Es ist ein Traum, für den in Konstanz scheinbar aktuell das Geld fehlt: Alle Grundschüler lernen in ihrer Schulzeit schwimmen. Das war vor längerer Zeit bereits ein Vorstoß der Verwaltung, die gemeinsam mit dem Schwimmverein Sparta das Projekt Grundschulschwimmen auf die Beine stellen wollte.
Im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) wurde kürzlich diskutiert, ob und wie das Projekt realisiert werden soll. Am Ende kam man zu dem Schluss, das „wertvolle Projekt“ – wie Kultur- und Sozialbürgermeister Andreas Osner es nannte – erst einmal auf die lange Bank zu schieben.
Keiner möchte, dass Kinder ohne Schwimmgrundlagen baden
Dabei war man sich im Grundsatz einig: Kein Konstanzer und schon gar niemand, der selbst Kinder hat, möchte, dass ein Kind im See ohne gute Schwimmgrundlagen baden geht. Doch für die Grundschulen und deren Lehrkräfte scheint es schwer, das Vorhaben allein zu stemmen: Zu unterschiedlich sind die Kenntnisse der Schüler, zu groß die Klassen und zu wenig ausreichend qualifizierte Lehrkräfte gibt es.
Deshalb war das Amt für Bildung und Sport auf den Schwimmklub Sparta zugekommen. Dieser hatte daraufhin ein Konzept entwickelt. Dieses sah vor, dass vier hauptamtliche Schwimmtrainer vormittags in den Konstanzer Bädern parat stehen, und den Lehrern zur Hand gehen – insbesondere bei den jungen Nichtschwimmern. Die Kosten des Projekts lagen laut der Sitzungsvorlage bei 630.000 Euro bei einer Laufzeit von fünf Jahren, die jährliche Summe betrug knapp 140.000 Euro.
Kosten und Zuständigkeit sind die Probleme
Viele Mitglieder des HFA sahen es wie Dorothee Jacobs-Krahnen: „Hier in Konstanz, am See, am Seerhein, da müssen Kinder schwimmen können“, sagte sie. „Wenn nur ein Kind hier verunglückt, machen wir uns die größten Vorwürfe. Wir dürfen die Kleinsten nicht aus dem Auge verlieren.“ Sie plädierte ihrerseits dafür, die finanziellen Mittel für die kommenden drei Jahre bereit zu stellen.
Zur Diskussion kamen dann allerdings auch die Zuständigkeiten von Land und Kommune. So ist schwimmen lernen eigentlich Teil des Lernplans, somit ist das Land verantwortlich. Jacobs-Krahnen sehe allerdings, dass Lehrkräfte am Anschlag seien und dies nicht leisten könnten. Wenn man die Möglichkeit habe, dass ein Verein auf kommunaler Eben mithelfe, solle man das unterstützen. „Wir können bei der Gesundheit der Kinder nicht sparen.“ Günter Beyer-Köhler von der Freien Grünen Liste schloss sich dem an.
Wäre das Projekt nicht Landessache?
Roger Tscheulin und Wolfgang Müller-Fehrenbach (beide CDU) sahen es wiederum so, dass nicht einfach die Stadt als Schulträgerin die Personalkosten des Landes schultern sollte. Das machte die Fraktion auch nochmals in einer Stellungnahme klar. „Vielmehr muss nun alles versucht werden, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird“, war darin zu lesen. „Es ist nicht akzeptabel, dass die Stadt die Verantwortung des Landes einfach ausblendet und einen Beitrag von jährlich 140.000 Euro einsetzen möchte, um den berechtigten Anliegen, nämlich den Sorgen der Eltern zu begegnen.“ Damit erwecke man den Eindruck, dass der Schulträger bei „Unterrichtsausfällen eigenes Lehrpersonal einstelle“.
Auch Christian Koßmehl sprach sich für die Freien Wähler gegen das Vorhaben aus: „Die Stadt Konstanz kann es sich nicht leisten, Dinge zu bezahlen, die Sache des Landes sind.“ Sein Parteikollege Jürgen Faden schloss sich an. Jan Welsch von der SPD sagte wiederum, es sei beschämend, was „das Land da abziehe.“ Er brachte aber außerdem noch ein ganz anderes Thema vor, nämlich ob die Schwimmbäder im Herbst und Winter anlässlich der Energie-Krise überhaupt geöffnet bleiben könnten und ob man dann überhaupt mit dem Projekt starten könnte.
Das Projekt wird vorerst auf Eis gelegt
Nachdem die Entscheidung über das Projekt im Bildungsausschuss vertagt wurde, um im Haupt- und Finanzausschuss nochmals neu diskutiert zu werden, wurde jedoch nun auch hier keine klare Entscheidung gefällt. Kurzzeitig war wohl sogar laut Ursula Klaußner vom Schwimmklub Sparta geplant, das Projekt nochmals in den Gemeinderat einzubringen. Doch wie Mandy Krüger, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, am Dienstag angibt, wurde es nicht auf die Tagesordnung für die kommende Sitzung gesetzt.
Wie es also aussieht, ist das Projekt somit vorerst Geschichte – zumindest für das Schuljahr 2022/23. So ist man bei folgendem Beschluss geblieben: „Die Verwaltung nimmt den Arbeitsauftrag auf, das Gesamtkonzept mit Blick auf weitere Finanzierungsmöglichkeiten nochmals zu überarbeiten und zum Ende des Jahres für den Doppelhaushalt 2023/24 neu vorzulegen.“ Im Winter möchte man also erneut über das Projekt beraten.
Schwimmklub sieht ungenutzte Chance
Die Verantwortlichen vom Schwimmklub Sparta sind enttäuscht über den Beschluss. Dieser sei „Zeitverschieberei“, so Alexander Klaußner vom Schwimmverein Sparta. Man rechne nicht damit, dass ein verlässlicher Beschluss Ende des Jahres ergeht. Und ohnehin: „Ich sehe nicht die Chance, dass wir Ende des Jahres kurzfristig Personal finden“, so Klaußner, der im Vorstand des Vereins ist und vor allem die Entwicklung von Sparta und für Sonderprojekte zuständig ist. Schlimmer noch: „Ich habe massive Zweifel, wenn das innerhalb des Schuljahres umgesetzt werden soll.“ Man besitze außerdem keinerlei Planungssicherheit.
Denn jetzt gerade sei die Gelegenheit für das Projekt, es seien Strukturen da und „wir haben die besten Voraussetzungen in einer neuen Infrastruktur alles aufzubauen“. Die Chance der Stadt, sich als eine Stadt am See positiv zum Schulschwimmen zu positionieren, bliebe ungenutzt. Ob die Situation im nächstes Jahr anders sei, wisse man nicht.
Auch von einer vorübergehenden AG für besonders bedürftige Schulkinder, die für Beginn des Jahres 2023 als Übergangslösung vorgelegt werden soll, hält man nicht viel. Ursula Klaußner als auch ihr Sohn haben dabei die Sorge, dass dabei genau die Kinder durchs Raster fallen würden, die die Hilfe am dringendsten benötigten. Alexander Klaußner hält diese AG hinsichtlich Bäderbelegung, Lehrkräften und im Bezug auf Mittel aus Fördertöpfen darüber hinaus vor allem für eines: unrealistisch.