Kaffee ist in den vergangenen Jahren zum Lifestyle-Produkt avanciert, die Maschinen-Hersteller versuchen, mit immer neuen Konzepten in die Küchen der Kunden zu drängen und der Absatz von Siebträgermaschinen im Heimbereich steigt seit Jahren. Klar, wer trinkt schließlich nicht gerne guten Kaffee?

Das Problem: Für sehr guten Espresso – vor allem aus einer Siebträgermaschine – benötigt man entweder eine Barista-Ausbildung oder muss gewillt sein, daraus ein zeitintensives (und teures) Hobby zu machen. Doch selbst dann hat man keine Garantie, dass der Espresso zu Hause so gelingt wie am italienischen Autogrill auf dem Weg in den Sommerurlaub.

Kaffee mit „Gelinggarantie“

Genau diese „Gelinggarantie“ macht das Team um die drei Geschäftsführer Dominik Maier, Marius Kütemeyer und Markus Unger, die gemeinsam das Unternehmen Next Level Coffee mit Sitz in Konstanz gegründet haben, zu ihrem Versprechen. Ähnlich wie bei einem Tesla oder einem Apple-Produkt liegt die Innovation hier nicht nur bei der Hardware, sondern vor allem auf der Software beziehungsweise dem Zusammenspiel in einem gemeinsamen Ökosystem. Ihr Konzept nennen sie „Nunc“ (lateinisch für „in dem Moment“).

So sieht eine Nunc-Siebträgermaschine nebst Mühle aus. Das Design ist minimalistisch, Bedienelemente gibt es nur wenige, hauptsächlich ...
So sieht eine Nunc-Siebträgermaschine nebst Mühle aus. Das Design ist minimalistisch, Bedienelemente gibt es nur wenige, hauptsächlich interagiert der Nutzer mit dem Touch-Display über der Brühgruppe. Dort kann er auch direkten Einfluss auf die Stärke oder Schwäche sowie die Fruchtigkeit oder die Schokoladigkeit seines Getränks nehmen. | Bild: Ines Janas – WESUM GmbH

Die Geschichte beginnt vor einigen Jahren, als sich die drei Kaffee-Enthusiasten in Konstanz kennenlernen. Schnell wird eine Idee geboren: Wie kann jeder zu Hause Kaffee in Barista-Qualität genießen, ohne einer sein zu müssen. „Wie kann man guten Kaffee zu Hause zugänglich machen? Wir fanden es seltsam, dass das nicht gelöst ist“, sagt Dominik Maier im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Also sind wir auf die Reise gegangen.“

Die drei, die aus verschiedenen Branchen kommen, gründen im Februar 2021 in Konstanz neben ihren eigentlichen Jobs das Unternehmen Next Level Coffee. Sie betreiben Marktforschung, sprechen mit 100 Experten aus unterschiedlichen Branchen, testen mit bestehenden Siebträgermaschinen, melden erste Patente an und bauen Versuchsmodelle.

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Mittlerweile ist es nicht bei Markus Unger, Marius Kütemeyer und Dominik Maier geblieben. Inzwischen hat das junge Unternehmen knapp 20 Mitarbeiter aus den verschiedensten Bereichen wie Ingenieurwissenschaften, Kaffeewirtschaft und Produktion. Next Level Coffee besteht dabei als „Full Remote“-Firma – neudeutsch bedeutet das den vollen Verzicht auf die Präsenz der Mitarbeiter an einem Ort. Die Angestellten sitzen dabei in Hamburg, München, Zürich oder an einem anderen Ort auf der Welt.

Doch wie genau funktioniert das Konzept? Laut Dominik Maier ist der Barista in die „Nunc“ eingebaut. Das funktioniert mit Software und einem ganzheitlichen, miteinander kommunizierenden System aus Mühle, Siebträgermaschine, einer App, einem Bedien-Konzept mit Display und auch des eigenen Kaffees. „Im Kern ist Next Level Coffee damit ein datengetriebenes Coffee-Tech-Unternehmen und verfügt über eine intelligente Software-Plattform mit skalierbaren Data Analytics-Werkzeugen, die auch Algorithmen der Künstlichen Intelligenz nutzt“, so die Verantwortlichen.

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Abomodell für eigenen Kaffee

Die Idee dabei ist, dass die Käufer ihren Kaffee auch von Next Level Coffee beziehen – nur so sei die „Gelinggarantie“ durch die Technik, die die verschiedenen Variablen wie beispielsweise Brühdruck, Temperatur, Mahlgrad und Kaffeemehlmenge smart anpassen, auch gegeben. Zwar erlaubt es die Maschine und die Mühle in einem „Pro-Mode“ auch anderen Kaffee zu verwenden, richtig vorgesehen ist das allerdings eher nicht.

Stattdessen will das Team seinen eigens gerösteten Kaffee – aktuell gibt es sieben Sorten – in kompostierbaren 120 Gramm Dosen versenden. Damit garantiert man die Frische. Der Kilopreis liege dabei bei mindestens 25 Euro und damit deutlich über dem Preis von Supermarkt-Espresso. Auch noch teurere Sorten gibt es bei dem jungen Unternehmen. Zudem ist ein Abomodell geplant, das auf das Nutzungsverhalten des jeweiligen Käufers abgestimmt werden kann – denn die Daten, die die Maschine erhebt, können auf Wunsch vom Unternehmen ausgewertet werden. Mit ständigen Updates soll das „lernende System“ immer besser werden.

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Damit werden Kunden beim Kauf der „Nunc“ auch ein Stück weit an das System gebunden. Ein Umstand, den Verbraucherschützer in vergleichbaren Fällen immer wieder auch kritisieren. Für die Hersteller ist es dagegen lukrativ, weil sie nicht nur einmal beim Verkauf einer Maschine verdienen können, sondern dauerhaft beim Verbrauchsmaterial.

Bei „Nunc“ ist das zumindest dann so, wenn die Kunden wollen, dass alles reibungslos und wie vom Hersteller erdacht funktioniert. Für die Geschäftsführer gehört das allerdings zum Konzept: Sie versichern, ihre Ware aus fairen Handelsbedingungen und nachhaltig zu beziehen, haben Kontakte in die Herstellungsländer und möchten den dortigen Kaffeebauern „auch etwas zurückgeben“. Das kann schlussendlich sogar der Kunde selbst tun, indem er an seiner Maschine Trinkgeld geben kann. Dieses solle direkt zu den Farmern fließen, so Markus Unger, der zwölf Jahre in Südamerika verbracht hat. „Wertschätzungskette“, nennen er und Dominik Maier das.

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Wer im Hintergrund Next Level Coffee hauptsächlich finanziert, dazu halten sich die Verantwortlichen eher vage. Die eine Hälfte finanziere sich durch „Business Angels“, sprich Investoren, die nicht nur mit Geld unterstützen, sondern junge Unternehmen auch beraten. Die andere Hälfte der Kapitalspritzen komme von institutionellen Investoren, unter anderem einem „finanzstarken Weltmarktführer aus der Kaffeebranche“.