„Lebensgefahr! Absolutes Betretungsverbot. Das gesamte Gelände ist mit Munition und sonstigen Kampfmitteln belastet“, steht in großen Lettern auf vielen Schildern am Bettenberg. Doch das schert einige Menschen nicht die Bohne. Sie laufen trotzdem querfeldein und lassen ihre Hunde frei rennen. Dass dies ihr Leben kosten könnte, scheint ihnen nicht bewusst zu sein. Die Mitglieder des Nabu-Bodenseezentrums können nur verständnislos den Kopf schütteln – aus vielerlei Gründen.
Es gibt Wege, die zugänglich sind. Diese sollten die Spaziergänger allerdings nicht verlassen. Und doch: „Es gibt etliche Trampelpfade, weil viele Menschen zu netten Teichen gelaufen sind, die unzugänglich bleiben sollten“, berichtet Lisa Maier vom Nabu-Bodenseezentrum. Die Kampfmittelbelastung ist nur ein Grund dafür. Der Zweite: Der Bettenberg steht seit dem 12. August 2023 unter Naturschutz.
Dass der ehemalige Truppenübungsplatz im Jahr 2009 gesperrt wurde, sei ein Glücksfall für die Natur gewesen, die sich fast ungestört entwickeln konnte, sagt Lisa Maier. „Es hat sich eine einmalige Artenvielfalt herausgebildet“, stellt sie fest. Die Landschaft sei vielfältig: Mischwald, Tümpel, Feuchtbiotope, Trockenrasen, offenes Buschland, Wiesen, Sandflächen, skizziert die freiwillige Schutzgebietsbetreuerin Rahel Schulz die vielseitigen Lebensräume auf den etwa 132 Hektar, die unter Naturschutz gestellt wurden.

Lebensraum für Neuntöter, Schlingnatter und Co.
„Es ist ein super diverses Gebiet“, stellt ihr Kollege Lorenz Mattes fest und gerät ins Schwärmen, beispielsweise von dem Neuntöter, einem hübschen Vogel, der sich hier sehr wohlfühle. Der Bettenberg sei auch ein „Hotspot für Insekten“, so Mattes. Es gebe beispielsweise einen Bereich, der das ideale Habitat für Sandbienen sei. Zu gewissen Zeiten habe man „den Eindruck, dass ein Meer an Bienen zwanzig Zentimeter über dem Boden schwebt“, erzählt Lorenz Mattes beeindruckt.
Die seltene Schlingnatter sei hier auch zu Hause, berichtet Rahel Schulz, die weitere Beispiele für die Artenvielfalt gibt: Blindschleiche, Ringelnatter, Berg-, Teich- und Kammmolch, verschiedene Erdkrötenarten, Gelbbauchunke, Spring- und Wasserfrosch, verschiedenste Schmetterlinge und Libellen. Die Liste der Tierarten ließe sich noch lange weiterführen.

Die Schilder, die auf das Naturschutzgebiet hinweisen, sind schon fertig, stellt Lisa Maier fest. Trotzdem heißt es noch Warten. Ein Naherholungs- und Besucherlenkungskonzept für das Naturschutzgebiet Bettenberg wurde bereits im groben ausgearbeitet und im vergangenen Jahr dem Gemeinderat vorgelegt. Der Grund: Mit der Entwicklung des Neubaugebiets Hafner hätten die Bürger ein Naherholungsgebiet vor der Haustüre.
Wegekonzept im Sinne des Naturschutzes
Das bedeutet: Einen Besucherdruck auf den Bettenberg sei nicht zu verhindern, deshalb sei es im Sinne des Naturschutzes erforderlich, explizit Wege auszuweisen. „Auch ein Ranger wäre schön, der auf die Gründe von Verboten hinweist und die Menschen mit der Natur vertraut macht“, erklärt Lisa Maier.
Das sahen die meisten Konstanzer Stadträte genauso. Der Technische und Umweltausschuss gab daher im vergangenen Jahr grünes Licht, damit die Planungen weiter vertieft werden können. Auf SÜDKURIER-Anfrage, was es diesbezüglich Neues gebe, antwortet die Pressestelle der Stadt Konstanz, die zuständigen Mitarbeiter seien „bezüglich Naherholungskonzept Bettenberg leider noch nicht weitergekommen“.
Doch noch etwas war auf der Agenda der TUA-Sitzung Ende 2023. Von dem insgesamt 132 Hektar großen Gebiet ist noch eine Fläche von 58 Hektar kampfmittelverdächtig. Die Wege, die im Konzept ausgearbeitet wurden, und deren Randbereiche (auf 1,5 Meter) müssten auf Kampfmittel untersucht und gegebenenfalls das Gefahrenpotenzial entfernt werden. Sondierung und Räumung werde die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Grundstückseigentümerin im Jahr 2024 durchführen und diese Kosten tragen, hieß es in der Sitzung.
Ist die Kampfmittelräumung in diesem Jahr erfolgt?
„Eine Kampfmittelräumung hat 2024 auf der Bundesliegenschaft Konstanz Bettenberg noch nicht stattgefunden“, schreibt die Pressestelle der BImA auf SÜDKURIER-Anfrage. Zunächst müsse ein Waldbrandschutzkonzept umgesetzt werden, das der Wahrung der öffentlichen Sicherheit diene.
Erstellt habe das Konzept bei der BImA der zuständige Bundesforstbetrieb Heuberg. „Es muss nun mit den zuständigen Ordnungsbehörden der Stadt Konstanz abgestimmt werden, bevor das Besucherlenkungskonzept umgesetzt werden kann“, schreibt die BImA-Pressestelle.
Ein Auftakttermin dazu habe bereits stattgefunden, jedoch fehle noch eine abschließende Rückmeldung der Behörden- und Organisationseinheiten für Sicherheitsaufgaben (BOS) zur Realisierung des Waldbrandschutzkonzeptes, erläutert die Pressestelle der BImA, die ergänzt: „Auch aus Finanzierungsgründen kann erst danach mit der Umsetzung des Besucherlenkungskonzeptes fortgefahren werden.“
„Eine konkrete zeitliche Angabe für die Umsetzung der Räumungsarbeiten kann der Bundesforstbetrieb Heuberg erst vornehmen, wenn die Zuarbeit der BOS-Behörden der Stadt Konstanz erfolgt ist“, so die BImA-Pressestelle. „Die BImA strebt eine zeitlich zügige Klärung an.“