Es ist nicht mehr als eine Verschnaufpause. Für Stadtkämmerer Ulrich Schwarz jedenfalls besteht trotz sehr guter Quartalszahlen zur Konstanzer Haushaltslage kein Zweifel an der Notwendigkeit zur Neuorientierung beim Umgang mit dem Geld. Wie mehrfach berichtet fährt die Stadt Konstanz Jahr für Jahr ein Defizit von 15 Millionen Euro ein. Es soll durch Einsparungen in Höhe von sechs Millionen und eine Verbesserung der Einnahmen von neun Millionen Euro behoben werden.

Die jetzt dem zuständigen Ausschuss des Gemeinderats vorgelegten Quartalszahlen könnten den Schluss nahelegen, dass alles nicht so schlimm ist. Die Zuschüsse beziehungsweise Zuweisungen sind demnach um rund 2,2 Millionen Euro gestiegen, ferner wurde abweichend von der Vorausberechnung bei der Gewerbesteuer zusätzlich etwa eine Million Euro verbucht.

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Am strukturellen Defizit aber ändert das nach Einschätzung von Ulrich Schwarz rein gar nichts. Im Gegenteil geht er davon aus, dass allein wegen der Kostenentwicklungen mit dem jährlichen Betrag von 15 Millionen Euro nur die Unterkante der erforderlichen Summe zur Konsolidierung des Haushalts erreicht wird.

Ein wachsendes Finanzproblem

Die Ausschussmitglieder beurteilen das ähnlich. Roger Tscheulin (CDU) erwähnte in diesem Zusammenhang die zu erwartenden zusätzlichen Personalkosten vor dem Hintergrund der anstehenden Tarifverhandlungen und sein Kollege Jürgen Faden von den Freien Wählern rechnet wegen der steigenden Zinsen mit einem Bumerang-Effekt bei den Investitionen beziehungsweise dem Schuldendienst.

Roger Tscheulin (CDU) sagt: „Die aktuell guten Zahlen ändern nichts an den erwartenden Ausgaben etwa durch die Tariferhöhungen.“
Roger Tscheulin (CDU) sagt: „Die aktuell guten Zahlen ändern nichts an den erwartenden Ausgaben etwa durch die Tariferhöhungen.“ | Bild: privat

Bei Jan Welsch (SPD) rennen die beiden Stadträte damit offene Türen ein. Seine Fraktion weist seit Jahren auf die wachsenden Finanzprobleme der Stadt hin, weshalb er einmal mehr auf das Versäumnis einer zeitigen Diskussion über die Grundsätze der Haushaltsführung hinwies.

Bild 2: Sparen um Schulden zu machen? Wie Konstanz sich in höherer Finanzpolitik übt
Bild: Schönlein, Ute

Nach wie vor anders gewichtet wird die Finanzlage dagegen von Till Seiler. Für den Stadtrat der Freien Grünen Liste (FGL) bedeutet der Verzicht auf Schulden zugleich die Einschränkung von Leistungen. Er und seine Fraktion sind dazu nur begrenzt bereit.

Till Seiler (FGL) sagt: „Weniger Schulden sind immer mit Problemen verbunden, weil sich damit das Leistungsangebot verringert.“
Till Seiler (FGL) sagt: „Weniger Schulden sind immer mit Problemen verbunden, weil sich damit das Leistungsangebot verringert.“ | Bild: Rau, Jörg-Peter

Was die Leistungen der Stadt anbelangt, wäre Thomas Traber als Personalleiter unterdessen froh über die Möglichkeit zum Geldausgeben. Er geht davon aus, dass in diesem Jahr insgesamt 35 Stellen nicht besetzt werden können, was einem Betrag von zirka 2,1 Millionen Euro entspricht. Bürgermeister Andreas Osner, der den Ausschuss in Vertretung von Oberbürgermeister Uli Burchardt leitete, äußerte angesichts der Unterbesetzung seine „begrenzte Freude über die Einsparung bei den Stellen“.

Defizit wird weiter steigen

Unterm Strich allerdings wird das Defizit der Stadt unabhängig von Einsparungen oder Mehreinnahmen weiter steigen – und zwar um just jenen Betrag von 15 Millionen Euro, die bei der Haushaltskonsolidierung als Zielmarke angepeilt wird. Das Geld soll auf Vorschlag von OB Burchardt künftig pro Jahr zusätzlich für den Klimaschutz ausgegeben werden, womit es rechnerisch bei der prekären Haushaltssituation bleibt. Auf dem Spiel steht dabei im Zweifel das Recht zur Haushaltsgestaltung: Sollte die Rechnung nicht aufgehen, kann das Regierungspräsidium Freiburg die Reißlinie ziehen und als zuständige Kontrollbehörde die Konstanzer Finanzenpolitik übernehmen.

Die Spannung zwischen politischen Absichten und finanziellen Realitäten findet derweil ihren Niederschlag in sprachlichen Umschreibungen. So vermeidet OB Burchardt das Wort der Schuldenaufnahme zum Zweck der Investitionen für den Klimaschutz, er strapaziert lieber den Begriff der Nachhaltigkeit.

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„Diese bedeutet einerseits, dass jede Generation ihre aktuellen Aufgaben finanziert und den nachfolgenden Generationen keine Schulden hinterlässt“, so schreibt er es in einer Erläuterung seiner geplanten Finanzpolitik. „Andererseits erfordert der Klimawandel, dass jetzt gehandelt wird, um die Erderwärmung zu begrenzen.“ Die politisch nachvollziehbare Sichtweise ändert freilich nichts daran, dass in zehn Jahren der Schuldenstand der Stadt einen Mehrbetrag von rund 150 Millionen Euro aufweisen wird.