Der erste Schock ist verdaut, doch nun beginnen die Fragen nach der Zukunft. Seit dem 22. Mai weiß die Uni Konstanz, dass sie den Status als Elite-Universität verlieren wird: Die Hochschule wollte ihre beiden Exzellenzcluster verlängern, doch nur der Forschungsverbund „Politics of Inequality“ erhielt den Zuschlag für die Förderperiode ab 2026.

Der Cluster „Collective Behaviour“ fiel aus dem Rennen – damit erfüllt Konstanz nicht mehr die Bedingungen für den Titel der Exzellenzuniversität, ab dem 1. Januar 2027 ist der Elite-Status passé. Ein Verlust von Prestige und über 100 Millionen Euro an Fördermitteln. Gelder, die vor allem in der Forschung fehlen werden. Hier liegt der Schwerpunkt der Exzellenzstrategie; die Lehre scheint nur indirekt betroffen.

Doch was bedeutet diese Entscheidung für die Studierenden? Der SÜDKURIER hat mit dem Vorsitz der Studierendenvertretung (StuVe) darüber gesprochen, welche Folgen sie sehen – und was sie sich von der Uni-Leitung wünschen.

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„Uns hat der Spirit gefehlt, dass etwas Neues und Innovatives entsteht“

Das Exzellenz-Aus kam für sie nicht überraschend. „Wir haben schon im Vorfeld eine gewisse Unsicherheit gespürt“, sagt Dominik Shrestha vom StuVE-Vorsitz. Das Auftreten der Uni-Leitung, die Unsicherheit bei den Studierenden, die Angst vor der Entscheidung an der Uni. „Uns hat der Spirit gefehlt, dass hier etwas Neues und Innovatives entsteht. Es gab nur die zwei bestehenden Cluster, die verlängert werden sollten“, sagt sein Amtskollege Robert Keller.

Die Uni Konstanz hatte sich zwar mit drei neuen Cluster-Skizzen beworben, doch diese wurden 2024 in einer Vorabauswahl abgelehnt. Nun ist die Entscheidung da – und das Exzellenz-Aus beschäftigt auch die Studierenden, wie Dominik Shrestha erzählt: „Da passiert irgendetwas, aber niemand weiß, was das genau bedeutet.“ Die Studierenden profitieren meist nur indirekt von den Exzellenzgeldern; doch auch sie werden das Aus spüren, vermutet der StuVE-Vorsitz.

Dominik Shrestha von der Studierendenvertretung meint: „Da passiert irgendetwas, aber niemand weiß, was das genau bedeutet.“
Dominik Shrestha von der Studierendenvertretung meint: „Da passiert irgendetwas, aber niemand weiß, was das genau bedeutet.“ | Bild: Alban Löffler

„Wir haben viele Angebote lieb gewonnen, die man nicht unbedingt braucht, aber die das Studium angenehmer und bequemer machen“, sagt Robert Keller. Ein Beispiel ist der Zugang zu Literatur. Die Bibliothek erhält jährlich Exzellenzgelder, mit denen sie Bücher und Medien aus den Forschungsbereichen der Cluster kaufen kann. Ein Student, der eine Arbeit zu Schwarmverhalten schreiben möchte, kann so eine größere Auswahl an Literatur finden.

In Zukunft werden solche Angebote wohl reduziert, doch einen harten Einschnitt werde es für die Studierenden wahrscheinlich nicht geben, vermutet Robert Keller. „Es fehlt dann mal hier was, mal da was. Aber der Spardruck wird natürlich insgesamt größer, wenn noch weniger Geld im System ist“, meint er. Andere Angebote, wie zum Beispiel ein Lehrangebot für Digitalkompetenz (Adilt), sind zwar durch Exzellenzgelder entstanden, Adilt sei aber inzwischen unabhängig von der Förderung und könne auch ohne diese weiterlaufen.

Robert Keller erklärt: „Es fehlt dann mal hier was, mal da was. Aber der Spardruck wird natürlich insgesamt größer, wenn noch weniger ...
Robert Keller erklärt: „Es fehlt dann mal hier was, mal da was. Aber der Spardruck wird natürlich insgesamt größer, wenn noch weniger Geld im System ist.“ | Bild: Alban Löffler

Befürchtung besteht, dass bei den HiWi-Stellen „massiv gekürzt“ wird

Doch für die Studierenden geht es auch um Arbeitsstellen. Für viele beginnt der Einstieg in die Forschungs-Welt mit einer Stelle als wissenschaftlicher Hilfskraft (HiWi). Sie unterstützen die Wissenschaftler, erledigen Verwaltungsaufgaben und erhalten so einen Nebenverdienst im Studium.

68 werden davon durch die Förderlinie Exzellenzuniversitäten finanziert, dazu kommen jeweils rund 40 Hilfskräfte aus den beiden Clustern. Damit stellen sie zwar „einen vergleichsweise eher kleinen Anteil an der Gesamtzahl der universitären Hilfskraftstellen (insgesamt rund 1000) dar“, wie die Uni Konstanz schreibt. Doch die StuVe befürchtet hier Einschnitte, bei den HiWi-Stellen könnte „massiv gekürzt“ werden.

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„Wir machen uns Sorgen um Nachhaltigkeits-Angebote, weil das eher freiwillige Maßnahmen sind“, sagt Robert Keller, besonders mit Blick auf das Green Office: Eine Einrichtung, die sich mit Workshops und Aktionstagen für mehr Nachhaltigkeit an der Uni einsetzt und von Studierenden geführt wird. Aktuell werde das Green Office vollständig aus den Mitteln der Exzellenzstrategie finanziert, teilt die Uni Konstanz mit.

Doch noch sei es zu früh, um Aussagen über die weitere Finanzierung zu treffen. Die Hochschule befindet sich aktuell in der Schwebe; viele Fragen drängen sich auf, doch niemand kann wirklich konkrete Antworten geben. Für den Cluster „Collective Behaviour“ und die Förderlinie Exzellenzuniversitäten ist eine Auslauffinanzierung vorgesehen, auf die genauen Zahlen muss die Universität aber noch eine Weile warten.

Dominik Schwab meint: „Die Situation bietet die Chance, sich als Universität neu zu erfinden.“ Denn: „Trotz Exzellenzuniversität regnet ...
Dominik Schwab meint: „Die Situation bietet die Chance, sich als Universität neu zu erfinden.“ Denn: „Trotz Exzellenzuniversität regnet es hier immer noch rein.“ | Bild: Alban Löffler

„Die Situation bietet die Chance, sich als Universität neu zu erfinden“

Die StuVE fordert nun eine kritische Aufarbeitung der Exzellenz-Bewerbung und wünscht sich einen transparenten Prozess. Damit sind sie nicht allein. Bei einer Info-Veranstaltung am 2. Juni äußerten auch Mitarbeiter und Professoren Kritik am Rektorat und forderten eine neue Ausrichtung. Man könne diesen Umbruch auch nutzen, um andere Wege zu gehen, sagt Dominik Schwab von StuVE: „Die Situation bietet die Chance, sich als Universität neu zu erfinden.“

Dafür benötige es aber mehr finanzielle Unterstützung aus der Politik – denn auch mit der Exzellenzförderung musste die Uni schon den Rotstift ansetzen. „Ich sehe das Land in der Verantwortung, die Universitäten und die Studierendenwerke werden massiv unterfinanziert“, sagt Schwab. Und das beginne manchmal schon bei der Bausubstanz, erzählt Robert Keller, denn: „Trotz Exzellenzuniversität regnet es hier immer noch rein.“