Axel Hörhager ärgert sich, wenn er durch den Hörlepark in Staad spaziert. Und das tut der 74-Jährige etwa jeden zweiten Tag. „Früher war der Park naturbelassener, doch durch die Pflege-Operationen hat sich sein Charakter sehr gewandelt“, sagt der Rentner. Er bemängelt zu starke Eingriffe seitens der Technischen Betriebe Konstanz (TBK).
So schrieb Hörhager in einem Leserbrief an den SÜDKURIER: „Mir scheinen die Aufräumarbeiten im Hörlepark übertrieben. Dort soll eine Bodenseeuferzone in einem naturnahen Zustand erhalten werden, doch durch Abholzungen und millimetergenaue Rasenpflege wird sie herausgeputzt wie ein französischer Garten. Von Natur ist hier wenig übrig geblieben, die Kleintier- und Insektenwelt wird es nicht begrüßen.“
Wir treffen Axel Hörhager vor Ort und er erläutert an mehreren Stellen, was ihn stört. So wurde neben einem der Wege ein Baum gefällt, an seiner Stelle stehen nun zwei kleine Kiefern. „Die passen nicht hierher“, findet Hörhager und ist traurig, dass weitere Bäume entfernt wurden. Dann zeigt er auf die Liegewiese neben dem Spielplatz. „Dass sie gemäht wird, finde ich in Ordnung. Aber die Parkfläche daneben war früher wilder, das hat mir besser gefallen“, so der Ökonom und frühere EU-Beamte. Er geht weiter zu einer Villa neben dem Spielplatz.

„Vor dem Haus wuchs bislang sehr viel Gebüsch, aber alles ist weg“, sagt Hörhager. Auch einige Meter weiter bei einem Abhang, den Kinder bei Schneefall gern zum Schlittenfahren nutzen, weist er auf stark zurückgeschnittenes Gehölz hin. „Die modernen Maschinen sind sehr effizient, zack und weg“, klagt er. Auch findet er, dass Bäume zu radikal gestutzt werden. Dies alles führt Axel Hörhager zu einer generellen Frage: „Welches Konzept steckt hinter den Arbeiten im Hörlepark? Soll er naturbelassen bleiben oder ein Retortenpark sein?“
Ziel ist ein Landschaftspark
Das fragen wir den Experten: Andreas Hoffmann leitet bei den Technischen Betrieben die Abteilung Grünpflege und kommt ebenfalls zu einem Ortstermin. Er weiß, wie emotional Bürger auf das Thema Bäume reagieren, und schickt deshalb voraus: „Wir überlegen uns in jedem Einzelfall gut, was wir tun, und versuchen immer, Bäume zu pflegen und zu erhalten. Aber manchmal ist eine Fällung einfach unumgänglich.“

So sei es auch bei einer Fichte gewesen, bei der starke Weißfäule festgestellt worden sei. Dies habe ihre Standfestigkeit beeinträchtigt. An ihrer Stelle wachsen nun die beiden kleinen Waldkiefern. „Diese Bäume sind einheimisch, sie stehen ganz viel im Wollmatinger Ried und passen gut hierher“, erläutert Hoffmann. An anderer Stelle im Hörlepark war ein Mammutbaum abgestorben und wurde ebenfalls gefällt.
„Mammutbäume kommen aus den Rocky Mountains in den Vereinigten Staaten und brauchen sehr viel Wasser“, sagt Hoffmann. „Da reicht keine Gießkanne, sie müssen regelmäßig 3000 bis 5000 Liter bekommen.“ Andere Bäume mussten wegen Schäden durch Schneebruch entfernt werden.
„Wir haben alles mit heimischen Arten nachgepflanzt“, sagt Hoffmann. Unter anderem wachsen im Hörlepark Ulmen, Kiefern, Ahorn, Fichten, Buchen, Birken, Eichen und Nussbäume. „Das sind alles parkartige Bäume und keine Gartengehölze“, sagt der Experte und kommt auf Axel Hörhagers zentrale Frage zu sprechen: „Die Pflegemaßnahmen im Hörlepark werden in Abstimmung mit der Eigentümerin, der Hoerlé-Pahud-Stiftung, umgesetzt. Hierzu finden regelmäßige Begehungen von Stiftung und Stadtverwaltung statt, zuletzt im Frühjahr 2021. Ziel ist ein Landschaftspark mit Bäumen und Wiesenflächen.“
Grünschnitt wird liegen gelassen
Die Anlage soll also durchaus einen naturbelassenen Eindruck machen. Auch deshalb haben die TBK rund um eine Buche eine Umrandung aus Holzstämmen gebaut. Dort können Blätter liegen bleiben und zu Humus werden, sodass die Buche sich selbst mit Nährstoffen versorgt. Doch Andreas Hoffmann verdeutlicht: „Wenn wir gar nicht eingreifen, entsteht hier Wald.“

Und es breiten sich fremde, invasive Pflanzen aus – so wie vor der Villa neben dem Spielplatz. „Hier wuchs der japanische Knöterich, ein Neophyt“, erklärt Hoffmann. Solche Pflanzen, die am Bodensee keine natürlichen Feinde haben und mit dem Klima bestens zurechtkommen, würden ohne Eingreifen heimische Arten vertreiben.
„Zur Entwicklung einer biologischen Vielfalt sind sowohl starke Rückschnitte als auch selektives Bearbeiten notwendig“, sagt Hoffmann. Auch ihm ist, wie Axel Hörhager, eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt wichtig. „Deshalb mähen wir die Gräser im Juni behutsam mit einem Balkenmäher und lassen den Grünschnitt ein paar Tage liegen, damit Samen herausfallen und Insekten sich neue Plätze suchen können“, erläutert er.
Um auch anderen Tieren eine Heimat zu bieten, bleiben Gräser und Gebüsch an manchen Stellen ungeschnitten stehen. „Die Sichtschneisen vor den Sitzbänken am Ufer müssen wir allerdings freihalten“, so Hoffmann. Sonst wächst der freie Blick auf See und Alpen zu. Dann deutet er auf die ersten zarten Blätter der Narzissen, die aus dem Boden ragen: „Ich würde gern noch viel mehr Blumenzwiebeln setzen, aber sie vertragen keine Belastung.“ Im Herosépark seien einst 20.000 Zwiebeln gesetzt worden – doch im Folgejahr blühten nur noch wenige.