In der Brandenburger Straße entsteht das, was in Konstanz viele suchen: Bezahlbarer Wohnraum. Die Wohnungsbaugesellschaft Konstanz (Wobak) baut dort in zwei Häuserblöcken 48 geförderte Wohnungen. Doch es könnte für lange Zeit eines der letzten Projekte dieser Art sein.

Denn die Zinsen und Baukosten steigen. Oberbürgermeister Uli Burchardt und Jens-Uwe Götsch, Geschäftsführer der Wobak, warnen beim Spatenstich: Ohne zusätzliche Förderungen drohe beim Bau neuer günstiger Wohnungen der Stopp.

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Steigende Baukosten und Zinsen verschärfen die Lage

Oberbürgermeister Uli Burchardt fordert den Bund auf, zusätzliche Erleichterungen für diejenigen zu schaffen, die günstige Wohnungen bauen. „Wir brauchen vom Bund dieses Jahr Entscheidungen.“ Zinsen und Baukosten sind stark gestiegen.

Jens Uwe-Götsch, Geschäftsführer der Wobak, fordert ebenfalls eine höhere Förderung. Er bringt zum Start des Bauprojekts in Wollmatingen eine Portion Zynismus auf: „Genießen Sie den Spatenstich, es könnte auf absehbarer Zeit der letzte sein.“ Er warnt vor dem sozialen Sprengstoff, der in der Wohnungsfrage steckt. „Ich bin mir nicht so sicher, ob Gesellschaft und Politik die Dringlichkeit der Lage verstanden haben.“

Jens-Uwe Götsch, Geschäftsführer der Wobak, erklärt: „Welcher Haushalt mit geringem oder mittlerem Einkommen soll das bezahlen?“
Jens-Uwe Götsch, Geschäftsführer der Wobak, erklärt: „Welcher Haushalt mit geringem oder mittlerem Einkommen soll das bezahlen?“ | Bild: Hanser, Oliver | SK-Archiv

An Beispielen rechnet Götsch vor: Bei 5000 Euro Baukosten pro Quadratmeter, vier Prozent Zinsen und einem Prozent Tilgung käme ein Mietpreis von 21 Euro heraus. Bei einer Förderung einer von 12,50 Euro. „Welcher Haushalt mit geringem oder mittlerem Einkommen soll das bezahlen?“

Aktuell liegt die durchschnittliche Kaltmiete bei der Wobak bei sieben Euro pro Quadratmeter. Wie hoch sie in dem in zwei Jahren fertigen Neubau in Wollmatingen sein wird, steht noch nicht fest. Jens-Uwe Götsch geht aber von 8 Euro bis 8,50 Euro pro Quadratmeter aus.

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Auch in der Leipziger Straße soll bald gebaut werden

In den vergangenen fünf Jahren habe die Wobak 450 neue Wohnungen geschaffen, mehr als zehn Prozent des Gesamtbestands, stellte Götsch fest. „Aber wie viele werden wir in den folgenden fünf Jahren schaffen?“ Er gehe von etwa 100 aus.

Aktuell sei nur klar: In der Leipziger Straße soll noch dieses Jahr der Bau von Wohnungen für Menschen angefangen werden, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. Ob die Zinsen je wieder so sinken, wie gewohnt, stehe in den Sternen, aber dennoch gäbe es einige Ansätze, das Bauen billiger zu machen, ist Götsch überzeugt.

So frage er sich, ob wirklich jeder Neubau 125 Millimeter dicke Geschossdecken wegen des Schallschutzes benötige. In Frankreich komme man mit 50 Millimetern aus. Auch Bestandsbauten seien in der Regel hellhöriger.

Er halte es auch für sinnvoller, grüne Energieträger und die Sanierung des Altbestands in den Fokus zu nehmen, anstelle des besten Effizienzstandards bei Neubauten. Hier träten Einsparungen bei der Energie teilweise nur noch rein rechnerisch auf. Er fragt sich zudem, ob es wirklich notwendig sei, einen Autostellplatz pro Wohnung zu errichten. Dieser koste einen Wohnungsbauer 30.000 bis 40.000 Euro.

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Für die 48 Mietwohnungen in der Brandenburger Straße gilt die doppelte Bindung: eine günstige Miete für Haushalte mit niedrigem oder mittleren Einkommen. Bei einer vierköpfigen Familie liege die Einkommensgrenze bei 70.700 Euro, rechnet Götsch vor. Dass der Bau in Wollmatingen zustande komme, sei glücklichen Umständen zu verdanken.

Das Gelände gehört der Wobak, ebenso die Nachbargrundstücke. Die Wohnungsbaugesellschaft erlebte erst wie die Fördermittel für das energieeffiziente Haus KFW-55-Standard eingestellt wurden, sich dann aber ein anderer Fördertopf des Landes auftat. Ohne die knapp eine Million Fördermittel hätte die Wobak das Projekt einstellen müssen.

Anwohnerin: „Wohnungen sind wichtig. Wir brauchen sie.“

Die Wobak investiert für den Neubau rund 17 Millionen Euro, wie Jens-Uwe Götsch auf Nachfragen sagt. Zur Energieversorgung im Neubau stellt Götsch fest, dass die Wobak zweigleisig fahre. Eventuell gelinge es, in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken ein Wärmenetz aufzubauen, mit dem die neuen Häuser und 140 Wohnungen in der Nachbarschaft beheizt werden können. Das wäre dann eine Zwischenlösung, bis das große Wärmenetz für bis zu 1000 Wohnungen komme. Gelinge das nicht, kämen Wärmepumpen zum Einsatz.

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Die früheren oberirdischen Parkplätze kommen in eine Tiefgarage. Übergangsweise stellt ein benachbarter Supermarkt Parkplätze zur Verfügung. Anwohnerin Elena Kirschner freut sich, dass gebaut wird: „Wohnungen sind wichtig. Wir brauchen sie ja.“

Gut sei, dass auch Parkplätze entstehen. Als Mutter von zwei Kindern trauere sie dem kleinen Spielplatz nach, der dem Neubau weichen muss. Der Berchenspielplatz sei heute schon überfüllt, ein Spielplatz am Haus extrem ungepflegt.

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Wie wichtig bezahlbarer Wohnraum für Konstanz ist, macht OB Burchardt deutlich. Ohne diesen könnten zum Beispiel Stellen in der Kinderbetreuung, in der Verwaltung und in der Pflege nicht besetzt werden. Die Wobak spiele für die gesamte Stadt eine wichtige Rolle. Als bedeutendes Wohnungsunternehmen in Konstanz nehme es Einfluss auf den Mietspiegel. Es sorge dafür, dass die Mieten nicht noch höher steigen. „Wir machen von unten Druck“.

Denn die Wobak vermiete tausende Wohnungen günstig, obwohl die Preisbindung längst ausgelaufen ist. Das Projekt der Wobak in Wollmatingen bezeichnet der OB als vorbildlich. Auf einer versiegelten Fläche, einem früheren Parkplatz und einer Wiese zwischen den Bauten, entstünden Zwei- bis Vierzimmer-Wohnungen.

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