Erst wird beleidigt, dann ein Messer gezückt – und die Situation eskaliert: In der Nacht zum Sonntag, 2. Februar, sind drei junge Männer in der Konstanzer Altstadt durch Messerstiche verletzt worden. Die Tat ist seit Beginn der Woche Thema in der gesamten Stadt und darüber hinaus.
Ein 19-Jähriger erlitt bei dem Angriff in der Wessenbergstraße lebensgefährliche Verletzungen, als er von einem der Täter mit dem Messer in den Hals gestochen wurde. Ein weiteres Opfer wurde durch Messerstiche in den Bauch und in die Lunge schwer verletzt, wie der SÜDKURIER aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr. Die Verletzten seien auf dem Weg der Besserung.
Am Montag, 3. Februar, hatte die Pressestelle der Konstanzer Polizei mitgeteilt, dass Kriminalbeamte nicht wegen schwerer Körperverletzung, sondern wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermitteln. Einen Tag später wurde bekannt gegeben, dass zur Lösung des Falls und zur Ergreifung der Täter die Ermittlungsgruppe „Wessenberg“ eingerichtet wurde.
Am Donnerstagnachmittag, 6. Februar, kommt die Nachricht, die wohl viele Konstanzer aufatmen lässt: Wie das Polizeipräsidium Konstanz und die Staatsanwaltschaft Konstanz in einer gemeinsamen Pressenotiz mitteilen, ist es bereits am Vortag – also am Mittwoch, 5. Februar – zu zwei Festnahmen gekommen. Dem waren Durchsuchungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Konstanz vorausgegangen.
Zwei Männer, ein 28-jähriger Nordmazedonier und ein 24-Jähriger, der aus Albanien stammt, sind am Mittwoch um die Mittagszeit festgenommen worden. Gegen den 28-Jährigen wurde ein Haftbefehl beantragt, der auch am Donnerstag laut Polizeiangaben in Vollzug gesetzt worden ist. Der mutmaßliche Täter sitzt also hinter Gittern.
Der 24-Jährige wurde allerdings nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt. Laut Polizeiangaben soll er – nach derzeitigem Stand der Ermittlungen – keinen genaueren Tatbeitrag geleistet haben. Wie die Polizei darüber hinaus angibt, seien beide Männer zuvor nicht kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten.
Während einige Umstände in dem Fall noch im Dunkeln liegen, scheint eines klar: Die Konstanzer Kriminalpolizei und die Ermittlungsgruppe (EG) „Wessenberg“ haben beeindruckende Arbeit geleistet. Denn knapp 48 Stunden nach der Einrichtung der EG können die Ermittler bereits einen Fahndungserfolg verbuchen – und der Bevölkerung ein Stück Sicherheit zurückgeben.
„Wir wissen, dass die Tat sehr verunsichert hat“
Der kommissarische Leiter des Konstanzer Polizeipräsidiums, Uwe Stürmer, zeigte sich darüber sehr erleichtert. „Wir wissen, dass die Tat sehr verunsichert hat“, sagte er. Wenn Gewalttäter auf freiem Fuß seien, löse das immer Ängste in der Bevölkerung aus. Auch deshalb mobilisiere die Polizei in solchen Fällen immer alle verfügbaren Gruppen.

Der Ermittlungsgruppe sprach der oberste Polizeibeamte der Region ein Lob aus: „Dahinter steckt eine hohe kriminalistische Leistung“, sagte Stürmer. Er führt zusätzlich zu seinem Präsidium in Ravensburg derzeit auch das Konstanzer Präsidium, da der designierte neue Chef im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Personalaffäre derzeit freigestellt ist. Wie die Ermittler genau auf die Spur der beiden Tatverdächtigen kamen, sagte Stürmer auf Nachfrage des SÜDKURIER nicht. Er erklärte lediglich, sie seien aufgrund von Spuren und Zeugenaussagen überführt worden.
Auch im Konstanzer Fall habe sich gezeigt, dass nach Straftaten gegen Leib und Leben das Entdeckungsrisiko hoch sei – im Präsidiumsbereich wurden 2023 fast in 90 Prozent der Angriffe mit Messern die Täter überführt. Dazu seien auch Hinweise aus der Bevölkerung von großem Wert, betonte Uwe Stürmer. Oft seien es wichtige Mosaiksteine, die am Ende auch helfen könnten, Tatverdächtige zu überführen und genügend Beweise für eine Festnahme zu gewinnen. Er appellierte, sich stets an die Polizei zu wenden, wenn man etwas wisse oder beobachtet habe: „Wir gehen jedem Hinweis nach und sind dankbar dafür.“
OB Burchardt spricht den Verletzten sein Mitgefühl aus
Die Festnahmen erleichtern wohl die ganze Stadtgesellschaft, denn die Tat und die damit einhergehende Brutalität hatte unter der Bevölkerung für große Verunsicherung gesorgt. Viele zeigten darüber hinaus auf sozialen Netzwerken und gegenüber dem SÜDKURIER Anteilnahme an den Opfern und ihren Angehörigen.
Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt äußerte sich einige Tage nach der Tat am Mittwoch zu dem Gewaltverbrechen in der Wessenbergstraße: „Ich bin tief betroffen über den Messerangriff in unserer Stadt. Mein Mitgefühl gilt den Opfern, ich wünsche ihnen eine schnelle und vollständige Genesung. Ich hoffe sehr, dass die Täter schnell gefasst werden können.“ Zudem dankte Burchardt der Polizei sowie den Rettungskräften und Ärzten für ihren Einsatz und deren intensive und professionelle Arbeit.

Das Konstanzer Stadtoberhaupt richtete auch einige Worte an die Bürgerinnen und Bürger. Er appelliert: „Ich weiß um die vielen Fragen und um die Verunsicherung jetzt mitten unter uns. Es ist schwer auszuhalten, dass wir noch fast nichts wissen. Aber: Spekulationen verbieten sich, jetzt gilt es, die Ermittlungsergebnisse abzuwarten.“ Knapp einen Tag später konnte dann der Fahndungserfolg verkündet werden.
Trotzdem bleiben einige Fragen offen. So macht der leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth – ebenso wie Uwe Stürmer – auf SÜDKURIER-Nachfrage aus „ermittlungstaktischen Gründen“ beispielsweise keine Angaben darüber, wie genau die Kriminalbeamten den beiden 24 und 28 Jahre alten Männern auf die Spur kamen. Details zur Tatwaffe, und ob diese gefunden wurde, bleiben darüber hinaus ebenfalls unklar. Ferner ist bislang nicht genauer bekannt, wo im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Konstanz sich die Zugriffe ereignet haben.