Benjamin Köster aus dem Thurgau freute sich auf die beiden ersten Schnell-Lade-Säulen für Elektroautos in Konstanz. Sie stehen an der Tankstelle in der Opelstraße. Bis zu vier Fahrzeuge können dort Strom beziehen. Das Versprechen: Ultraschnelles Aufladen mit Ökostrom. Ab zehn Minuten sollen die Wagen Strom für die nächsten 350 Kilometer haben. Doch das trifft nur für einige Fahrzeuge zu. Bei manchen Modellen könne es auch 40 Minuten dauern, sagt Investor Hans Ley auf Nachfragen.

„Das entwickelt sich alles noch“

Und manchmal muss einer, der sein Auto gern aufgeladen hätte, unverrichteter Dinge wieder abziehen, so wie Benjamin Köster. Dieser fährt nach eigenen Angaben seit Oktober 2020 ein Elektroauto, welches er üblicherweise bei sich daheim über Solarmodule laden könne. An die Ladesäulen in der Opelstraße habe ihn eine Anzeige im Internet geführt. Grundsätzlich findet er das Turbo-Laden eine „super Sache“, wie er sagt.

Aber sein optisch neuer Wagen hat an den Ladesäulen in der Opelstraße das Nachsehen: Keiner der Kabelstecker passt. Er werde sich wohl einen Adapter besorgen müssen, sagt Benjamin Köster. Dieser nimmt die Erfahrungen in der Opelstraße gelassen: „Das entwickelt sich alles noch“.

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So sieht das auch Hans Ley, der in die neuartigen Ladesäulen in Konstanz investiert hat, und dies auch noch in Radolfzell und Singen tun möchte. Er sagt: „Das ist eine junge, unfertige Branche.“ Noch gebe es nicht einmal die Eichung einer Zapfsäule. Ley geht davon aus, dass es noch dauert, bis sich einheitliche Stecker durchsetzen. Allein 70.000 Euro kostet eine Schnell-Lade-Säule, die Anschlüsse und die Trafostation für den Ökostrom nicht mitgerechnet.

Ebenso nicht enthalten in den Kosten sind das Dach, das bald noch kommt, das neue Bistro und die Toilettenanlagen. Beides könne während der Ladezeit genutzt werden, stellt Hans Ley fest. Die Säule sei vollgestopft mit Technik und könne mit der Batterie des Wagens, der Strom benötigt, kommunizieren, stellt Hans Ley fest.

Bleifreies Benzin war ein „Ladenhüter“

Die Lage der Zapfsäulen für Strom sei vergleichbar mit den Tanksäulen für bleifreies Benzin in den 1980er-Jahren. Damals habe dieses kaum einer gewollt, „das war ein Ladenhüter“. Die Investitionen in die bleifreien Kraftstoffe und deren Verteilung sei dagegen hoch gewesen. Später seien sie zum Standard geworden. Ob das auch beim Tanken mit Strom passiert, ist noch offen.

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Hans Ley selbst schließt nicht aus, dass sich auch noch andere Wege weisen werden. „Die Mobilitätswende ist derzeit elektrisch, aber vielleicht gibt es bessere Lösungen.“ Hans Ley will jedenfalls als Pionier vorangehen in einer Technik, die möglicherweise nicht die einzige bleiben wird, um den Verkehr weniger belastend fürs Klima zu gestalten.

Er räumt ein: Ein gewisses Risiko lasse sich nie ausschließen, und er fragt: „Ist das der richtige Weg? Ziehen die Verbraucher mit?“ Er investiere jedenfalls in die Infrastruktur, damit die E-Mobilität vorankomme. „Unser Ansatz ist es, für das politisch Gewollte eine Lösung zu bieten.“ An den Tankstellen könnten auch Stationen für Elektrofahrräder und andere Dienstleistungen entstehen. Es sei vieles denkbar.

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Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig das schnelle Laden ist. Er selbst, so sagt er, habe drei Jahre lang ein Elektroauto gefahren. Aufgrund der langen Ladezeiten habe es sich für längere Strecken kaum geeignet. Er freue sich, dass die Firma Ley, eines der ältesten Unternehmen in Konstanz, Geld in der Hand genommen habe, um die Elektromobilität voranzubringen. Sie sei ein Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Mit Blick auf die neuen Ladesäulen in der Opelstraße stellte er fest: „Der Standort ist gut. Das Konzept ist gut.“

Weniger Verkehr in der Altstadt

Uli Burchardt geht davon aus, dass die Ökobilanzen der Fahrzeuge immer besser werden. Derzeit sei oft noch unklar, unter welchen Bedingungen die seltenen Erden gewonnen wurden, die für den Bau des Akkus der Fahrzeuge benötigt werden. OB Burchardt erwartet, dass der motorisierte Individualverkehr im Bereich Altstadt bald eine immer unbedeutendere Rolle spielt. Ganz anders sehe dies in den Vororten aus. Er ist überzeugt: „Wir müssen beides können.“

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Beim Bezahlen gibt es an den Turbo-Ladesäulen übrigens keine Hürden: Dieses ist möglich per Internet, App oder Karte. „Wir nehmen fast alles, außer Bargeld“, sagt der Tankstellen-Manager Heiko Horn. 69 Cent kostet die Kilowattstunde. Ein Vergleich mit dem Liter Benzin ist kaum möglich, weil der Verbrauch eines klassischen Fahrzeugs anders ist, und auf Benzin und Diesel auch die Mineralölsteuer liegt. Sie mache im Bund jedes Jahr 40 Milliarden Euro aus, darauf weist Mit-Geschäftsführer Philipp Ley hin.