perlchen werden
Christian Stadler will dieses Haus, an dem sein Herz hängt, bald wieder mit Leben füllen. Er freut sich, dass das Möbelhaus – wenn auch provisorisch während der Baustellenzeit auf kleinerer Fläche – im Erdgeschoss längst wieder öffnen konnte, gerade auch im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft.
Und in dem Saal im ersten Obergeschoss will er – sobald es aus baulicher Sicht möglich ist – Kulturveranstaltungen, wie beispielsweise Lesungen oder kleine Konzerte bieten.
Wann dies möglich sein wird, ist noch nicht absehbar; aber es ist immerhin ein Lichtstreif am Horizont. Wenn die Baugenehmigung für die Rekonstruktion des Vorderhauses erteilt ist, dann kann es mit dem Wiederaufbau richtig losgehen.
Zudem soll möglichst noch in diesem Jahr der Bauantrag für den Neubau des Hinterhauses gestellt werden, wo derzeit noch große Container mit Brandschutt stehen. Christian Stadler atmet tief durch und sagt: „Es wird wieder ein Perlchen.“