Kaum ein Thema hält die Konstanzer Zukunftsplanung so in Atem wie die Nachhaltigkeit. Spätestens seitdem der Konstanzer Gemeinderat im Mai 2019 den Klimanotstand ausrief – wohlgemerkt als erste Stadt in Deutschland – ist das Thema ein elementarer Bestandteil der Stadtplanung.

Klimanotstand sei ein „historischer Beschluss“

Damals sprach Oberbürgermeister Uli Burchardt von einem „historischen Beschluss“, gab sich in einem Interview mit der Tageszeitung taz entschlossen, dass man weder zurückkönne, noch wolle. Seitdem prüft der Gemeinderat sämtliche Entscheidungen auf ihre Auswirkungen für das Klima. Doch konkrete Umsetzungsziele gab es darüber hinaus lange Zeit nicht.

Bild 1: Viele E-Autos, wenige Ladepunkte: So steht es um die Elektromobilität in Konstanz
Bild: Bernhardt, Alexander

Bis zum März diesen Jahres, als das Jahr 2035 zur Zielmarke der „weitestgehenden Klimaneutralität“ auserkoren wurde – ohne Schönzurechnen, wie es anderswo passiere, betonte Burchardt im taz-Interview. Ein wesentlicher Bestandteil dessen ist die Verkehrswende, also der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektromobilität. Neben den oft kritisierten E-Scootern oder E-Rollern sind das vor allem Elektroautos.

Zahl der Elektroautos liegt über dem Bundestrend

Noch im Jahr 2015 wurden dafür Ziele festgelegt, die die Stadt bis 2020 umgesetzt haben wollte. Doch wie steht es nun um die Elektromobilität in Konstanz? Klar ist: Es sind immer mehr Elektrofahrzeuge in der Konzilstadt unterwegs – auch wenn man von den einst geplanten Zielen noch weit entfernt ist. 3300 Elektroautos sollte es bis 2020 in Konstanz eigentlich geben, Ende Juni waren es gerade einmal 2062.

Doch außer Acht lassen sollte man dabei nicht: Seit 2016, im ersten Jahr der Zählung, ist die Anzahl Elektroautos bereits um das Fünfzehnfache gestiegen – das ist mehr als der Bundestrend. Und auch von den oftmals vergeblich gesuchten, öffentlich zugänglichen Ladestationen sind in Konstanz immer mehr zu finden. Bereits fünf neue Ladestationen für E-Fahrzeuge stellten die Stadtwerke in diesem Jahr bereit.

Alle Ladestationen in Konstanz werden mit Öko-Strom betrieben

Insgesamt gibt es nun 14 Ladestationen im Konstanzer Stadtgebiet. An manchen ist es möglich, mehrere Autos gleichzeitig zu betanken: Insgesamt können an den 14 Ladestationen 29 Autos zur selben Zeit mit Strom versorgt werden. Im Fachjargon spricht man hier von 29 sogenannten Ladepunkten.

Alle Ladestationen würden jeweils mit 100 Prozent Öko-Strom betrieben, erklärt Christopher Pape, Pressereferent der Stadtwerke. Weitere Stationen seien in Planung. „Wir streben die flächendeckende Versorgung mit öffentlicher Ladeinfrastruktur an“, betont Pape. „Hierzu wurde gemeinsam mit der Stadt Konstanz ein Konzept entwickelt und es wurden mehr als 40 mögliche Standorte für öffentliche und halböffentliche Ladeinfrastruktur identifiziert.“

Im bundesweiten Vergleich ist diese Aufstockung aber auch mehr als nötig. Vor allem bei den Ladepunkten hat Konstanz noch Aufholbedarf. Unter den Mittelstädten mit bis zu 100.000 Einwohnern hat Zwickau nämlich mit 112 Stück die meisten Ladepunkte. Selbst die 20.000-Einwohnerstadt Schwieberdingen im Landkreis Ludwigsburg verfügt über 70 Ladepunkte. Konstanz hingegen hat – trotz jüngster Aufstockung – lediglich 29.

So sehen die gängigen Flächen aus, auf denen die Autos während des Ladevorgangs stehen.
So sehen die gängigen Flächen aus, auf denen die Autos während des Ladevorgangs stehen. | Bild: Andreas Arnold/dpa

Stück für Stück zur vollständigen Elektromobilität

In den kommenden Jahren wird sich diese Zahl deutlich erhöhen müssen, um der stark steigenden Nachfrage nach Elektroautos gerecht zu werden. Denn auch hinsichtlich des ÖPNV gibt es in Konstanz eine klare Marschroute: „Ende des Jahres werden von den Stadtwerken sechs E-Busse in den Dienst gestellt“, erklärt Pape. „Die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) haben zudem zwei Schiffe mit Elektroantrieb in Auftrag gegeben.“

Auch die Entsorgungsbetriebe, die ihren Fuhrpark bis 2035 nach und nach auf Fahrzeuge mit klimaneutralem Antrieb umstellen möchte, hätten bereits einen Förderantrag für das erste vollelektrische Müllfahrzeug eingereicht. Auch die Stadtverwaltung beschaffe nur noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb. Die Richtung für die Konstanzer Verkehrswende ist vorgegeben. Was noch fehlt ist, wie so oft, die Infrastruktur.