Die Frage, wie Konstanz künftig wohnen will, muss sich auch die Lokalpolitik stellen. Denn nicht nur die Stadtverwaltung hat Einfluss auf die wohnpolitische Entwicklung der Stadt. Auch die Fraktionen im Gemeinderat sind daran beteiligt. Denn das Gremium entscheidet etwa über Bebauungspläne oder Ziele im Klimaschutz.

Deshalb hat sich der SÜDKURIER bei den Fraktionen des Gemeinderats zur Zukunft des Wohnens in Konstanz erkundigt. Alle Parteien haben dafür dieselben drei Grundsatzfragen gestellt bekommen. Ihre Antworten zeigen: Die Ziele und Erwartungen der Politiker sind durchaus unterschiedlich.

Jürgen Ruff sagt für die SPD: „Die Wohnungen müssen bezahlbar sein“

Jürgen Ruff ist seit 2003 im Konstanzer Gemeinderat. Die Hauptthemen des Fraktionsvorsitzenden sind Mobilität, Umweltschutz und Energie.
Jürgen Ruff ist seit 2003 im Konstanzer Gemeinderat. Die Hauptthemen des Fraktionsvorsitzenden sind Mobilität, Umweltschutz und Energie. | Bild: Patrick Pfeiffer

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Für alle, die in Konstanz leben und arbeiten wollen, muss ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehen. Die Wohnungen müssen bezahlbar sein, damit zum Beispiel Familien nicht gezwungen sind, ins Umland zu ziehen. Baugrund und Immobilien müssen deshalb der Spekulation entzogen werden. Die klimapolitischen Ziele der Stadt sind insbesondere im Neubaubereich durch flächen- und energieeffizientes Bauen zu berücksichtigen.

Was tut Ihre Fraktion konkret dafür, um diese zu erfüllen?

Wir haben das Handlungsprogramm Wohnen politisch maßgeblich mit auf den Weg gebracht und sorgen dafür, dass dort, wo Flächen größtenteils in städtischer Hand sind, neue Baugebiete ausgewiesen werden – etwa das Döbele, die Christiani-Wiesen und die Jungerhalde West. 2015 haben wir die Entwicklung eines neuen Stadtviertels angestoßen. Die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer sowie die Zweckentfremdungssatzung und deren Verschärfung gehen auf unsere Initiativen zurück.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Die Planungsprozesse für neue Baugebiete in der Verwaltung müssen beschleunigt werden, notfalls mit zusätzlicher personeller Unterstützung. Der Gemeinderat muss einen beschleunigten Wohnungsbau politisch unterstützen und bei der Baugrundvergabe gemeinwohlorientierten Bauvorhaben den Vorzug geben. Entsprechend sollten Baugesellschaften wie die WOBAK, Baugenossenschaften oder genossenschaftlich organisierte Baugruppen auf dem Immobilienmarkt die Hauptrolle spielen.

Heinrich Everke antwortet für die FDP: „Wir unterstützen alle, die Wohnraum schaffen wollen“

Heinrich Everke ist Vorsitzender der FDP-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat.
Heinrich Everke ist Vorsitzender der FDP-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat. | Bild: SK

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Das Ziel muss sein, möglichst vielen Bürgern der Stadt eine bezahlbare Wohnung zu bieten. Wir sollten mehr bauen. Am schnellsten wäre das dort möglich, wo bereits eine entsprechende Infrastruktur besteht. Jüngstes Beispiel: an der Mainaustraße in Allmannsdorf.

Was tut Ihre Fraktion dafür?

Wir unterstützen alle, die Wohnraum schaffen wollen. Sei es Baugruppen, Bauunternehmen oder die Wobak und andere Baugenossenschaften. Wir versuchen, bürokratische Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Die Verwaltung soll möglichst viele Baugebiete ausweisen und möglichst wenig bürokratische Hindernisse oder ideologische Hürden aufbauen.

