Messerstecherei mit anschließender Notoperation, Körperverletzung in der Schottenstraße und Auseinandersetzungen mit gezücktem Messer in der Seestraße: Wenn man die Polizeimeldungen der vergangenen Tage liest, könnte der Eindruck entstehen, dass die Gewaltbereitschaft nach dem Lockdown in Konstanz steigt.
Die These klingt logisch: Viele Menschen wollen nach Monaten zu Hause nun raus – und mancher auch rauslassen, was sich seit Beginn der Pandemie angestaut hat. Wenn dann noch Alkohol ins Spiel kommt, könnte dies eine explosive Mischung ergeben. Aber ist die Zahl der Straftaten oder Gewaltdelikte seit den Lockerungen in Konstanz gestiegen? Und wie bewertet die Polizei Konstanz die jüngsten Entwicklungen?
Zahl der Gewaltdelikte aktuell geringer als vor Corona
Uwe Vincon, Pressesprecher der Polizei Konstanz, widerspricht diesem Eindruck. „Momentan ist die Zahl der Polizeieinsätze und der Vorfälle noch immer geringer als während des Alltags vor Corona“, sagt er auf SÜDKURIER-Anfrage. „Es ist nicht so, dass von den Leuten aufgeholt wird, was ein Jahr lang brachlag.“

Zwar werde das öffentliche Leben wieder hochgefahren und damit steige die Zahl von Verkehrsunfällen, Streitigkeiten in Verbindung mit Alkohol und Gewaltdelikten. Dass es bei höheren Temperaturen aber zu mehr Straftaten komme, sei normal und auch vor der Pandemie so gewesen, erklärt Vincon. „Solche Delikte kommen vor, wenn das Wetter im Frühsommer gut wird und sich die Gesellschaft ins Freie verlegt. Dann sinkt bei einigen auch die Hemmschwelle.“
„Wir sind nicht in der Situation wie zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2019“
Bislang lägen zwar keine konkreten Zahlen zu den vergangenen Wochen vor, sagt der Pressesprecher. Insgesamt sei in Konstanz und im Bodenseegebiet die Zahl der Gewaltdelikte nach dem Lockdown aber „überaus niedrig“, so die Einschätzung von Uwe Vincon.
Ein Vergleich zu Zahlen der Kriminalstatistik des Jahres 2020 sei aufgrund des vorangegangenen ersten Lockdowns nicht zielführend. Vincon nimmt daher das Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie zum Vergleich und sagt: „Wir sind nicht in der Situation wie zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2019.“
Bis die Zahlen in Konstanz wieder zum Niveau wie vor der Pandemie zurückkehren, könne einige Zeit verstreichen, sagt Vincon. „Aktuelle Corona-Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und das Verbot von Großveranstaltungen reduziert noch einiges“, sagt er.
Ende der Maßnahmen könnte Zahlen steigen lassen
Wenn aber Konzerte oder Großveranstaltungen, wie beispielsweise das Seenachtfest, wieder stattfinden, werde die Lage für die Beamten deutlich herausfordernder. Und wenn die Bevölkerung durchgeimpft sei und Diskotheken wieder öffnen, sei davon auszugehen, dass die Zahl der Vorfälle wieder steigt auf ein Niveau von vor der Corona-Pandemie, so der Polizeisprecher.