Auf dem Werftgelände der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) im Konstanzer Hafen liegt seit 14 Jahren ein 28,80 Meter langer und 5,50 breiter Schatz. Für die Öffentlichkeit ist er kaum zu erkennen. Denn die Möve, ein früherer Lastensegler mit eisernem Rumpf, steht hinter einer großen Hecke und einem mit Plakaten verhängten Gitter.
Hat die tonnenschwere Möve noch eine Zukunft?
Das Schiff von 1877 hat den Status eines Kulturdenkmals. Doch was machen mit dem tonnenschweren Erbe? Die Bodensee-Schiffsbetriebe wollen es einfach stehen lassen. Entsorgen geht nicht: Denn es steht ja unter Denkmalschutz. Laut dem Konstanzer Denkmalschützer Frank Mienhardt wurde diese Einstufung unter anderem so begründet: Die Möve wird als das älteste auf dem Bodensee noch verkehrende Schiff gesehen.
Tatsächlich fährt das Schiff schon lange nicht mehr. Christopher Pape, Sprecher der Bodensee-Schiffsbetriebe, schreibt dazu: „Das Schiff wurde bis 2005 als Arbeitsschiff genutzt und dann ausgemustert.“ Im Jahr 2009 wurde es an Land gebracht, „weil es nicht einmal mehr die minimalsten Sicherheitsvorschriften erfüllte und wir damit rechnen mussten, dass es sinkt.“

Zur Zukunft des Schiffs sagt er klar: Es gebe keine Bemühungen, dieses zu restaurieren. Alle bisherigen Ideen dazu hätten sich als zu teuer und zu aufwändig erwiesen. „Außerdem wäre dies vollkommen unwirtschaftlich, da keine realistische Chance besteht, dass das Schiff wieder in Fahrt gehen könnte.“ Die Möve bleibe aber als Anschauungsobjekt für die Öffentlichkeit im Hafen.
Tatsächlich zu sehen ist vor allem ein Schild vor dem Werfgelände. Dieses weist auch auf die Geschichte des Schiffs hin. Christopher Pape stellt weiter fest: Sollte sich ein privater Investor finden, der die Möve auf eigene Kosten und in kompletter Eigenregie kaufen und sanieren möchte, „dann ist das sicherlich eine Möglichkeit“.

Vor 14 Jahren klang das noch ganz anders. 2009, als das Schiff mithilfe eines großen Krans auf das Werftgrundstück an Land gebracht wurde, stellten die BSB in ihrer eigenen Mitteilung noch fest: Man wolle dieses „historisch wertvolle Schiff“ vor dem weiteren Verfall schützen.
Die BSB suchten damals einen Investor, hatten dabei allerdings keinen Erfolg. 2013 gründete sich dann ein privater Verein, der angab, das Schiff als Denkmal erhalten zu wollen. Unter der damals angegebenen Website aber findet sich kein Eintrag mehr. Damals gab es noch Träume von einem Hafen für Oldtimer-Boote und einer eventuellen Touristenattraktion.
Das ist die Geschichte der 1877 gebauten Möve
Aktuell verfällt das Holz der alten Möve, der Stahlrumpf sieht alt aus. So hinfällig das Schiff wirkt, für den Denkmalschutz ist es vor allem wegen des Stahlrumpfes etwas Besonderes. Er kommt zu dem Schluss, es handele sich aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen um ein Kulturdenkmal. An dessen Erhalt bestehe unter anderem wegen seines Seltenheitswertes ein öffentliches Interesse.

Die Möve wurde 1877 gebaut. Das Schiff hatte wohl früher einen Mast und ein Segel, konnte also bei guten Windverhältnissen eigenständig Güter transportieren. Es konnte aber auch von Dampfschiffen geschleppt werden. Dies war bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs üblich. Erst der Güterverkehr auf der Schiene und auf der Straße verdrängten nach und nach die Transporte über Wasser.
Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt die Möve ihren ersten Motor. Der Mast wurde abgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie als Arbeitsschiff eingesetzt. 1968 erhielt das Boot seinen heutigen Motor. Für Februar 2004 ist ein Unglück im Zusammenhang mit der Möve überliefert.
Sie geriet demnach vor Nonnenhorn in einen Sturm und in Seenot. Dabei sollen rund vier Tonnen Ladung verloren gegangen sein. Die Wasserschutzpolizei Lindau schleppte das Schiff damals nach Friedrichshafen. Bis 2005 wurde die Möve als Arbeitsschiff genutzt, und dann ausgemustert. Seit 2009 steht es an Land.
Vier weitere BSB-Schiffe gelten als Kulturdenkmale
Der Konstanzer Denkmalschützer Frank Mienhardt betont: Ein unter Denkmalschutz stehendes Boot genieße denselben Schutz wie Kirchen, Schlösser oder Bürgerhäuser. Er hat sich nicht eingehend mit dem Denkmal im Konstanzer Hafen beschäftigt. Dafür habe er erst ab September Zeit.

Grundsätzlich aber sei der Eigentümer auch eines beweglichen Denkmals in der Pflicht, dieses zu erhalten. Beim Objekt im Hafen sei nach seiner Einschätzung vor allem der Schiffsrumpf charakteristisch. Die Aufbauten könnten höchstwahrscheinlich verändert werden. Dies gebe möglichen Investoren eine große Flexibilität.
Dass auch Technisches erhaltenswert sein kann, zeigt etwa das längste Kulturdenkmal in Baden-Württemberg. Es ist der Neckarkanal, eine zwischen 1918 und 1968 ausgebaute Wasserstraße. Es wurden auch schon Flugzeuge und Eisenbahnen unter Denkmalschutz gestellt.

Bei den BSB sind vier Schiffe als Kulturdenkmale eingestuft. Die Baden und die Schwaben stehen als Beispiele für die Ära der großen Motorschiffe der 1930er-Jahre. Ein Kulturdenkmal ist auch das Arbeitsschiff Friedrichshafen. Das Steuerhaus mit dem großen, abnehmbaren Steuerrad, entspricht der typischen Gestaltung der 1950er-Jahre.