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Roger Tscheulin von der CDU: „Bei der Preisgestaltung die Kirche im Dorf lassen“

Roger Tscheulin sitzt seit 2009 als Fraktionschef für die CDU im Konstanzer Gemeinderat.
Roger Tscheulin sitzt seit 2009 als Fraktionschef für die CDU im Konstanzer Gemeinderat. | Bild: privat

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Konstanz hat sich mit dem Handlungsprogramm Wohnen einen Fahrplan für den Wohnungsbau gegeben, der konsequent abgearbeitet werden muss. Der Wohnraumbedarf steht außer Frage, die Umsetzung gerade der großen Projekte sollte vorrangig und schneller betrieben werden. Nur durch den Bau neuer Wohnungen kann die Situation entspannt werden.

Was tut Ihre Fraktion dafür?

Wir stehen für eine beschleunigte Umsetzung des Programms. Dazu gehört, dass man die Umsetzung von Bauvorhaben nicht noch mehr mit unnötigen Vorgaben weiter erschwert. Wir haben zu viele laufende Verfahren. Wir sollten die laufenden Bebaungsplanverfahren abschließen, bevor wir wieder neue beginnen.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Die Verwaltung sollte zügig umsetzen, der Gemeinderat pragmatisch im Sinne der Schaffung neuen Wohnraums entscheiden und die Immobilienwirtschaft bei der Preisgestaltung die Kirche im Dorf lassen. Letztendlich dauern aber die Verfahren zu lange, vom Aufstellungsbeschluss bis zum Bebauungsplan dauert es mehrere Jahre. Das ist in unserer Situation zu lange.

Matthias Schäfer vom Jungen Forum Konstanz: „Erbpacht statt Verkauf“

Matthias Schäfer sitzt als Fraktionschef des Jungen Forums Konstanz im Gemeinderat.
Matthias Schäfer sitzt als Fraktionschef des Jungen Forums Konstanz im Gemeinderat. | Bild: Anna Glad

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Erbpacht statt Verkauf, Kauf statt Verkauf. Die Stadt erhält nur dann ausreichend Steuerungsmöglichkeiten, wenn möglichst viele Flächen in ihrem Eigentum stehen. Dieses gilt es nicht zu veräußern, sondern in Erbpacht zu bebauen. Die Zahl der Wohneinheiten steigt, auf deren Vermietpreis die Stadt Einfluss hat. Damit wächst auch der generelle Gestaltungsraum an.

Was tut Ihre Fraktion konkret dafür, um diese zu erfüllen?

Verdichten vor Ausdehnen. Die möglichen Außenentwicklungsflächen haben sich bereits deutlich reduziert. Der Fokus muss also auf der Nachverdichtung liegen. Außer dem Hafner, der eine Jahrhundertentwicklung ist, wird es vor allem um Nachverdichtungen gehen müssen.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Vor allem im Bereich der Nachverdichtung sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft, wenngleich an vielen Stellen dafür neu oder anders gedacht werden muss. Beispiele dafür sind grenzüberschreitende Projekte wie etwa im Tägermoos oder eine generell ausgeprägtere Zusammenarbeit mit Kreuzlingen aus einem Verständnis von Konstanz/Kreuzlingen als einem städtischen Siedlungszusammenhang. Das ist faktisch betrachtet schon der Fall, wird politisch aber in keiner Weise so behandelt.

Gisela Kusche antwortet für die Freie Grüne Liste: „Enteignung muss diskutiert werden“

Für die Freie Grüne Liste haben die Stadträtin Gisela Kusche und der Stadtrat Peter Müller-Neff die Fragen vom SÜDKURIER beantwortet.
Für die Freie Grüne Liste haben die Stadträtin Gisela Kusche und der Stadtrat Peter Müller-Neff die Fragen vom SÜDKURIER beantwortet. | Bild: privat

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Konstanz muss Wohnungsbau unter Berücksichtigung von Flächenverbrauch, Natur, Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit anstreben. Wirtschaftliche Interessen sollten nachrangig sein. Wir wollen neben dem mittleren Preissegment und Angebot für Baugruppen vor allem den bezahlbaren geförderten Wohnungsbau stärken. Die Stadt Konstanz soll in begründeten Fällen ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen. In Bezug auf leerstehende Gebäude muss auch das Instrument der Enteignung diskutiert werden.

