Viele Sportler und Hobbyläufer wird es enttäuschen: Kein Plakat weist auf den Konstanzer Altstadtlauf hin, der sonst stets Mitte Oktober stattfand. Kein Wunder: Er findet dieses Jahr nicht statt. Was sind die Hintergründe?
„Als wir uns im Januar mit der Stadtverwaltung und der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) zusammen setzten, war noch gar nicht klar, mit welchen Pandemie-Regelungen wir in diesem Oktober rechnen müssen“, sagt Gerhard Schreiner, stellvertretender Vorsitzender des Turnvereins Konstanz (TVK). Der Verein hätte zu diesem Zeitpunkt gern eine Sicherheit gehabt, um die Planung ohne großes Ausfallrisiko angehen zu können.
Unwägbarkeiten machen mögliche Pläne zunichte
Doch eine solche Sicherheit gab es nicht. „Es wäre auch schwierig gewesen, eine Genehmigung zu bekommen, die Stephansschule zu nutzen“, erläutert Karin Heydgen, Mitglied des Orga-Teams Altstadtlauf. Eine den Hygieneregeln angepasste Grundreinigung der benutzten Räume einschließlich Toiletten wäre die Voraussetzung gewesen. Ein weiterer Vorschlag seitens MTK und Stadtverwaltung lautete, der Verein möge zwei Konzepte erstellen: eines mit, eines ohne die Berücksichtigung von Pandemieschutzregeln.
Eine weitere Idee sah vor, den Altstadtlauf, traditionell mit bis zu 4000 Teilnehmern, auf die Laube zu verlegen. Dann allerdings, erläutert Schreiner, wäre ein völlig neues Sicherheitskonzept zu erstellen gewesen – inklusive der Beschaffung von Pollern, die der Terrorabwehr dienen. Ein solcher Poller koste aber 675 Euro.
Das Ergebnis fiel aus Sicht des Vereins bitter, aber klar aus: Den Altstadtlauf werde es im Jahr 2022 nicht geben, zu unsicher die Möglichkeiten, sich auf die Organisation vernünftig vorzubereiten. Stattdessen bietet der TVK am Sonntag, 16. Oktober, den Kuscheltierlauf an: Eine Alternative für Kinder bis zehn Jahren, die zwei Runden im Bodenseestadion zurücklegen, um sich ein Kuscheltier zu verdienen.
Verein möchte Altstadtlauf nicht alleine schultern
Wie aber geht es in den kommenden Jahren weiter? Das können die Verantwortlichen vom TVK nicht genau beantworten. Klar formulieren sie: „Uns fehlen die Planungssicherheit und die Unterstützung durch die Stadt und die MTK“, sagt Michael Scherer, Leiter des Organisationsteams Altstadtlauf beim TVK. Daher sei der Turnverein nicht mehr bereit, den Altstadtlauf künftig aus eigener Kraft zu organisieren.
Gerne aber wäre der Verein weiter bei der Organisation dabei, wenn eine andere Stelle sich als Veranstalter zur Verfügung stellte: zum Beispiel die MTK oder die Stadtverwaltung selbst. Das Risiko der Veranstaltungsverantwortung aber will der Verein nicht mehr tragen.
Es geht zum einen um das finanzielle Risiko: Etwa 60.000 Euro kostet den Turnverein die Veranstaltung. 35.000 Euro würden über Sponsorengelder abgedeckt, berichtet Michael Scherer. Die Einnahmen wiederum seien relativ gering, der TVK generiert sie über die Startgebühren und den Kuchenverkauf. Das übrige Catering habe der Verein schon seit Längerem an regionale Anbieter übertragen. In den vergangenen Jahren habe der Verein nach der Veranstaltung ein leichtes finanzielles Plus erreicht.
Zum anderen gehe es um das Unfallrisiko. „Wenn ein Kind oder Läufer sich schwer verletzt und jemand klagt, trage ich persönlich das volle Risiko“, sagt Michael Scherer als derjenige, der die Veranstaltung anmeldet. „Das Ehrenamt zerbröselt“, ergänzt er noch. Etwa 150 Helfer brauche es vor und bei der Veranstaltung. Der TVK habe es zwar geschafft, dass viele andere Konstanzer Vereine als Helfer mitwirken – aber auch sie gelte es mit einer Aufwandsentschädigung zu entlohnen.
Kann die Stadt Konstanz hier nicht unterstützen?
Wie äußert sich die Stadt dazu, dass der TVK die Gesamtorganisation des Laufs künftig nicht mehr schultern will? Dass die Stadtverwaltung selbst als Veranstalterin des Altstadtlaufs auftreten könnte, schließt sie aus. Mit dem städtischen Personal sei eine solche Veranstaltung nicht zu stemmen, schreibt Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt, auf Anfrage des SÜDKURIER. „Hierfür stehen keine personellen Ressourcen zur Verfügung.“
Die Verwaltung könne lediglich mitwirken und gegebenenfalls Teilbereiche der Organisation übernehmen, etwa die Sperrung der Straßen. Dies sei aber in den vergangenen Jahren schon üblich gewesen. Von der MTK erhielt der SÜDKURIER keine Antwort auf die Frage zur Zukunft des Laufs.
Die Bedeutung des Altstadtlaufs will die Stadtverwaltung allerdings nicht unterschätzt wissen. „Als einer der wenigen verbliebenen vereinsorganisierter Kinder-, Jugend-, und Familienläufe ist er ein Sportler- und Publikumsmagnet. Kaum ein Volkslauf in der Region mobilisiert so viele Schulen, Vereine und Firmen“, schreibt Rügert.
Der Altstadtlauf sei fest im Kalender der Freizeitsportler und Topläufer in der Region verankert. Davon zeugten die wachsenden Teilnehmerzahlen, die zuletzt jenseits der 4000 lagen. Die Stadtverwaltung setzt auf die Gespräche, die im November mit dem Verein über die Zukunft des Laufs geführt werden sollen. Sollten sie zu keinem Ergebnis führen, wäre allenfalls die Übernahme der Veranstaltung durch eine Agentur denkbar.