Bezahlbarer Wohnraum fehlt überall in Konstanz. Die BHS Städtebau Bodensee/Hegau will Abhilfe schaffen, indem sie einen fünfstöckigen Riegel mit Tiefgarage in eine schmale Lücke zwischen zwei Bestandsgebäude im Gerhart-Hauptmann-Weg (Königsbau) setzt. Geplant sind dort 20 Wohnungen für Mitarbeiter der Spitalstiftung, also hauptsächlich für Pflegekräfte.

In diese Lücke im Königsbau soll ein fünfgeschossiger Riegel gesetzt werden. Anwohner fürchten, dass auch die weiteren Lücken im ...
In diese Lücke im Königsbau soll ein fünfgeschossiger Riegel gesetzt werden. Anwohner fürchten, dass auch die weiteren Lücken im Quartier irgendwann so geschlossen werden sollen. | Bild: Steller, Jessica

Sowohl Mitglieder des Gestaltungsbeirats als auch Anwohner tun sich schwer mit den Plänen. Architekturprofessor Martin Haas als Vorsitzender des Gestaltungsbeirats sagte: „Wir unterstützen ausdrücklich den Ansatz, dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch wir finden das an dieser Stelle zu viel und zu groß.“

Ähnlich sehen es Nachbarn wie Tina Reinheimer, Wolfgang Blattmann, Elisabeth Grübel und Heinz Kalitta, die noch mehr Probleme mit Grundwasser fürchten, sich um Spielflächen für Kinder, um zu wenige Parkplätze und um drei große Bäume sorgen.

Wo jetzt noch grüne Wiese ist und drei große Bäume stehen, planen die Spitalstiftung und BHS Städtebau günstige Wohnungen für ...
Wo jetzt noch grüne Wiese ist und drei große Bäume stehen, planen die Spitalstiftung und BHS Städtebau günstige Wohnungen für Mitarbeiter von Spitalstiftung und Klinikum. | Bild: Hanser, Oliver

Im Technischen und Umweltausschuss im März 2024 sagte allerdings Baurechtsamtsleiter Andreas Napel, nach Paragraf 34 (das Haus muss sich in die Umgebung einfügen) bestehe eindeutig Baurecht, auch wenn er die Bedenken der Anwohner verstehen könne.

Im Querschnitt wird deutlich, dass die Abstände zwischen den Bestandsgebäuden und dem Neubau gering sind. Von Balkon zu Balkon sind es ...
Im Querschnitt wird deutlich, dass die Abstände zwischen den Bestandsgebäuden und dem Neubau gering sind. Von Balkon zu Balkon sind es acht Meter. | Bild: Andreas Rogg/Rogg Architekten

Baugesellschaft hält am Projekt fest

BHS-Geschäftsführer Thomas Fröhlich bezeichnet die Änderungsvorschläge des Gestaltungsbeirats als „völlig unbezahlbar“. Deshalb würden nun die ursprünglichen Planungen weiterentwickelt, um eine Baugenehmigung zu erwirken. Ende März 2024 entschied der BHS-Aufsichtsrat, das Projekt trotz der Proteste weiterzuverfolgen. Wann tatsächlich gebaut wird, sei angesichts der hohen Baukosten aber unklar.

„Die Änderungsvorschläge des Gestaltungsbeirats sind völlig unbezahlbar“, sagt BHS-Geschäftsführer Thomas Fröhlich.
„Die Änderungsvorschläge des Gestaltungsbeirats sind völlig unbezahlbar“, sagt BHS-Geschäftsführer Thomas Fröhlich. | Bild: Jarausch, Gerald

Elisabeth Grübel legte bei der Stadt Widerspruch ein, weil sie sich u zwei große Rotbuchen und eine Linde sorgt, die dem Neubau weichen müssten. „Gerade in heißer werdenden Städten sind große Bäume mit viel Blattmasse wertvoller als viele kleine“, sagt sie.