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Was tut Ihre Fraktion konkret dafür, um diese zu erfüllen?

Wir unterstützen das Handlungsprogramm Wohnen mit Ausnahme der Flächen, die im Flächennutzungsplan nicht als Bauland ausgewiesen sind. So dürfen die landschaftsprägenden und ökologisch wertvollen Flächen, wie die Christiani-Wiese sowie Fohrenbühl, nicht bebaut werden. Deren wohnpolitische Notwendigkeit erschließt sich uns nicht. Am Horn wirkt ein Eingriff in die Natur nach unserer Auffassung besonders zerstörerisch und drängt die Stadtentwicklung über den Lorettowald hinaus Richtung Bodenseeufer. Das von uns unterstützte Projekt Zukunftsstadt kann in allen Neubaugebieten realisiert werden.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Wir erwarten von der Stadt die schnelle Aufstellung und Umsetzung von Bebauungsplänen. Zur Umsetzung unserer politischen Ziele sind wir auf Mitstreiter im Gemeinderat angewiesen. Von der Immobilienwirtschaft erwarten wir die Anwendung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen und die Realisierung eines Mindestanteils von 30 Prozent gefördertem und 10 Prozent preisgedämpftem Wohnungsbau. Bei Bebauungsplänen auf städtischem Grund und Boden fordern wir einen Mindestanteil von 50 Prozent gefördertem Wohnungsbau.

Anke Schwede von der Linken Liste Konstanz sagt: „Stadt muss von Vorkaufsrecht Gebrauch machen“

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Anke Schwede ist Fraktionsvorsitzende der Linken Liste Konstanz und beantwortete die Fragen gemeinsam mit ihrem Kollegen Holger Reile und dem Stadtrat Simon Pschorr. | Bild: privat

Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Das Recht auf Wohnen muss angesichts der herrschenden Wohnungsnot unbestreitbar ein zentrales Element der hiesigen Kommunalpolitik sein. Die Linke Liste steht für eine soziale Wohnbaupolitik – das heißt in erster Linie, in Konstanz Sozialwohnungen herzustellen und für bezahlbare Mieten zu sorgen. Das bedeutet aber auch, über eine kommunale Mietpreisbremse nachzudenken.

Was tut Ihre Fraktion konkret dafür, um diese zu erfüllen?

Hier spielt die städtische Wohnungsbaugesellschaft Wobak eine entscheidende Rolle: Wir setzen uns in allen Gremien dafür ein, dass sie die treibende Kraft für bezahlbaren Wohnraum in Konstanz bleibt und ihre Sozialwohnungsquote erhöht. Wir haben in den Gremien mehrfach Vorschläge unterbreitet, wie soziale Wohnungspolitik in den geplanten Projekten umgesetzt werden kann. Die LLK steht außerdem nicht für eine Grundsteuererhöhung zur Verfügung, die in der Regel auf die Mieter*innen umgelegt wird.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Alle Bauträger müssen dazu verpflichtet werden, eine Sozialwohnungsquote von mindestens 50 Prozent umzusetzen und eine Sozialbindung dieses Wohnraums von mindestens 40 Jahren zu garantieren. Die Stadt muss möglichst oft von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Bodenspekulation muss verhindert und die Zweckentfremdungssatzung gegen Leerstand konsequent durchgesetzt werden.

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Welche wohnungspolitischen Ziele sollte Konstanz verfolgen?

Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen zu bezahlbaren Mieten.

Was tut Ihre Fraktion konkret dafür, um diese zu erfüllen?

Wir unterstützen und fordern die politischen Weichenstellung für mehr Wohnraum.

Welche konkreten Erwartungen hat Ihre Fraktion an welche Akteure?

Die Verwaltung sollte Genehmigungen und Vorschriften beschleunigen. Der Gemeinderat sollte die Vorhaben in Konstanz unterstützen. Die Immobilienwirtschaft sollte die Bauvorhaben umsetzen.