Knapp zwei Monate ist es her, dass dem Cybercrime-Zentrum der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, Kräften des Polizeipräsidiums Konstanz und einem Spezialeinsatzkommando (SEK) ein spektakulärer Schlag in der Region gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern gelang. Über den Zugriff, bei dem Beamte eines SEK einen Mann aus Südbaden festnehmen konnten, berichtete der SÜDKURIER bereits.
Der Mann, der laut der Deutschen Presse-Agentur zum Zeitpunkt der Festnahme 52 Jahre alt gewesen sein soll, steht im Verdacht, den sexuellen Missbrauch eines auf den Philippinen lebenden Mädchens im Alter von zwölf Jahren in Auftrag gegeben zu haben. Gegen Zahlung von Geldbeträgen habe er per Livestream die Tat mitverfolgt sowie diese angeleitet haben.
Die Tat – in Ermittlerkreisen spricht man von „Live distance child abuse“ (deutsch: Live-Missbrauch von Kindern aus der Ferne) – soll sich bereits im Jahr 2017 ereignet haben. Der Tatverdächtige wurde am 5. April 2025 festgenommen. Er wurde auf Grundlage eines vom Cybercrime-Zentrum erwirkten Hafthaftbefehls, unter anderem wegen des Tatverdachts des schweren sexuellen Missbrauchs in kinderpornografischer Absicht, in die Untersuchungshaft einer Justizvollzugsanstalt gebracht.
Die Generalstaatsanwaltschaft gibt weiterhin nur wenige Informationen nach außen. So grenzt sie auf SÜDKURIER-Nachfrage die Örtlichkeit des erfolgten Zugriffs lediglich auf den „Bezirk des Polizeipräsidiums Konstanz“ ein. Dieser umfasst die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen und Rottweil.
Nähere Auskünfte kann die Behörde laut eigenen Angaben auch auf nochmalige Nachfrage nicht erteilen, „zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen sowie aus Rücksicht auf die andauernden Ermittlungen“. Was die Örtlichkeit angeht, so hat sich der Einsatz, bei dem der Tatverdächtige festgenommen wurde, nach gesicherten SÜDKURIER-Informationen im Raum Konstanz zugetragen.
Datenträger werden noch ausgewertet
„Der Beschuldigte ist weiterhin tatverdächtig und befindet sich in Untersuchungshaft“, teilt Florian Sommer von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe aber auf Nachfrage mit. Bei dem polizeilichen Zugriff hat es auch weitere Durchsuchungen in der Wohnung sowie den Geschäftsräumlichkeiten des Mannes gegeben. Dabei wurden laut Angaben der Generalstaatsanwaltschaft diverse elektronische Speichermedien gefunden. „Bei der Durchsuchung wurden eine Reihe von Datenträgern beschlagnahmt, deren Auswertung noch andauert“, teilt Sommer dazu mit.
Wie es zuvor in einer von den beteiligten Behörden gemeinsam veröffentlichten Pressemitteilung hieß, wurde der damals 52-Jährige im Zuge der Razzia Anfang April verletzt. Auch hier macht die Generalstaatsanwaltschaft keine genaueren Angaben. Wie aus Ermittlerkreisen aber zu hören war, soll der Mann dabei verletzt worden sein, als die zuständigen Spezialeinsatzkräfte beim Zugriff eine Scheibe zerstörten, um in die betroffene Liegenschaft einzudringen.
Auf die Schliche gekommen waren die Experten des Cybercrime-Zentrums dem Tatverdächtigen durch beschlagnahmte Geräte im Ausland: Der Festnahme im Raum Konstanz waren zuvor Ermittlungen gegen die organisierte Kriminalität auf den Philippinen vorausgegangen. Dabei konnte ein pädokriminelles Netzwerk von den dortigen Strafverfolgungsbehörden zerschlagen werden. Ein dort lebender Mann hatte gegen Bezahlung Live-Übertragungen von schweren sexuellen Missbrauchshandlungen im Internet angeboten. Die Opfer: Kinder im Alter zwischen zwei und dreizehn Jahren.
Nicht die einzige Festnahme
Zuletzt gab es in Deutschland und auch im Ausland immer wieder Festnahmen wegen ähnlicher Taten und auch anschließende Gerichtsprozesse. „Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, CCZ BW, führt derzeit mehrere Verfahren wegen Tatvorwürfen des ‚Live distance child abuse‘, die zum Teil in Zusammenhang mit den philippinischen Ermittlungen stehen, es gab jedoch keine weitere Festnahme im Raum Südbaden“, teilt Florian Sommer dazu mit.
Kürzlich wurde allerdings ein 53-jähriger Verdächtiger aus Franken festgenommen, der über mehrere Jahre sexuellen Kindesmissbrauch auf den Philippinen beauftragt haben soll, darüber informierte die Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg Anfang Juni. Darüber hinaus wurde vor Kurzem ein 56-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis wegen eines ähnlichen Delikts vom Landgericht Ulm zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Im Ausland haben die beteiligten Personen in der Regel weitaus höhere Strafen zu befürchten. So wurde zuletzt in den Vereinigten Staaten ein Mann wegen ähnlicher Verbrechen zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Auch auf den Philippinen haben die ausführenden Mittelsmänner empfindliche Strafen bis zu lebenslanger Haft, was dort Freiheitsstrafen von 20 bis 40 Jahren umfassen kann, zu erwarten.