Ein Schild des Maklerbüros Engel und Völkers steht seit kurzem im Garten am Renkenweg 3. Dort wollte der Hagnauer Architekt Levent Kurtulus eigentlich elf Wohnungen und eine Physiotherapiepraxis errichten, die sein Sohn und seine Schwiegertochter betreiben wollten. Die Baugenehmigung ist erteilt, die Bagger sollten im vergangenen Jahr anrollen, so der Plan des Bauherrn.

Doch seitdem herrscht Stillstand. Hängt das damit zusammen, dass einige Anwohner sich gegen die Pläne gestellt hatten? Erst sammelten sie nach eigenen Angaben rund 170 Unterschriften, um sie bei Oberbürgermeister Uli Burchardt einzureichen. Als das nichts half und die Stadt die Baugenehmigung trotzdem erteilte, drohten sie mit einer Klage gegen das Baurechtsamt.

(Archivbild) Rainer und Marieluise Sefrin, Danuta Hetmanski, Friedemann Taut, Ulrike Gass und Raimund Müller (von links) ärgern sich, ...
(Archivbild) Rainer und Marieluise Sefrin, Danuta Hetmanski, Friedemann Taut, Ulrike Gass und Raimund Müller (von links) ärgern sich, dass im Renkenweg 3 ein Neubau genehmigt wurde, der aus ihrer Sicht zu groß ist und zu viel Fläche versiegelt. Hinter ihnen ist das alte Haus zu sehen, das abgerissen wird. | Bild: Kirsten Astor/SK-Archiv

Denn das Vorhaben ist den Anwohnern zu voluminös. „Auf dem Grundstück steht ein Bauprojekt an, das in seinen raumgreifenden Dimensionen und in seiner Rücksichtslosigkeit gegenüber Natur, Umwelt und den Gegebenheiten der Nachbarschaft bei Weitem alles übersteigt, was wir uns hätten vorstellen können“, schrieben sie an Burchardt.

Außerdem kritisierten sie, dass zwei große Bäume schon gefällt wurden und weitere dem Neubau weichen sollen. Gleichzeitig fürchten sie um ihre eigenen Bäume, deren Wurzeln durch eine Baustelle mit Tiefgarage leiden könnten.

(Archivbild) Diese beiden großen Bäume, eine Kiefer und eine Fichte, stehen noch auf dem Grundstück am Renkenweg 3. Die Anwohner ...
(Archivbild) Diese beiden großen Bäume, eine Kiefer und eine Fichte, stehen noch auf dem Grundstück am Renkenweg 3. Die Anwohner befürchten, dass sie noch gefällt werden sollen, so wie schon zwei weitere Bäume. | Bild: Kirsten Astor

Auch die Parkplatzsituation im Quartier verschärfe sich durch den Neubau weiter, denn der Bauherr plane nur acht Stellplätze für elf Wohnungen plus Praxis, monierten die Anwohner vor über einem Jahr. Passiert ist seitdem nichts Sichtbares.

Was steckt dahinter?

Friedemann Taut, einer der Betroffenen, wundert sich jedenfalls über das Verkaufsschild auf seinem Nachbargrundstück. Er fragt sich, ob Levent Kurtulus nun doch keine Lust oder kein Geld mehr hat, sein Projekt umzusetzen. Oder ob der Widerspruch der Nachbarn Erfolg hatte?

Friedemann Taut wurde Anfang Juli 2024 vom Regierungspräsidium Freiburg darauf hingewiesen, dass sich die Bearbeitung des nachbarschaftlichen Widerspruchs wohl verzögern werde. „Ich habe kürzlich nochmal nach dem Stand der Dinge gefragt, bislang ohne Erfolg“, sagt er.

Aufklärung bringt eine Nachfrage bei Engel und Völkers. Sven Schäfer, geschäftsführender Gesellschafter der Bodensee-Filialen, sagt: „Wir sind beauftragt, das bestehende Grundstück mit dem Altbestand zu verkaufen, wie es steht und liegt. Was ein zukünftiger Käufer damit macht, ist heute noch nicht klar.“

„Wir sind beauftragt, das bestehende Grundstück mit dem Altbestand zu verkaufen, wie es steht und liegt“, sagt Sven Schäfer, ...
„Wir sind beauftragt, das bestehende Grundstück mit dem Altbestand zu verkaufen, wie es steht und liegt“, sagt Sven Schäfer, Geschäftsführer von Engel und Völkers in Konstanz. | Bild: Steinert, Kerstin

Die Baugenehmigung bleibe bestehen. „Ob sie jedoch verwirklicht wird, ist nach aktuellem Stand unklar. Vielleicht kauft das Grundstück auch eine Familie und baut ein Einfamilienhaus darauf.“ Die Käuferin oder der Käufer müsste laut Sven Schäfer 1,66 Millionen Euro auf den Tisch legen.

