Nachdem vor wenigen Wochen eine vermeintliche Mörsergranate aus der Zeit des Ersten Weltkriegs am Bettenberg zwischen Litzelstetten und Wollmatingen gefunden wurde, entbrannte in den sozialen Netzwerken eine Diskussion über die Sicherheit vor Ort. Viele Nutzer zeigen sich überzeugt, dass von dem ehemaligen Truppenübungsgelände keine Gefahr ausgehe.

Das könnte Sie auch interessieren

So schrieb ein Nutzer: „Viele Jahre sind Motocrossler auf dem Bettenberg gefahren und seltsamerweise haben alle überlebt, komisch!“ Eine weitere Nutzerin schrieb, sie sei in ihrer Kindheit oft dort spazieren gegangen, passiert sei nie etwas. Ein Anderer fragte wiederum, ob auf dem Gelände denn je etwas Schlimmeres passiert sei. Der Konsens: Der Bettenberg ist ungefährlich.

Das Gebiet ist verseucht

Doch auf dem Gelände ist es immer noch gefährlich, gibt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA), die Eigentümerin des Geländes ist, gegenüber dem SÜDKURIER an. „Aufgrund zahlreicher Kampfmittelfunde und den in der Vergangenheit nur partiell durchgeführten und meist unzureichend dokumentierten Kampfmittelräumungen, wurde im Rahmen der Baumaßnahme an der Landstraße 221 die Sperrung der Liegenschaft im Juni 2009 durch die Stadt Konstanz als zuständiger Ordnungsbehörde verfügt“, so die BlmA.

Bild 1: Nach dem Kampfmittelfund auf dem Bettenberg: Ist das Gelände dort noch gefährlich?
Bild: Steller, Jessica

Bei der Baumaßnahme handelte es sich um die Ausgleichsmaßnahme Renaturierung Bachlauf an der L221. Die Allgemeinverfügung wurde laut Angaben der Stadtverwaltung Konstanz im Jahr 2011 nochmals „zum Schutz der Waldbesucher und Erholungssuchenden vor den Gefahren durch nicht beseitige Munition und Munitionsteile, welche auf den freigegeben Flächen vorzufinden sind, ersetzt.“

Das könnte Sie auch interessieren

Durch eine sogenannte historische-genetische Rekonstruktion der Kampfmittelrisiken sei laut der BlmA eine Fläche von rund 58 Hektar als „kampfmittelverdächtig“ kategorisiert worden. Deshalb kommt die Eigentümerin zu dem Schluss, dass aktuell und auch in Zukunft eine Gefahrenlage durch verschiedenste Kampfmittel vorliegt.

1951 starben zwei Kinder

Das Gelände am Bettenberg wurde von 1909 bis etwa 1995 als Standortübungsplatz militärisch genutzt. Insbesondere während des Zweiten Weltkriegs, aber auch nach 1945 war häufig von einem Geländescharfschießen die Rede. „Der jüngste Fund eines Kampfmittels aus der Zeit des Ersten Weltkrieges untermauert die Tatsache, dass jederzeit mit Kampfmitteln jeglicher Art aus unterschiedlichen Nutzungszeiträumen gerechnet werden muss“, so die Bundesanstalt.

Das könnte Sie auch interessieren

Die hohe Kampfmittelbelastung geht weiterhin auf verschiedene militärische Einheiten zurück. Insbesondere seien dabei die Nutzung für Gefechtsübungen mit scharfem Schuss durch die deutsche Wehrmacht und später durch französische Einheiten sowie durch unsachgemäße Vernichtungssprengungen verantwortlich.

Doch ist es denn nun auf dem Gelände bereits einmal jemand zu Schaden gekommen? Laut den Angaben der BlmA: Ja. So seien laut der historischen Rekonstruktion im März 1951 zwei Kinder beim Hantieren mit einem dort aufgefundenen Kampfmittel und die dadurch ausgelöste Explosion ums Leben gekommen, heißt es.

Warum wird nicht geräumt?

Eine vollständige Räumung der verschiedenen Kampfmittel sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des dafür notwendigen Eingriffs in den Naturhaushalt nicht geplant. „Wertvolle ökologische Strukturen und Lebensräume würden dadurch unwiederbringlich zerstört“, gibt die Pressestelle der BlmA an. Diese Strukturen blieben weiterhin durch die Schafe, die auf dem Gelände weiden, erhalten. Dies erfolge unter Berücksichtigung der Sicherheitsanforderungen durch einen Schäfer.

Der jüngsten Funde einer Wurfmine und einer Granate haben wiederum deutlich vor Augen geführt, dass von den gesperrten Bereichen am Bettenberg Gefahren für die Sicherheit ausgehen und die verfügte Betretungsbeschränkung erforderlich sei, so die Behörde abschließend.

Auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände wurde vor wenigen Wochen eine Granate aus der Kaiserzeit gefunden.
Auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände wurde vor wenigen Wochen eine Granate aus der Kaiserzeit gefunden. | Bild: Hanser, Oliver

Wie ein Sprecher der Anstalt außerdem angibt, werde der Zustand der Munition im Boden über die Zeit nicht ungefährlicher. „Wir reden hier nicht von 20 bis 30 Jahre alter Munition, sondern im Beispiel des jüngsten Fundes von 1917“, so der Sprecher. „Und je älter, desto kritischer ist die Munition.“ Man könne nur von Glück reden, dass es in der Zeit, in der das Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich gewesen war, keine schlimmen Vorfälle gab.

Aufhebung der Sperrung ist unklar

Wie lange die Sperrung durch die Allgemeinverfügung der Stadt Konstanz noch gilt, scheint nicht ganz klar. Walter Rügert, Pressesprecher der Stadtverwaltung, sagt dazu auf Nachfrage: „Die Sperrung wird solange aufrecht erhalten werden müssen, bis eine vollständige Sicherung des Gebiets gewährleistet werden kann. Da Blindgänger und andere Fundmunitionsmittel durch äußere Einflüsse wie Regen, Wind und andere Wettereinflüsse unterspült und gegebenenfalls durch Erde verdeckt sein können, ist eine Aufhebung der Sperrung wie bei vielen anderen ehemaligen militärischen Übungsgebieten nicht zu erwarten.“

Das könnte Sie auch interessieren

Auf den freigegebenen Wegen soll am Bettenberg ein gefahrloses Betreten des Bereichs jederzeit möglich sein. Darüber hinaus soll laut der Stadtverwaltung demnächst eine weitere Wegverbindung geräumt und freigegeben werden, sodass das Gebiet zur Naherholung weiterhin genutzt werden könne. Das Gebiet befindet sich ganz in der Nähe des geplanten neuen Stadtteils Hafner, der Platz für mehrere Tausend Menschen bieten soll.