Herr Wnuk, in Kürze gibt es gleich mehrere Weihnachts-Specials in Ihrer Heimatstadt Konstanz. Worauf dürfen sich Ihre Fans freuen?
Das Programm ist unterschiedlich. Im Stadttheater präsentiere ich eigene Texte, auf der Insel Mainau bin ich eher Rezitator und das Programm mit der Bodensee-Philharmonie stelle ich gerade noch zusammen. Auf jeden Fall habe ich mir zum Thema Weihnachten meine Gedanken gemacht.
Wie wichtig ist Ihnen Weihnachten?
Ich empfinde Weihnachten als eher anstrengend. Ostern ist mir eigentlich lieber: keine Melancholie, aber gleich viele Feiertage. Aber in der Zeit, in der wir leben, ist es wichtig, die Geburt eines Menschen zu feiern, der sein Leben christlichen Werten verschrieben hat. Er ist ein feierwürdiger Mensch gewesen.
Haben Sie den Eindruck, dass Werte verloren gehen?
Die Gesellschaft hat sich verändert, vor allem nach der Pandemie. Es geht mehr um Mein-Dein-Bereich und weniger um die Wir-Gesellschaft, das fällt immer mehr auf.
Gehen die Menschen nicht mehr nett und freundlich miteinander um?
Ich habe den Eindruck, die kommunikative Toleranz ist auf dem Tiefpunkt.
Meinen Sie mit mangelnder Toleranz, dass manche Menschen sich nicht mehr trauen, im persönlichen Kontakt ihre Meinung zu sagen?
Mich nerven Leute mit ihrem „Man darf ja nichts mehr sagen“. Natürlich kannst du alles sagen. Vielleicht muss man nur genauer überlegen, wie man es sagt. Die sozialen Netzwerke scheinen völlig aus dem Ruder gelaufen zu sein. Die Anonymität setzt diabolische Kräfte frei.
Da frage ich mich immer: Muss man immer eine Meinung zu allem haben und muss man die immer mitteilen? Die Leute sollten eher lernen, zuzuhören und offen für eine Streitkultur zu sein, was nichts mit Zanken zu tun hat. Zanken ist persönlich, wo man in aggressiver Form auf seinem Standpunkt beharrt. Streitkultur hingegen hat mit Kultur zu tun; man diskutiert kontrovers über ein Thema, hinterher trinkt man zusammen ein Bier und geht letztlich klüger aus dem Gespräch heraus.
Geht es bei Ihren Auftritten in Konstanz auch um Werte?
„Wnuk denkt laut und liest was vor“, ist ein Abend, den ich aus Texten meiner losen Kolumne für die Frankfurter Rundschau zusammengestellt habe. In der Spiegelhalle wird es viel um Heimat, Herkunft und Werte gehen; ein persönlicher und autobiografischer Abend mit Anekdoten beim vom Filmdreh, Gedanken zum Glauben, Erziehung, Weihnachten und vieles mehr. 90 Minuten Wnuk, authentisch und transparent.
Am Theater Konstanz hat Ihre Karriere eigentlich begonnen. Was verbindet Sie mit der Spiegelhalle?
Vor 30 Jahren haben wir dort den Jugend-Club gegründet und den Spielort eröffnet. Am Stadttheater durfte ich mich ausprobieren. Dort habe ich so viele Menschen kennengelernt, die ich bewunderte, und mir damals dachte, so würde ich mir mein Leben auch vorstellen: Wir sitzen in der Seekuh zusammen und reden über die Vorstellung, die wir gerade gegeben haben. Dass ich das sprengen durfte, damit habe ich nicht gerechnet.
Welche persönliche Verbindung haben Sie zur Insel Mainau?
Die Insel Mainau war schon in meiner Kindheit Ausflugsziel; und Gräfin Bettina und ich sind fast derselbe Jahrgang. Auch durch die Mentor-Stiftung, für die ich mich als Botschafter engagieren darf, kam eine weitere Bindung zustande. Eindrücklich und sehr inspirierend sind für mich auch die Begegnungen mit Ihrer Majestät Königin Silvia von Schweden, die die Mentor-Stiftung vor über 25 Jahren gründete und damit international aktiv ist.
Wie sind Sie mit der Bodensee Philharmonie zusammengekommen?
Im Jahr 2019 gab es das Heimatprojekt der Philharmonie, bei dem 600 Konstanzer mitgemacht haben. Ich durfte mitschreiben und auch auf der Bühne mitwirken. Die Kinder und Jugendlichen haben mich an mich selbst erinnert. Es geht nicht allein um die Aufführung, sondern um das soziale Erlebnis, zusammen etwas zu schaffen. Solche Erinnerungen werden ein Leben lang begleiten und vielleicht etwas auslösen. Aber hoffentlich werden sie nicht Schauspieler.
Wieso raten Sie von dem kreativen und gleichsam für eine Gesellschaft wichtigen Beruf ab?
Es wird immer schwieriger, das Interesse der Zuschauer zu gewinnen, die gewillt sind, für Kultur Geld auszugeben. Auch die Fernsehsender müssen sparen und streichen einiges. Es gibt viele Schauspieler, aber immer weniger Jobs. Dazu kommt noch die Altersfrage. Als Frau mit Anfang 40 wird es schwierig. Die Märkte werden spitzer und enger.
In Konstanz wurde und wird wohl wieder in Anbetracht der leeren Stadtkasse über Streichung oder Schließung von Kultureinrichtungen diskutiert. Leisten diese nicht aber Wesentliches für die Bildung und befördern das kritische Denken?
Man darf über Streichungen nachdenken und diskutieren. Es gibt keinen heiligen Schutzwall. Theater ist verpflichtet, wirtschaftlich zu denken, in dem es ein breites Publikum anspricht, um die Ränge voll zu bekommen. Bezüglich Bildung und Wertevermittlung leisten die Kultureinrichtungen sehr viel. Wichtig ist also, schon Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, wie schön es ist, Kultur live und miteinander zu erleben. Man muss also ein Bedürfnis bei den Menschen schaffen, doch die müssen auch die finanziellen Mittel und den geistigen Freiraum haben, das zu nutzen.
Welche Werte sind Ihnen wichtig?
Werte verändern sich immer wieder mal im Laufe des Lebens. Es ist wichtig, zu wissen, welche Grundwerte man hat. Sie sind eine gute Entscheidungshilfe. Mein Hauptwert? Verbundenheit.