Bemerkenswert: Der Verkäufer stammt aus der erweiterten Familie von Levent Kurtulus. Warum erhält der Hagnauer den Grund und Boden nun vielleicht doch nicht? Gibt es familiäre Unstimmigkeiten? „Nein, gar nicht“, so Kurtulus. „Mein Plan ist weiterhin, dort die elf Wohnungen zu bauen, aber mir fehlt das nötige Geld, weil das Grundstück sehr teuer ist. Und ich darf nicht die ungebauten Wohnungen vermarkten und verkaufen, um an Geld zu kommen, wenn mir das Grundstück nicht gehört.“

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Die zweite Möglichkeit, die nötige Summe zu erhalten, wäre ein Kredit. „Aber knapp zwei Millionen Euro haut keine Bank einfach so raus“, sagt Levent Kurtulus und ergänzt: „Die meisten Banken tun sich auch schwer mit meinem Alter. Ich bin aber kurz vor dem Abschluss von Verhandlungen mit einem Kreditinstitut, das sich daran nicht so stört“, sagt der 72-Jährige. Er hofft, dass er das Geld rechtzeitig erhält, bevor jemand anderes zuschlägt.

„Geld ist richtig teuer geworden“

Dann will er die elf Wohnungen für 10.000 bis 12.000 Euro pro Quadratmeter verkaufen. „Inklusive Grundstück, Baukosten, Zinsen und Notar ist man schnell bei Herstellungskosten von 8000 Euro pro Quadratmeter“, sagt der Architekt.

Er weiß, dass sich nicht jeder eine 50-Quadratmeter-Wohnung für 600.000 Euro leisten kann. „Das Problem ist, dass Geld so teuer geworden ist. Selbst Leute mit 100.000 Euro Jahreseinkommen bekommen nicht mehr so leicht eine Finanzierung“, sagt Kurtulus.

(Archivbild) Blick von oben auf das Grundstück am Renkenweg 3 in Staad. Darum herum befindet sich eine aufgelockerte ...
(Archivbild) Blick von oben auf das Grundstück am Renkenweg 3 in Staad. Darum herum befindet sich eine aufgelockerte Mehrfamilienhausbebauung auf großzügigen Grundstücken. Dabei wechseln sich Gebäude mit Sattel- und Flachdächern ab, die zwei bis drei Vollgeschossen hoch sind. | Bild: Kirsten Astor/SK-Archiv

Dass die Anwohner ihn als „profitmaximierenden Immobilienentwickler ohne Skrupel“ bezeichneten, sieht Levent Kurtulus gelassen: „Ich wollte die Praxis für meinen Sohn und seine Schwiegertochter bauen und darüber hinaus dringend benötigten Wohnraum schaffen. Ich bin überhaupt nicht geldgierig, das habe ich mit 72 Jahren nicht mehr nötig.“

Auf die Praxis würde er aber nun verzichten, falls er rechtzeitig die nötige Summe für das Grundstück zusammenbekommt. Sein Sohn und dessen Frau möchten doch weiterhin in ihren bestehenden Räumen bleiben.

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Auch den Vorwurf der Nachbarn, er nehme keine Rücksicht auf Bäume und Natur, lässt Levent Kurtulus nicht gelten: „Es soll ein ökologisches Holzhaus werden, kein Betonklotz. Außerdem möchte ich ein Carsharing-Auto für die späteren Bewohner zur Verfügung stellen.“

Ob die Rechnung aufgeht, wagt Friedemann Taut zu bezweifeln: „Wer so viel Geld für ein kleines Appartement ausgibt, hat auch ein Auto und will es parken“, glaubt er. Zumal sich die Parkplatzsituation ohnehin in letzter Zeit verschärft habe, seitdem die Stadt gegenüber von Renkenweg 3 und 5 ein Parkverbot verhängte. „Vermutlich, weil für Müllabfuhr und Rettungsfahrzeuge die Durchfahrt in der engen Straße gewährleistet sein muss“, so Taut.

„Wer so viel Geld für ein kleines Appartement ausgibt, hat auch ein Auto und will es parken“, glaubt Anwohner Friedemann Taut.
„Wer so viel Geld für ein kleines Appartement ausgibt, hat auch ein Auto und will es parken“, glaubt Anwohner Friedemann Taut. | Bild: Kirsten Astor

Levent Kurtulus sieht sich unterdessen im Recht, was Bauvolumen und Gestaltung angeht: „Ich bin ja nur kreativ unterwegs und habe mich an die Landesbauordnung gehalten“, sagt er und schiebt hinterher: „In den südlichen Ländern hilft man sich gegenseitig, wenn jemand baut. In Deutschland ist es genau das Gegenteil.“