(Archivbild) Anwohner protestierten im Gestaltungsbeirat gegen die Pläne, neben ihre Häuser noch einen fünfgeschossigen Neubau zu setzen ...
(Archivbild) Anwohner protestierten im Gestaltungsbeirat gegen die Pläne, neben ihre Häuser noch einen fünfgeschossigen Neubau zu setzen (von links): Heidrun Roden, Dieter Einhart, Reinhard Roden, Raphael Aronowski, Petra Gutsmuths und Silvia Frey. | Bild: Kirsten Astor

Grübel ist an dieser Stelle grundsätzlich gegen Nachverdichtung. „Ich weiß, dass die Stadt andere Flächen zur Verfügung hat. Hier geht es nur ums Geld, denn das Grundstück gehört bereits der Spitalstiftung.“ Genau das ist aber der Grund, warum die Baugesellschaft „Wohnungen zu unschlagbaren Mietpreisen“ anbieten will, so Fröhlich: „Das geht nur, weil wir die Fläche nicht kaufen müssen.“

Elisabeth Grübel fürchtet: „Wenn das umgesetzt wird wie geplant, wird es so eng wie in der Markgrafenstraße.“ Sie findet es „schwach, dass sich nicht alle Gemeinderatsfraktionen und BHS-Aufsichtsräte vor Ort ein Bild gemacht haben“. Heinz Kalitta hat jetzt schon Probleme mit Grundwasser und ihm wurde außerdem bescheinigt, dass der Wasserdruck seines Gebäudes unterhalb des vorgeschriebenen Wertes liegt, weil in seiner Umgebung immer weiter gebaut wurde. Nun fürchtet er, dass sich dies durch einen Neubau noch verstärkt.

Probleme mit Wasserdruck, Sorge um weniger Privatsphäre

Er moniert außerdem: „Für uns ist es unverständlich, dass man auf unsere geschilderten Probleme überhaupt nicht eingeht. In keinem Antwortschreiben und in keiner Sitzung. Dabei wäre es so einfach gewesen, uns die Ängste zu nehmen, sofern sie durch das Bauvorhaben nicht existent wären.“

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Aus der Sicht des Anwohners Wolfgang Blattmann fügt sich der geplante Neubau nicht in die Umgebung ein. „Durch die Zulassung des Bauvorhabens würde darüber hinaus ein Präzedenzfall für eine städtebaulich nicht mehr vertretbare Nachverdichtung im gesamten Gebiet geschaffen, wodurch der Charakter unseres Quartiers grundlegend geändert würde“, argumentiert er in seinem Widerspruch an die Stadtverwaltung.

„Durch das Bauvorhaben würde ein Präzedenzfall für eine städtebaulich nicht mehr vertretbare Nachverdichtung im gesamten Gebiet ...
„Durch das Bauvorhaben würde ein Präzedenzfall für eine städtebaulich nicht mehr vertretbare Nachverdichtung im gesamten Gebiet geschaffen“, fürchtet Wolfgang Blattmann. | Bild: Hanser, Oliver

Die Anwohner fürchten, dass auch zwei weitere Grünflächen zwischen Bestandsgebäuden bebaut werden, wenn das erste Haus einmal steht. Heinz Kalitta und zwei weitere Familien beantragen deshalb, dass die Unterlagen dem Regierungspräsidium Freiburg (RP) zur Entscheidung vorgelegt werden.

Dass dieser Weg beschritten wird, sofern die Stadt dem Widerspruch nicht selbst abhelfen kann, bestätigt die Verwaltung in ihrer Antwort an Wolfgang Blattmann. Allerdings weist sie darauf hin, dass Widersprüche nur dann Erfolg haben können, wenn die Stadt „nachbarschützende Vorschriften“ verletzt haben sollte, was sie hier nicht als gegeben ansieht.

„Die Baugenehmigung in der geplanten Höhe wird für die Mieterinnen und Mieter sowie die Eigentümerinnen und Eigentümer der bestehenden ...
„Die Baugenehmigung in der geplanten Höhe wird für die Mieterinnen und Mieter sowie die Eigentümerinnen und Eigentümer der bestehenden Wohnblocks und den Bewohnern angrenzender und gegenüberliegender Häuser eine erhebliche Verschlechterung der Wohnqualität bringen“, sagt Tina Reinheimer. | Bild: Hanser, Oliver

Thomas Fröhlich von BHS Städtebau wiederum findet die zunehmenden Anwohnerproteste bei fast jedem Bauvorhaben nicht angemessen. Er gibt zu bedenken: „Wir erleben überall, dass Menschen, die schon eine Wohnung haben, gegen Neubauten in ihrer Nachbarschaft protestieren. Wo bleiben die, die noch keine Wohnung haben?“