Jens-Uwe Götsch rät zu dicken Socke. Der Geschäftsführer der städtischen Wohnbaugesellschaft Wobak macht sich seit dem Anstieg der Energiepreise verstärkt Gedanken darüber, wie er und sein Team den Menschen in den 4327 Wohnungen des Unternehmens beratend zur Seite stehen können, damit sie ohne allzu hohe Zusatzbelastungen durch den Winter kommen.

Im Alltag sieht das so aus, dass die Hausmeister beispielsweise Thermometer an die Haushalte verteilen. Dazu gibt es eine Tabelle, der zu entnehmen ist, um wieviel der Verbrauch bei der Reduzierung der Raumtemperatur sinkt.

Kosten wohl mindestens ein Drittel höher

Grob gerechnet handelt es sich pro Grad um 6 Prozent. Der Wobak-Chef war dabei übrigens über das Einsparpotenzial in seinen eigenen vier Wänden überrascht. Die Raumtemperatur lag rund zwei Grad jenseits des Idealbereichs zwischen 18 und 22 Grad. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wer die Zimmertemperatur während der Heizperiode von 24 auf 18 Grad senkt, verbraucht 36 Prozent weniger Energie.

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So ließe sich der Kostenblock für die Haushalte in etwa auf dem bisherigen Niveau halten. Denn Jens-Uwe Götsch und sein Assistent Malte Heinrich gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die Kosten bei gleichbleibendem Energieverbrauch um mindestens ein Drittel über dem bisherigen Stand liegen werden.

Mit einer derart hohen Bereitschaft zum Energiesparen freilich ist im Allgemeinen nicht zu rechnen – jedenfalls nicht ohne dicke Socken. Also hofft Jens-Uwe Götsch auf eine Renaissance des dicken Stoffs, und das längst nicht nur wegen des Kriegs in der Ukraine. Der sorgsame Umgang mit Ressourcen passt generell zur Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.

„Es wäre grandios, wenn es vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise einen Schub bei der Nachhaltigkeit und für den Klimaschutz geben würde“, sagt der Geschäftsführer. Potenziale erkennt er dabei zuhauf und empfiehlt zum Beispiel das Duschen anstelle des Badens. Generell plädiert er zur Besinnung aufs Energiesparen – etwa das Licht auszuschalten, wenn man es nicht braucht.

Sparen birgt Potenzial

In der Summe dürften Sparpotenziale und Effizienzgewinne fürs Klima (und den Geldbeutel) mehr bringen als Investitionen in die Bausubstanz, was gleichwohl zu den Aufgaben und Absichten des Unternehmens zählt. Um aber innerhalb von 15 Jahren sämtliche Wobak-Gebäude in den Zustand der Klimaneutralität zu versetzen, würde nach Einschätzung des Geschäftsführers ein finanzieller Aufwand jenseits von 500 Millionen Euro erforderlich sein. Das ist eine erstens unrealistische Größenordnung und steht zweitens in keinem vernünftigen Verhältnis von Aufwand und Nutzen.

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Bei der Ausrichtung der Geschäftspolitik geht es für Jens-Uwe Götsch darum, die Investitionen genau da vorzunehmen, wo sie den größten Effekt für den Energieverbrauch und das Klima haben. Das sei vor allem dann sinnhaft, wenn möglichst viel erreicht wird, bevor „irgendwo das letzte Prozent bei der Wärmedämmung herausgeholt wird“.

Jens-Uwe Götsch: „Es wäre grandios, wenn es vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise einen Schub bei der Nachhaltigkeit und ...
Jens-Uwe Götsch: „Es wäre grandios, wenn es vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise einen Schub bei der Nachhaltigkeit und für den Klimaschutz geben würde.“ | Bild: Hanser, Oliver

Klare Prioritäten sind außerdem allein schon wegen der Situation auf dem Baumarkt nötig. Wie angespannt die Lage ist, verdeutlichte Jens-Uwe Götsch bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2021 am Beispiel eines jüngst fertiggestellten Gebäudes. Bei der Bauabnahme bemerkte er gegenüber dem Architekten, dass er sich bei den Dachrinnen auch etwas anderes hätte vorstellen können. Darauf die Antwort des Architekten: Es handle sich bei dem Material um das derzeit einzig verfügbare.

So gesehen kam die städtische Wohnbaugesellschaft im vergangenen Jahr sogar blendend über die Runden. Das Rekordniveau beim Wohnungsbestand ergibt sich aus dem Plus von 64 Prozent bei den Wohnungsvergaben, was zugleich zur Reduzierung der Härtefälle um 195 (oder 37 Prozent) beitrug. Die Bilanzsumme wächst seit zehn Jahren (2012: rund 184 Millionen Euro) kontinuierlich auf inzwischen 289 Millionen Euro, der Gewinn lag 2021 bei 4 Millionen Euro.

Gemeinderat belässt Gewinne im Unternehmen

Von diesem Geld übrigens lassen die Stadt beziehungsweise der Gemeinderat die Finger, obwohl sie prinzipiell darauf zurückgreifen könnten. Und es gibt in der Lokalpolitik trotz angespannter Haushaltslage bislang keine erkennbaren Zeichen, dass sich daran etwas ändern wird – was der Wobak eine höhere Beinfreiheit bei Investitionen ermöglicht.

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Allein von der Zurückhaltung der Lokalpolitiker hängt die Investitionstätigkeit allerdings nicht ab. Es sind die Zinsen, die sich – neben dem Mangel an Handwerkern und der Stotterei in den Lieferketten – voraussichtlich als Bremsklotz auswirken werden. Bis Anfang das Jahre konnte sich die Wobak das Geld zu einem bei zwei Prozent liegenden Zinssatz bei der Bank holen, innerhalb weniger Monate ist er um das Drei- bis Vierfache gestiegen.

Bild 2: Steigende Energiekosten: Wobak-Chef Jens-Uwe Götsch rät zu dicken Socken
Bild: Kerstan, Stefanie

Bleibt es dabei oder steigen die Zinsen noch weiter, wird sich dies irgendwann auch auf die Mieten auswirken. Die Wobak dürfte wegen der Langfristigkeit des Geschäftsfelds ihre Position als attraktiver Vermieter auf Dauer dennoch behalten. Die Durchschnittsmiete für die Wobak-Wohnungen lag im vergangenen Jahr bei etwa 7 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Für den Konstanzer Mietspiegel gilt ein Wert von 10,38 Euro.